Simbabwe Mugabes riskantes Spiel mit der Macht

Simbabwes ewiger Präsident Mugabe ist mittlerweile 93 Jahre alt und gesundheitlich angeschlagen. Damit die Herrschaft des Landes trotzdem in der Familie bleibt, verfolgt er einen Plan, der ihm gefährlich werden könnte.

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Vieles deutet darauf hin, dass Mugabe mit dem politischen Aufstieg seiner 41 Jahre jüngeren Frau doch noch eine Familiendynastie begründen will. Quelle: Reuters

Kapstadt Die jüngste Frischzellenkur bei seinem Leibarzt in Singapur hat anscheinend nicht mehr gewirkt. Robert Mugabe, inzwischen 93 Jahre alt, ist körperlich zuletzt immer gebrechlicher geworden. Zwar kandidiert die einstige Lichtgestalt der Linken noch einmal für die im nächsten Jahr angesetzte Präsidentschaftswahl, doch deutet vieles darauf hin, dass Mugabe nach 37 Jahren Alleinherrschaft, sein bislang untrüglicher Machtinstinkt verlassen hat – und ihm die Führung seiner Regierungspartei Zanu PF entgleitet.

Das deutlichste Anzeichen dafür lieferte zu Wochenbeginn die Entlassung seines Vizepräsidenten und ehemaligen Justizministers Emmerson Mnangagwa (75), der bislang als klarer Favorit im Rennen um die Nachfolge Mugabes galt, aber auf der Zielgeraden nun offenbar von dessen Ehefrau Grace überflügelt wird. Die hatte die Entlassung ihres Kontrahenten schlicht selbst gefordert. Nach der Entlassung erklärte Grace Mugabe, dass sie als Vizepräsidentin bereit steht, mit einer Ernennung wird in den nächsten Tagen gerechnet. Vieles deutet also darauf hin, dass Mugabe mit dem politischen Aufstieg seiner 41 Jahre jüngeren Frau doch noch eine Familiendynastie begründen will.

Nicht wenige Beobachter glauben jedoch, dass er genau damit sein Blatt überreizen würde: Sollte nämlich der bereits im letzten Monat als Minister abgesetzte Mnangagwa auf einem Parteikongress im Dezember tatsächlich durch die im Volk ausgesprochen unbeliebte First Lady ersetzt werden, droht dem Land nach Ansicht von Robert Besseling, Chef des auf Sicherheitsfragen spezialisierten Dienstes Exx Africa, womöglich eine scharfe Gegenreaktion des Sicherheitsapparats, der Mugabe bislang an der Macht gehalten hat. Mnangagwa hat nach wie vor großen Rückhalt bei den Kriegsveteranen, deren Stimmen Mugabe bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2018 eigentlich braucht. Mnangagwa war in den 1980er-Jahren nach der Unabhängigkeit des Landes Mugabes loyaler Geheimdienstchef. Viele machen ihn mitverantwortlich für die Massaker unter Zivilisten, bei denen im Matabeland rund 20.000 Menschen getötet wurden. Nach 40 Jahren gemeinsamer Freundschaft soll er jedes Geheimnis Mugabes kennen.

Mnangagwa selbst äußerste sich bisher nicht zu seiner Entlassung. Er hat nun die Wahl, in der regierenden Zanu-PF gegen Grace Mugabe anzutreten, die auch dort an die Spitze gewählt werden soll, oder sich der Opposition anzuschließen. Aber bislang gibt es noch kein Indiz dafür, dass Mnangagwa die demütigende Absetzung als Vizepräsident einfach akzeptieren wird, zumal auch den ihm treu ergebenen Sicherheitsdiensten womöglich Säuberungen ins Haus stehen. Zu Wochenbeginn mehrten sich Berichte über ungewöhnliche Truppenbewegungen in der Hauptstadt Harare, die dem Sicherheitsexperten Bessling zufolge entweder auf einen Sturz Mugabes oder auf die Festnahme seines entlassenen Vizepräsidenten hinweisen könnten. Dies würde wiederum der von Grace Mugabe angeführten jüngeren Generation in der Regierungspartei die Möglichkeit eröffnen, die Nachfolge im eigenen Sinne zu regeln – vorausgesetzt, das Militär spielt mit und hält still.


„Gucci Grace“ will Vizepräsidentin werden

Die Ehefrau des ewigen Präsidenten, wegen ihrer Vorliebe für teure Kleidung und Autos auch „Gucci Grace“ genannt, macht schon lange keinen Hehl daraus, dass sie die nächste Vizepräsidentin werden will. Dies würde ihr die beste Startposition im Nachfolgrennen um ihren altersschwachen Mann bescheren – und kommt zu einer Zeit, in der viele Simbabwer einen neuerlichen wirtschaftlichen Kollaps des Landes erwarten. Viele fürchten vor allem eine Rückkehr der Hyperinflation, die 2008 zeitweise auf über 250 Millionen Prozent kletterte – und nach Abschaffung der Landeswährung die Einführung des US-Dollars notwendig machte.

Nachdem das hochkorrupte Regime im vergangenen Jahr seine Rechnungen nicht mehr mit echten US-Dollar bezahlen konnte, vergab es in seiner Not sogenannte „Bond notes“, von denen behauptet wurde, sie seien frei eintauschbar. Dennoch werden US-Dollar auf dem Schwarzmarkt der Hauptstadt Harare seit langem zu einem Aufpreis von mehr als 30 Prozent gegenüber den angeblich gleichwertigen „Bond notes“ gehandelt.

Das Vorgehen gegen Mnangagwa erinnert stark an die Entmachtung der lange Zeit als Mugabes Nachfolgerin gehandelten Joyce Mujuru. Diese wurde vor drei Jahren von Mugabes Frau Grace öffentlich ähnlich brüskiert wie jetzt der Vizeminister. Kurz vor Beginn des Parteitages im Dezember 2014 war Frau Mujuru dann plötzlich nicht mehr Mitglied des Politbüros. Sie hat inzwischen eine eigene Partei gegründet und ist erklärte Gegnerin Mugabes.

Derweil ist die Mugabe-Familie unter Führung der First Lady längst zu einem der größten Grundbesitzer des Landes geworden. Der Familie gehören (oft von weißen Farmern gestohlene) Viehfarmen, Jagdgebiete und Immobilien in bester Stadtlage. Erst im Mai hatte die in New York ansässige Menschrechtsgruppe Human Rights Watch gemeldet, dass Polizisten im Auftrag von Grace Mugabe 200 schwarze Familien von einer Zitrusfarm vertrieben und ihre Hütten zerstört hätten.

Während die meisten Bürger arbeitslos sind, begeben sich Grace Mugabe und ihre Söhne auf ausgedehnte Shopping-Touren und kaufen Luxuskarossen und Diamanten für mehrere Millionen Euro. Ende August löste die Präsidentengattin eine diplomatische Krise mit Südafrika aus: Sie hatte in einem Hotel in Johannesburg ein Model schwer misshandelt, das dort mit den beiden Mugabe-Söhnen übernachtet hatte. Trotz Körperverletzung durch Grace Mugabe wurde ihr wenig später diplomatische Immunität gewährt – und sie reiste noch vor einem bereits angesetzten Gerichtstermin zurück nach Simbabwe. Andere Skandale verliefen ähnlich. Geschadet hat ihr das bislang nie.

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