Steuer-Spionage in NRW Schweizer Regierung war über Spionageeinsatz im Bilde

In der Aufklärung um den Spionage-Einsatz um die Schweiz wurde nun bekannt, dass sowohl der Finanzminister als auch die Regierung vom Engagement des Spitzels gewusst haben sollen. Deutsche Politiker sind empört.

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Der schweizer Finanzminister räumte ein, dass die schweizer Regierung vom Spionageeinsatz gegen deutsche Steuerfahnder im Vorfeld gewusst habe. Quelle: Reuters

Berlin Die Schweizer Regierung war nach Angaben von Finanzminister Ueli Maurer über den aufgeflogenen Spionageeinsatz gegen deutsche Steuerfahnder im Vorfeld informiert. „Ich habe vom Engagement von Daniel M. gewusst“, sagte Maurer dem Schweizer „Tages-Anzeiger“ am Freitag. Maurer war von 2009 bis 2015 Minister für Verteidigung und Bevölkerungsschutz und damit auch der oberste Dienstherr des Schweizer Geheimdienstes NDB. Dem Reuters vorliegenden Haftbefehl gegen Daniel M. zufolge wird ihm vorgeworfen, von 2012 bis mindestens Ende 2015 die Finanzverwaltung in NRW wegen des Kaufs von Steuer-CDs ausspioniert zu haben. Justizminister Heiko Maas kündigte eine „lückenlose Aufklärung“ der Affäre an.

Aus den Äußerungen Maurers geht hervor, dass der Einsatz gegen die deutschen Steuerfahnder kein Alleingang des NDB war. Denn Maurer machte deutlich, dass nicht nur er informiert war: „Wir haben damals auch dem Gesamtbundesrat (der Schweizer Regierung) und der Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments darüber Bericht erstattet.“ Details nannte er nicht. Maurer ist seit 2016 Schweizer Finanzminister. Der Schweizer Regierungssprecher Andre Simonazzi sagte Reuters: „Die Aktivitäten des NDB in diesem Fall endeten im Jahr 2014.“ Wegen eines laufenden Verfahrens machte er keine weiteren Angaben.

Maas sagte der „Rheinischen Post“ (Freitagausgabe): „Wenn sich herausstellt, dass die Schweiz die deutschen Finanzverwaltungen ausspioniert, wäre das völlig inakzeptabel.“ Der Fall werde nach Recht und Gesetz lückenlos aufgeklärt. Am Mittwoch hatten wegen der Affäre Außenminister Sigmar Gabriel und sein Schweizer Amtskollege Didier Burkhalter telefoniert.

„Statt die erfolgreichen Steuerfahnder in Nordrhein-Westfalen bei ihrer Arbeit zu bespitzeln, sollte die Schweiz endlich Ernst machen mit der konsequenten Bekämpfung von dubiosen Finanzgeschäften und Steuerbetrug“, sagte Maas. Die Schweiz solle ihr Augenmerk auf diejenigen legen, die „Milliardengeschäfte auf Kosten der Allgemeinheit machen“. Die Finanzverwaltungen in Nordrhein-Westfalen täten hingegen seit Jahren „alles, um Steuerhinterziehungen wirksam zu bekämpfen“. Zum 1. Januar wurde zwischen der Schweiz und der EU nach langem Ringen ein automatischer Steuer-Datenaustausch eingeführt, um Schwarzgeld-Anlagen in der Schweiz künftig riskanter zu machen.

Bisher haben die deutschen Steuerbehörden immer wieder Datenträger gekauft, die aus Schweizer Banken gestohlen waren, um deutschen Steuerhinterziehern im Ausland auf die Schliche zu kommen – allen voran NRW, das seit 2010 elf Steuer-CDs erworben hatte. Dem Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Spion zufolge war Daniel M. beauftragt zu klären, wie diese Steuer-CDs konkret beschafft wurden. Dies habe er auch getan, denn die Schweizer Behörden leiteten Ermittlungen gegen NRW-Steuerfahnder ein, zwischenzeitlich gab es Haftbefehle gegen drei deutsche Beamte.

Dem Haftbefehl zufolge habe Daniel M. im Auftrag des NDB zudem eine Quelle „im Geschäftsbereich der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalens platziert“. Diese sollte unmittelbare Informationen über das Vorgehen beim Ankauf von Steuer-CDs liefern. Die Identität dieser Quelle sei nicht bekannt. Daniel M sei vom NDB ein „Aufwandshonorar“ von 90.000 Euro zugesagt worden, 60.000 Euro davon seien geflossen. Zudem habe der Mann für seine Dienste beim NDB über einen noch unbestimmten Zeitraum hinweg monatlich pauschal 3000 Franken in bar erhalten.

Die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen sprach von einer bedenklichen Entwicklung, falls sich die Berichte bewahrheiten sollten: „Dieser Vorgang muss vollumfänglich aufgeklärt werden, damit wir unsere Steuerfahnderinnen und -fahnder vor solchen Bespitzelungen schützen können“, sagte sie. Auch Rheinland-Pfalz hatte 2013 eine Steuer-CD gekauft.

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