Singapur Ein Staat erfindet sich neu

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Drehscheibe für Bildung und Forschung

Wichtig für den Rest der Welt sein: Vor 15 Jahren hat das Land begonnen, Universitäten aus Europa und den USA ins Land zu locken. Die Regierung wollte den lokalen Hochschulen Konkurrenten aus dem Westen vor die Nase setzen und so den Wettbewerb anheizen. Das Ziel: Singapur zur Drehscheibe für Bildung und Forschung in Asien zu machen. Aus der Idee wurde ein Erfolg: Die TU München kam und eröffnete einen Campus, die private Hochschule Insead aus Frankreich und auch das MIT aus Boston. Die eigenen Hochschulen nahmen den Wettbewerb an und rangieren inzwischen unter den besten der Welt.

Den Erfolg will das kleine Land nun mit der digitalen Wirtschaft wiederholen. Und wie immer, wenn die singapurische Regierung einen Plan gefasst hat, setzt sie ihn auch gegen Widerstände durch. Das hat dem Stadtstaat zwar ein zweifelhaftes, weil autoritäres, politisches Regime gebracht – aber wirtschaftlich eine unvergleichbare Erfolgsgeschichte beschert. So jedenfalls sehen das große Teile der in- und ausländischen Wirtschaftscommunity vor Ort.

Lim erklärt es am Beispiel der amerikanischen Plattform Uber. Als der Fahrdienstanbieter vor Kurzem in Singapur an den Start gehen wollte, gab es, ähnlich wie in Deutschland, heftige Proteste der Taxifahrer. Sie beriefen sich auf existierende Gesetze und Richtlinien, ähnlich wie die deutschen auf das Personenbeförderungsgesetz von 1961. „Wir haben unsere Gesetze halt angepasst“, sagt Lim, „denn wir wollten Uber nicht die Tür vor der Nase zuschlagen.“ Ähnlich macht es die Regierung mit Start-ups aus der Finanzbranche. Fintechs brauchen erst ab einer kritischen Größe eine Zulassung der Finanzaufsicht.

In diesen Städten ist das Leben am teuersten
Kopenhagen Quelle: dpa
New York City. Quelle: dpa
Paris Quelle: dpa
Genf Quelle: dpa
Seoul Quelle: REUTERS
Platz 5Ebenfalls eine asiatische Stadt landet auf Platz fünf: Osaka in Japan. Die drittgrößte Stadt Japans ist auch die drittteuerste Stadt Asiens. Hier kostet eine Flasche Wein im Schnitt 13,33 Dollar. Quelle: REUTERS
Tokio Quelle: dpa

Ausländische Unternehmen begrüßen solche Erleichterungen. Inzwischen unterhält Uber in Singapur seine Zentrale für die Region Asien-Pazifik, genauso wie der amerikanische Filme- und Serienanbieter Netflix und der Streamingdienst Spotify. Google steuert aus dem Inselstaat sein Marketing für den gesamten Fernen Osten. Auch Facebook beschäftigt 500 Mitarbeiter in Singapur. Die Schwergewichte aus dem Westen sind schon mal da.

Milliarden vom Staat

Der große Unterschied zu Europa und den USA aber ist: Während im Silicon Valley oder in Berlin findige Tüftler und Internetpioniere auf eigene Faust und oft mit wenig eigenem Geld in leer stehenden Fabrikhallen ihre ersten Firmen gründen, steuert in Singapur der Staat in großen Teilen die Gründerszene, gibt die Richtung vor – und ebnet vielversprechenden Start-ups wie dem von Sven Yeo mit großen Summen den Weg ins Geschäft.

Die fast unvorstellbare Summe von 30 Milliarden Dollar liegt in staatlichen Töpfen und öffentlich kontrollierten Risikokapitalfonds bereit, um junge Unternehmen mit vielversprechenden Geschäftsideen auf dem Feld der Digitalisierung zu unterstützen. Vor allem Fintechs sowie Unternehmen mit digitalen Lösungen für die Medizintechnik, die Robotik und städtische Mobilität will der Staat fördern.

Einer der großen Fonds für Wagniskapital in Singapur heißt Infocomm Investments Pte Ltd (IIPL). Der Topf ist mit 200 Millionen Dollar gefüllt und untersteht der IMDA, der Behörde von Gabriel Lim. Ein Viertel des Geldes ist bereits platziert, 150 Millionen Dollar kann Lim noch vergeben. Vielversprechende Geschäftsideen, sagt er, gebe es in Singapur reichlich, und verweist auf inzwischen etwa 5500 Technologie-Start-ups im Land.

Eines davon hat Anthony Tan gegründet. Tan ist im Nachbarland Malaysia geboren und hat in Harvard studiert. Vor vier Jahren hat der 34-Jährige das Unternehmen Grab gegründet – ein asiatisches Pendant zu Uber. Im Vergleich zum großen Konkurrenten aus den USA ist Grab noch klein: Das Start-up wird mit 1,6 Milliarden Dollar bewertet, Uber mit fast 70 Milliarden. Doch Grab wächst rasant. Das Unternehmen, das auch Kurierdienste anbietet und in den staugeplagten Metropolen der Region außerdem Motorradtaxis vermittelt, hat in 30 südostasiatischen Städten Fahrer auf den Straßen. Bei Uber sind es nur halb so viele.

Das sind die innovativsten Länder der Welt
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Grab kennt den südostasiatischen Markt mit seinen 600 Millionen Konsumenten viel besser als der große Konkurrent aus Amerika. „Für Uber ist es schwer, maßgeschneiderte Angebote für die asiatischen Kunden zu entwickeln“, meint denn auch Florian Hoppe, Berater bei Bain & Company. So bietet Grab in der Grenzregion zwischen Singapur und Malaysia einen Carsharing-Service an. Ein lohnendes Geschäft: Viele Menschen, die in Singapur arbeiten, wohnen im preiswerteren Malaysia und müssen täglich pendeln.

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