Steinmeier in Peking Deutschland und China wollen einflussreicher werden

Die politischen Kontakte zwischen Deutschland und China werden immer enger. Den Einfluss will international besser nutzen. Bei Steinmeiers Besuch in Peking Menschenrechte Thema – und die Panama Papers.

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Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit seinem Amtskollegen Wang Yi: Sein Besuch ist Teil eines „strategischen Dialogs“. Quelle: dpa

Deutschland und China wollen auf internationalem Gebiet gemeinsam ihren Einfluss stärker geltend machen. Die beiden Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Wang Yi vereinbarten am Freitag in Peking eine engere Abstimmung, auch in aktuellen Konflikten wie Syrien oder Afghanistan. Steinmeier mahnte die Volksrepublik zugleich zur Einhaltung der Menschenrechte. „Natürlich sehen wir manche Entwicklung in diesem Bereich mit Sorge.“

Mit seinem Besuch - Teil eines „strategischen Dialogs“ - bereitet der SPD-Politiker die nächsten Regierungskonsultationen vor, die Mitte Juni in Peking stattfinden. Auch Ministerpräsident Li Keqiang und der für Außenpolitik zuständige Staatsrat Yang Jiechi empfingen den Bundesaußenminister. Im Mittelpunkt des Gesprächs mit dem Premier stand der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen.

Die Volksrepublik ist bei Regierungskontakten mit keinem anderen Land so eng verbunden. Außenminister Wang sagte: „Wir begrüßen, dass Deutschland als ein zentrales EU-Mitglied mehr tut für die Wahrung des Weltfriedens.“ Umgekehrt ermunterte Steinmeier Peking zu einem stärkeren Engagement.

Dazu passt, dass beide Länder nacheinander den Vorsitz der Gruppe der 20 großen Industrie- und Schwellenländer (G20) innehaben. Dieses Jahr ist China, 2017 dann Deutschland an der Reihe. Wang sagte, mit einer engen gemeinsamen Abstimmung solle die Weltwirtschaft angekurbelt werden. Es müssten „neue Wachstumstreiber“ gefunden werden. Aktuell macht auch der Volksrepublik selbst nach langen Boom-Jahren eine Wachstumsschwäche zu schaffen.

Deutsche sehen China als Bedrohung
Wirtschaftsmacht37 Prozent der befragten Deutschen assoziieren mit China vor allem eine starke Wirtschaftsmacht. Faszination und Angst polarisieren hierzulande die Bevölkerung im Bezug auf Chinas ökonomische Stärke. Das Land wird als Schlüsselrolle für die eigene und internationale Entwicklung gesehen und 57 Prozent der Befragten beurteilen die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen sogar als wichtiger als die zu den USA. Gleichzeitig geht mit dem Wirtschaftsboom Chinas aber auch die Angst einher, chinesische Unternehmen könnten deutsche Firmen von den internationalen Märkten verdrängen. 59 Prozent der Deutschen empfinden Chinas starke Wirtschaft daher als Bedrohung. Quelle: dpa/dpaweb
BevölkerungswachstumBabyboom und Bevölkerungswachstum, daran denken 20 Prozent der Deutschen, wenn sie das Stichwort China hören. Derzeit leben 1,35 Milliarden Menschen in China, die Bevölkerungsdichte beträgt 143 Einwohner pro Quadratkilometer. Doch die Bevölkerung wird noch weiter wachsen, um 0,6 Prozent pro Jahr. Für 2032 rechnen Statistiken mit 1,467 Milliarden Menschen in China, bei einer gleichbleibenden Fertilitätsrate von 1,7 Kindern pro Frau. Viele Deutsche sehen das auch als Bedrohung an. Quelle: REUTERS
Kommunismus15 Prozent fällt spontan der Kommunismus ein, wenn sie an China denken. Während China im ökonomischen Bereich erfolgreich in den internationalen Handel eingebettet wurde und sich für ausländische Investoren geöffnet hat, ist das Land politisch in den Augen der Deutschen weiterhin ein diktatorisches Ein-Parteien-System unter Führung der Kommunistischen Partei. Die ist mit etwa 78 Millionen Mitglieder nicht nur die größte kommunistische Partei der Welt, sondern auch die mitgliederstärkste Partei allgemein. Deutsche verbinden mit ihr ein vornehmlich negatives Bild. Quelle: REUTERS
Chinesische MauerMan kennt sie aus Reiseprospekten und gefühlt jedes zweite China-Restaurant ist nach ihr benannt. Nicht weiter verwunderlich also, dass 15 Prozent der Befragten mit China die Chinesische Mauer assoziieren. Sie gilt als Weltkulturerbe und erstreckt sich über 21.196 Kilometer. Früher sollte die Mauer vor allem zum Schutz vor Völkern aus dem Norden dienen, heute ist sie eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Chinas und lockt Reisende aus aller Welt an. 36 Prozent der Befragten haben daher sehr großes oder großes Interesse an China als Reiseland. Quelle: dpa
Chinesisches EssenPeking-Ente, Reis süß-sauer - und das alles mit Stäbchen: 14 Prozent der befragten Deutschen denken beim Stichwort China an chinesisches Essen. Was Viele aber nicht wissen: Chinesisches Essen ist nicht gleich chinesisches Essen. Die meisten der 23 Provinzen Chinas haben ihre eigene Regionalküche. Zu den populärsten gehört die würzige Küche aus Sichuan, die gerne Sojasauce, Ingwer und Frühlingszwiebeln verwendet, die scharfe Xiang-Küche aus Hunan und die kantonesische Yue-Küche, die vor allem durch die Verwendung ungewöhnlicher Zutaten wie Hundefleisch bekannt geworden ist. Übrigens: Die Peking-Ente ist das berühmteste Gericht der chinesischen Küche. Quelle: REUTERS
MenschenrechtsmissachtungEbenfalls 14 Prozent fallen zu China Menschenrechtsverletzungen ein. Auf die Frage, wo sie das Land gegenwärtig und in 15 Jahren beim Schutz der Menschenrechte sehen, ordneten 60 Prozent der Befragten die Volksrepublik in die Schlussgruppe ein, nur 1 Prozent sieht China als Spitzengruppe in Bezug auf Menschenrechte. Auch das Bild Chinas als ein Rechtsstaat stößt auf wenig Zustimmung bei den Deutschen. 49 Prozent stimmten der Aussagen gar nicht zur, nur 1 Prozent sieht China als Rechtsstaat an. 80 Prozent der befragten Bevölkerung geht außerdem davon aus, dass in China kaum oder keine Debatten über politische Themen geführt werden. Quelle: dpa
Diebstahl von Ideen12 Prozent denken, China spioniere deutsche Unternehmen aus und verkaufe die Ideen aus dem Westen als eigene. Nachgebaute Ware aus China, oft zum Spottpreis, macht deutschen Unternehmen das Leben schwer. Auch das Markenimage chinesischer Produkte ist bei den befragten Deutschen schlecht. So assoziieren viele Konsumenten in Deutschland chinesische Produkte mit einfache, technisch wenig anspruchsvolle Billigware. Quelle: dpa

