Spionagevorwürfe gegen Obama Trumps Twitter-Gau

Mit einer aberwitzigen Anschuldigung gegen seinen Vorgänger Barack Obama hat der neue Präsident die US-Regierung in die Krise gestürzt. Am Montag dürfte das FBI ihn als Dummschwätzer überführen. Ein Kommentar.

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In der Diskussion um die Abhörvorwürfe gegen Ex-Präsident Barack Obama präsentiert sich sein Nachfolger Donald Trump unbeirrt. Quelle: Reuters

Es begann, wie so oft bei Donald Trump, mit einer frühmorgendlichen Twitterbotschaft. Einer ziemlich ungeheuerlichen, allerdings. Vor zwei Wochen warf der US-Präsident seinem Vorgänger Barack Obama vor, ihn, sein Unternehmen und seine Wahlkampagne abgehört zu haben. Das wäre ein schweres Verbrechen, und so garnierte Trump seinen Vorwurf damit, dass er Obama als „kranken Typen“ beschimpfte. Seine Anschuldigung zu belegen, hielt der Präsident nicht für nötig. Entsprechend groß war der Wirbel.

Anfangs erfüllte die Kontroverse ihren Zweck: Ablenkung von dem Verdacht, dass es im Wahlkampf Absprachen zwischen seinem Team und russischen Agenten gab. Doch inzwischen ist der Regierung die Debatte entglitten. Trump hat eine Krise heraufbeschworen, sogar eine internationale Dimension entwickelt sich. Die Glaubwürdigkeit des Weißen Hauses ist schwer beschädigt. All das wegen des Starrsinns des Präsidenten, der nicht in der Lage ist, einen Fehler einzugestehen.

Selbst unter Trumps Parteifreunden im Kongress findet sich niemand mehr, der sich hinter die aberwitzigen Behauptungen des Präsidenten stellt. Trumps Sprecher muss bei den Pressekonferenzen im Weißen Haus täglich neue rhetorische Verrenkungen vollführen, um zu rechtfertigen, was nicht zu rechtfertigen ist. Dabei geht eine Menge schief. Und das ist mittlerweile auch ein diplomatisches Problem.

Um von der Tatsache abzulenken, dass sich kein Beleg für den Abhörvorwurf findet, verbreitet Trump die Behauptung, Obama habe den britischen Geheimdienst GCHQ als Spionagehelfer eingespannt. Dabei beruft sich der Präsident, dem die geballte Aufklärungskompetenz der amerikanischen Geheimdienste und Sicherheitsbehörden zur Verfügung steht, auf einen obskurer Kommentatoren auf seinem Lieblingssender Fox.

Der oberkommandierende Fernsehkonsument wirft also nicht mehr nur Obama Rechtsbruch vor. Er beschuldigt auch Amerikas engsten Alliierten. Das ist ein unfassbarer Vorgang – und typisch Trump: nachlegen, nicht nachgeben. Nur hat das nun, da er kein Selbstdarsteller mit eigener Fernsehshow mehr ist, sondern Chef der mächtigsten Regierung der Welt, ernste Konsequenzen.

Die Briten sind vor Empörung außer sich. „Wir haben der Administration klar gemacht, dass diese Behauptungen lächerlich sind und ignoriert werden müssen“, schimpft London und ergänzt: „Wir haben Versicherungen erhalten, dass diese Behauptungen nicht wiederholt werden.“

Trump aber fühlt sich an diese Versicherungen nicht gebunden. Bei der Pressekonferenz mit Angela Merkel unterstreicht er am Freitag seine Anschuldigungen. Amerika starrt fassungslos auf das absurde Schauspiel im Weißen Haus. „Trump zerrt Verbündete in die Kontroverse über seine unbewiesenen Abhörvorwürfe“, titelt die Washington Post.

Die völlig inhaltslose Abhördebatte überstrahlt inzwischen alle Politikvorhaben, die der Präsident abarbeiten will. Den Haushalt, den Grenzschutz und selbst die Gesundheitsreform, die das Weiße Haus zur Priorität erklärt hat. Am Montag wird FBI-Direktor James Comey im Kongress aussagen. Er hat schon zu erkennen gegeben, dass er Trumps Vorwurf nicht nur für haltlos, sondern auch für gefährlich hält. Das FBI wird Trump wohl der Dummschwätzerrei und das Weiße Haus der Fake-News-Fabrikation überführen. Was für eine Blamage.

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