Staatsfinanzen Japan stößt bei den Schulden an seine Grenzen

Für das hoch verschuldete Japan würde schon ein kleiner Zinsanstieg eine sehr gefährliche Lage schaffen.

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Grafik: Staatsverschuldung Japans, der USA und Deutschlands

Die Schuldenbombe tickt. Ende März stand die öffentliche Hand in Japan mit umgerechnet 7,7 Billionen Euro in der Kreide. Das übertrifft die deutschen Staatsschulden um das Vierfache. Bis März 2011 wird die japanische Staatsschuld um zehn Prozent wachsen, denn die Regierung in Tokio kommt ohne Pump nicht aus. Fast der halbe Haushalt wird durch Neuverschuldung finanziert, die Zinsen verschlingen heute schon mehr als die Hälfte der Steuereinnahmen.

Das verleiht dem Schreckgespenst eines japanischen Staatsbankrotts Lebenskraft. Hände weg von langlaufenden Japan-Anleihen – das hat Ende April das große amerikanische Vermögensverwaltungsunternehmen Pimco empfohlen. In Japan selbst schien das erst einmal niemand zu hören. Einheimische Anleger geben sich seit Jahren mit 1,3 Prozent Rendite für zehnjährige Staatsanleihen zufrieden. "Japan ist zwar der weltgrößte Schuldner, hat aber auch die höchsten Bankeinlagen", sagt Bankenminister Shizuka Kamei beschwichtigend. Tatsächlich stehen den öffentlichen Schulden private Ersparnisse von 12,7 Billionen Euro gegenüber, zweieinhalb Mal so viel wie in Deutschland. Doch seit den dramatischen Vorgängen um den Euro bekommen es auch viele Japaner mit der Angst zu tun.

Steuererhöhungen denkbar

Finanzminister Naoto Kan will deshalb die jährliche Kreditaufnahme auf umgerechnet 385 Milliarden Euro deckeln. Denkbar sind jetzt auch höhere Steuern. Bisher bezahlen die Japaner nur fünf Prozent Mehrwertsteuer. Doch fällt sein Sanierungsprogramm nicht überzeugend aus, ist die Bonität japanischer Anleihen bedroht. "Die gegenwärtige Situation ist nicht zukunftsfähig", warnt William Hess, Chef des Länder-Ratings für Asien bei Standard & Poor’s. Schon ein kleiner Zinsanstieg würde den Schuldendienst explosiv verteuern. Das habe die Regierung bisher nicht einkalkuliert, sagt der deutsche Ökonom Martin Schulz vom Fujitsu-Forschungsinstitut in Tokio.

Private Sparquote sinkt rapide

Bislang hat Japan seine Schulden fast vollständig im Inland aufgenommen. Die Geschäftsbanken halten einheimische Staatsanleihen im Wert von mehr als einer Billion Euro. Rund die Hälfte der Schuldtitel wird von staatlichen Institutionen wie der Post, der Rentenkasse und der Bank von Japan gehalten. Nur fünf Prozent der japanischen Staatsanleihen sind in ausländischer Hand. Auch darum hat bisher kaum ein Hedgefonds auf fallende Kurse japanischer Anleihen spekuliert.

Doch schon im Laufe dieses Jahres wird der staatliche Rentenfonds, der sein Vermögen zu zwei Dritteln in Staatsanleihen hält, zum Bond-Nettoverkäufer. Die private Sparquote ist von einst 16 auf 3 Prozent gefallen, weil die Rentner von ihren Ersparnissen leben. Fast 23 Prozent der Japaner sind 65 Jahre und älter. Ein Schlüsseljahr wird 2012: Ab dann gehen rund acht Millionen Japaner der Jahrgänge 1947 bis 1949 in Rente. Das Finanzministerium fürchtet danach einen Einbruch der Bond-Nachfrage und will dAher die Laufzeiten der Anleihen erhöhen, um sich die billigen Zinsen länger zu sichern.

Senioren-Tag in Tokio Quelle: Getty Images

Die Regierung setzt auf die staatliche Post als dauerhaften Anleihenkäufer: Gerade darum ist die geplante Postprivatisierung gestoppt worden. Als Geldquelle bieten sich auch die einheimischen Unternehmen mit ihren dicken Cash-Polstern an. Immerhin ist Japans Volkswirtschaft derzeit noch Nettogläubiger: Seit vier Jahren verdient das Land mehr Devisen durch Dividenden und Zinsen aus Auslandsanlagen als mit Exporten.

Doch bleibt das so? Die letzten Hoffnungen der Politiker ruhen auf der Zentralbank. Diese könnte wie in den USA und neuerdings auch in der Euro-Zone in noch viel größerem Umfang als bisher Staatsanleihen kaufen. Dann aber könnte Japans chronische Deflation in eine Inflation umkippen.

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