Beide Außenminister vereinbarten unter anderem gemeinsame Projekte für Afghanistan in den Bereichen Katastrophenschutz und Ausbildung von Bergleuten. Steinmeier appellierte an China, sich als Ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat stärker für eine Friedenslösung in Syrien zu engagieren. „Ohne die großen internationalen Partner - darunter China - werden solche Lösungen nicht gefunden werden.“ Die Volksrepublik könne dann auch eine Rolle beim Wiederaufbau des Bürgerkriegslands spielen.

Nach dem zweitägigen China-Besuche reist Steinmeier am Sonntag zum diesjährigen Treffen der Außenminister der der sieben großen Industrienationen (G7) weiter ins japanische Hiroshima.

Wang forderte die G7 auf, sich aus den Inselstreitigkeiten im Süd- und Ostchinesischen Meer herauszuhalten. Mit Blick auf G7-Gastgeber Japan und die USA fügte er hinzu: „Wir würden es nicht gerne sehen, wenn Staaten aus politischen Gründen historisch bedingte Probleme oder gar territoriale Streitigkeiten als Thema aufgreifen.“ China streitet mit Japan und anderen Nachbarn um Inseln in den Seegebieten, in denen Rohstoffe und wichtige Schifffahrtsrouten liegen.

Steinmeier eröffnete in Peking auch eine Wanderausstellung, mit der Deutschland rund um den Globus für die Energiewende werben will. Das letzte deutsche Atomkraftwerk soll nach den derzeitigen Plänen bis 2022 abgeschaltet werden. Die Ausstellung wird unter anderem in Kapstadt, Mexiko-Stadt und San Francisco zu sehen sein.

Auch die Panama Papers sind Thema

Bei dem Treffen geht es auch um die Panama Papers: China will sich nach Worten seines Außenminister Wang Yi ein klareres Bild über die von einem internationalen Journalisten-Netzwerk enthüllten Firmen in Steuerparadiesen machen. Wang sagte am Freitag in Peking: „Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Panama einige Erklärungen und Klarstellungen abgibt.“

Er fügte hinzu: „Ich fürchte, er müssen uns zuerst Klarheit verschaffen und verstehen, worum es wirklich geht.“ In Medienberichten waren auch Verbindungen zwischen Teilen der chinesischen Führung und möglichen Scheinfirmen gezogen worden.

Der Süddeutschen Zeitung zufolge sollen mindestens acht Verwandte von aktuellen oder ehemaligen Mitgliedern des Ständigen Ausschusses des Politikbüros, Chinas mächtigstem Gremium, in Offshore-Geschäfte verwickelt gewesen sein. Sie haben der Zeitung zufolge Geheimgesellschaften gegründet, mutmaßlich um Geld zu verstecken oder verdeckt zu investieren. Reuters hat selbst keinen Einblick in die Dokumente gehabt, die aus der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama stammen.

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Bisher hat das chinesische Außenministerium Anschuldigungen, die sich aus den Panama Papers ergeben, als grundlos bezeichnet. In parteinahen Medien war von einer westlichen Kampagne die Rede, ausländische Medienbericht wurden blockiert.

Wang sagte, der Kampf Chinas gegen Korruption werde weitergehen: „Wie unsere Führer gesagt haben, werden wir stets auf dem Anti-Korruptions-Pfad bleiben.“ In China kommt es immer wieder zu spektakulären Anti-Korruptions-Verfahren und Verhaftungen.

Präsident Xi Jinping hat sich die Korruptionsbekämpfung persönlich auf die Fahne geschrieben und angekündigt, weder die Führung noch niedrigere Ränge zu schonen. Der Süddeutschen Zeitung zufolge finden sich in den Panama-Daten auch Spuren zu seiner Familie und zu Li Xiaolin, der Tochter des ehemaligen Premierministers Li Peng.

Der Sohn des verstorbenen Reformers und Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Hu Yaobang, Hu Dehua, sagte der Zeitung „South China Morning Post“, er habe nichts zu verstecken. So habe er bei der Registrierung der Firma seinen eigenen Pass und seinen eigenen Namen verwendet.

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