Silvio Berlusconi Finanzwelt zittert vor Comeback des Cavaliere

Nach der überraschenden Rücktritts-Ankündigung von Ministerpräsident Monti bringt sich nun Ex-Premier Berlusconi wieder ins Spiel. EU und EZB reagieren nervös. Banker und Investoren befürchten eine „Katastrophe“.

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Einen schlechten Ruf in Politik und Finanzwelt - doch selbstbewusst wie eh und je: Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi. Quelle: dpa

Rom Silvio Berlusconis Comeback-Versuch als Regierungschef und die Rücktrittsankündigung von Ministerpräsident Mario Monti haben Sorgen über eine Abkehr Italiens vom Sparkurs ausgelöst. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen mahnten am Sonntag, das hoch verschuldete Land dürfe nicht von seinen Reformen abrücken. Monti kündigte nach dem Verlust der Unterstützung durch Berlusconis Partei am Wochenende überraschend seinen Rücktritt an. Sein Vorgänger Berlusconi erklärte nahezu zeitgleich bei der voraussichtlich im Februar anstehenden Wahl erneut für das Amt des Regierungschefs zu kandidieren.

Die zuletzt relative Ruhe an den Finanzmärkten bedeute keineswegs, dass die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone die Schuldenkrise überwunden habe, warnte Barroso in der Zeitung "Il Sole 24 Ore". Italien müsse an seinen Reformen festhalten. "Die kommenden Wahlen dürfen nicht als Vorwand dienen, um die Unerlässlichkeit dieser Maßnahmen infrage zu stellen." Asmussen zeigte sich über die Rückzugsankündigung Montis enttäuscht. Dessen Regierung habe "in kurzer Zeit Großes geleistet: das Vertrauen der Anleger zurückgewonnen, die Haushaltskonsolidierung vorangebracht. Wer immer Italien, ein Gründungsland der EU, nach den Wahlen regiert, wird diesen Kurs mit derselben Ernsthaftigkeit fortsetzen müssen", sagte er der "Bild"-Zeitung (Montagausgabe).

Die Ankündigung Montis dürfte Finanzanalysten zufolge die Kreditaufnahme Italiens wieder verteuern. Größtes Risiko sei, dass Berlusconi die Unzufriedenheit über die Strukturreformen nun für sich nutzen könne, hieß es. "Ein Comeback Berlusconis wäre eine Katastrophe für Italiens Finanzen und die Realwirtschaft", sagte ein Banker, der anonym bleiben wollte. Nicholas Spiro von Spiro Sovereign Strategy sagte, die größte innenpolitische Bedrohung stelle der Populismus dar. Eine Rückkehr des 76-Jährigen, der im Falle eines Wahlsiegs zum fünften Mal Ministerpräsident würde, sei "für Italien so überflüssig wie ein Kropf". Durch den Rücktritt Montis dürften die eigentlich für März in Aussicht gestellten Wahlen um einen Monat vorgezogen werden. Vergangene Woche hatte die Berlusconi-Partei Volk der Freiheit (PDL) aus Protest gegen die Wirtschaftspolitik Montis diesem die Unterstützung entzogen.

Monti hatte am späten Samstagabend angekündigt, er werde zurücktreten, sobald der Haushalt für das kommende Jahr verabschiedet sei. Damit wird noch vor Weihnachten gerechnet. Bislang regierte Monti mit der Unterstützung einer Vielzahl von Parteien, unter ihnen die PDL und die Demokratische Partei (PD). Er setzte Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen durch, um die Schuldenlast des Landes zu senken. Zugleich initiierte er eine Reihe von Reformen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu steigern.

Montis Rücktrittsankündigung befeuerte Spekulationen, er könne sich mit einer zentristischen Partei zusammentun und selbst bei den Wahlen antreten. Bisher hat er lediglich erklärt, er stehe zur Verfügung, falls die Wahl kein klares Ergebnis bringe. In der Bevölkerung allerdings schmilzt die Zustimmung für Monti angesichts seines unbeliebten Sparkurses. Laut Umfrage des Meinungsforschungsinstituts SWG im Auftrag des Rundfunksenders RAI sanken die Werte für den Regierungschef um drei Punkte auf 33 Prozent und damit den niedrigsten Stand seit seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr.

Mit einer vorgezogenen Wahl dürfte Monti aber dennoch in erster Linie Berlusconi unter Druck setzen. Dessen Mitte-Rechts-Partei liegt derzeit in Umfragen mindestens 16 Prozentpunkte hinter der PD und der Protestpartei des Komikers Beppe Grillo nur auf Platz drei. Dies schreckt den schillernden Medien-Mogul, der im vergangenen Jahr wegen der Schuldenkrise und diversen Sex-Skandalen abtreten musste, aber offenbar nicht. Auf dem Trainingsgelände seines Fußballclubs AC Mailand sagte er: "Ich trete an, um zu gewinnen."

Berlusconi wirft Monti vor, Italien mit seiner Sparpolitik in eine "Rezessionsspirale ohne Ende" zu schicken. Wie Grillo kritisiert auch er den nach seiner Ansicht zu großen Einfluss Deutschlands in der europäischen Politik.

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