Städte der Zukunft Shanghai: Vom Paris des Ostens zur Wirtschaftsmetropole

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Verkehr in Shanghai bei Nacht Quelle: REUTERS

Nur einen Steinwurf entfernt, im G-Club, trifft sich die junge Generation Shanghais. Der DJ und Hip-Hop-Künstler Tim Mu ist Amerikaner chinesischer Abstammung. Aufgewachsen ist der 25-Jährige in New Jersey. Inzwischen moderiert der Amerikaner zwei TV-Shows, in denen er den Chinesen westliche Musik nahebringt. Seinen Wechsel von New York an den Huangpu-Fluss hat Mu bislang nicht bereut. „Bei der Mode, aber auch was Theater angeht, ist Shanghai inzwischen auf Augenhöhe mit New York“, sagt der Musiker.

Menschen wie Mu machen Shanghai wieder zu dem, was die Stadt einmal war: Chinas Tor zur Welt, ein Marktplatz der Ideen und eine Drehscheibe zwischen Ost und West – aber auch ein Tummelplatz für schillernde Figuren.

Yin Baohua ist Fondsmanager, so etwas wie Chinas Börsengott und mehrfacher Dollar-Millionär. Seine Geschäfte betreibt der 59-Jährige vorzugsweise von einer schlichten Hotelsuite unweit des historischen Bund aus. Seine Prognosen haben dem ehemaligen Elektriker, der Mitte der Neunziger durch ein paar geschenkte Aktien zur Börse kam, Ruhm beschert. Regelmäßig ziert sein Foto die Titelseiten der großen Magazine des Landes, Yin hat eine eigene Fernsehsendung und gibt in allen großen Städten Chinas Seminare, gerne auch in Overalls der US-Army. „Die Börse ist wie eine Schlacht“, sagt er.

Das hätten inzwischen auch die meisten Shanghaier verstanden. „Noch vor zehn Jahren waren die Menschen in Shanghai behäbig und langsam im Denken“, sagt Yin, „das hat sich aber radikal geändert.“ Nirgendwo in China ist das Aktienfieber so ausgeprägt wie in Shanghai, wo selbst Hausmädchen in ihrer Freizeit an der Börse zocken.

Schönes Leben in Shanghai

Und ausgeben wollen sie ihr Geld auch. Das zeigt sich in der Huaihai-Straße, der Heimstatt der Kathedralen des Luxus von Cartier bis Rolex. Doch wohl nirgendwo wird der Reichtum so anschaulich wie hinter der Hausnummer 796. Zwei goldene Säulen bilden den Eingang zu dem Grundstück. Kopfsteinpflaster, links und rechts von dichten Bambusbüschen gesäumt, führt zu zwei prächtig restaurierten Villen. In den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts leitete ein Shanghaier Unternehmer von hier sein Imperium. Heute stellt die Schweizer Uhrenmanufaktur Vacheron Constantin in einem der Häuser ihre Kostbarkeiten aus. Der Einstiegspreis der Uhren liegt bei rund 10.000 Euro. Trotzdem kann sich die Shanghaier Vacheron-Niederlassung vor Kunden kaum retten.

Der Arbeiter Chen A’Che, der für Sauberkeit im deutschen Expo-Pavillon sorgt, wird sich solch ein Schmuckstück vermutlich nie leisten können. Doch er ist felsenfest davon überzeugt, dass es ihm in Zukunft besser gehen wird als heute. Shanghai biete die besten Voraussetzungen dafür. „Hier kann jeder etwas werden.“

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