Strafzölle gegen Bombardier aufgehoben Krachende Niederlage für Boeing und Trump

Ein Bombardier-Werk in Montreal. Völlig überraschend hat die US-Handelskommission ITC massive Strafzölle aufgehoben, die die Trump-Regierung erlassen hatte. Quelle: AP

Der kanadische Flugzeugkonzern Bombardier hat einen wichtigen Sieg gegen den Konkurrenten Boeing und die US-Regierung errungen. Die US-Handelskommission hat Strafzölle von nahezu 300 Prozent wieder aufgehoben.

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Ottawa Die Washingtoner „United States International Trade Commission“ stellte fest, dass die US-Flugzeugindustrie durch den Import der Bombardierflugzeuge weder geschädigt werde noch Schaden drohe. Auf Antrag von Boeing hatte das Handelsministerium zuvor die Antidumping- und Ausgleichszölle festgelegt. Die Begründet lautete, der Bau der Mittelstreckenflugzeuge der C-Serie durch den kanadischen Staat subventioniert und das 100 bis 150 Sitze fassende Flugzeug werde unterhalb eines „fairen“ Preises angeboten.

Dem widersprach die Kommission mit den Stimmen aller vier Mitglieder. Das „Wall Street Journal“ bezeichnete die Entscheidung des Panels als „verletzende Niederlage“ für Boeing. Auslöser des Streits war die Entscheidung der US-Fluggesellschaft Delta, 75 Maschinen der C-Serie zu kaufen. Kanada wertete die Strafzölle als einen Versuch der Regierung von Präsident Donald Trump, den US-Markt gegen Konkurrenten abzuschotten.

Die Aufhebung der Strafzölle is auch ein großer Erfolg für den europäische Luftfahrtkonzern Airbus. Im Oktober hatten Bombardier und Airbus eine Partnerschaft bei der Produktion der Bombardierflugzeuge der C-Serie beschlossen. Danach übernimmt Airbus SE einen Mehrheitsanteil von 50,01 Prozent am C-Serien-Programm, der „C Series Aircraft Limited Partnership/CSALP)“. Bombardier hält 31 Prozent, das kanadische Quebec 19 Prozent der Anteile.

Der kanadische Konzern wollte mit der C-Serie eigentlich den Wettbewerb mit den Konkurrenten Boeing und Airbus aufnehmen. Seit Jahren baut Bombardier alles auf die neue C-Serie und den Learjet. Die C-Regionaljetserie, zu der die CS300 mit 130 bis 150 Sitzen und die CS100 mit 108 bis 125 Sitzen gehört, ist von Entwicklungsproblemen und Verzögerungen geplagt. Die für 2013 geplante Auslieferung der ersten Flugzeuge musste immer wieder verschoben werden und konnte erst 2016 erfolgen.

Der Einstieg von Airbus rettete am Ende das Projekt und nur ging alles gegen Boeing. Besondere Aufmerksamkeit fand bereits die Festlegung im Airbus-Bombardier-Abkommen, dass Bombardier-Flugzeuge künftig auch in der Airbus-Produktionsstätte in Mobile im US-Staat Alabama gefertigt werden sollen. Dies war als möglicher Versuch gewertet worden, den drohenden Strafzöllen zu entgehen.

Bombardier erklärte, der Spruch der Handelskommission sei „ein Sieg für Innovation, Wettbewerb und die Rechtsstaatlichkeit“. Es sei auch ein Sieg für US-Fluggesellschaften und die Öffentlichkeit. Die Entwicklung und Produktion der C-Serie sichere Tausende Arbeitsplätze in den USA, Kanada und Großbritannien. Nachdem diese Angelegenheit nun abgehakt sei, werde Bombardier „mit voller Kraft“ darauf hinarbeiten, die Partnerschaft mit Airbus noch in 2018 abzuschließen.

Die Entscheidung der ITC kam gerade zum richtigen Zeitpunkt. Kanadischen Medien zufolge hat Bombardier seit dem vergangenen Frühjahr, als Boeing den Handelsstreit angefangen hatte, keine einzige Bestellung mehr aus den USA erhalten und in einer Stellungnahme für die ITC jüngst bestätigt, dass durch das Verfahren potenzielle US-Kunden abgeschreckt worden seien.

Der Vorsitzende der kanadischen Gewerkschaft Unifor, die auch für den Flugzeugsektor zuständig ist, äußerte sich befriedigt über den ITC-Spruch. Ihr Vorsitzender Jerry Dias ist aber weiter unzufrieden, dass die C-Serie weitgehend an Airbus übergeben wurde und in Alabama gebaut werden solle. Bereits jetzt befinde sich die Hälfte aller Arbeitsplätze im Zusammenhang mit dem Bau der C-Serie in den USA.

Der Streit um die Strafzölle hatte zu einer erheblichen Verstimmung zwischen Kanada und den USA beigetragen und belastet auch die aktuellen Neuverhandlungen über das Freihandelsabkommen Nafta zwischen den USA, Kanada und Mexiko. Kanadas Premierminister Justin Trudeau hatte das Thema bei Treffen mit Trump angesprochen und als Gegenmaßnahme den Verzicht auf kanadische Flugzeugkäufe bei Boeing angedroht. Auch die britische Premierministerin Theresa May hatte bei Trump protestiert.

Noch vor wenigen Tagen hatten Beobachter eher mit einer Niederlage von Bombardier gerechnet. Dies sei „ein großer, nahezu atemberaubender Sieg für Bombardier“, meinte Karl Moore, auf Transportwesen spezialisierte Professor an der McGill-Universität von Montreal, dem Hauptsitz von Bombardier.

Boeing scheint sich aber noch die Option einer Berufung oder eines neuen Antrags auf Strafzölle offen zuhalten. Das Unternehmen äußerte sich enttäuscht über die Entscheidung. Boeing werde weiter dokumentieren, welchen Schaden „illegale Subventionen und Preisdumping“ verursachen und werde Bombardiers Praktiken nicht stillschweigend hinnehmen, heißt es.

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