Südeuropa-Gipfel Ein hochkarätiger Debattierclub

Die Mittelmeer-Länder Südeuropas treffen sich in Portugal zu einem eigenen Gipfel. Eine Aktion, die die Spaltung der EU vorantreibt? Mitnichten. Doch was die Südstaaten dort besprechen, ist harmlos. Ein Kommentar.

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Die Staatsoberhäupter der Mittelmeer-Staaten haben viel zu bereden – aber sie konspirieren nicht. Quelle: Reuters

Madrid Es war bezeichnend: Am gestrigen Samstag haben sich die Staats- und Regierungschefs Südeuropas zu ihrem eigenen Gipfel getroffen. Die Schlagzeilen danach beherrschten jedoch die Äußerungen des französischen Staatschefs Francois Hollande zur jüngsten Irrlichtfahrt von Donald Trump. Der neue US-Präsident und der Brexit stellen die EU vor so große Herausforderungen, dass sie stärker denn je eine einheitliche Stimme und Geschlossenheit in den ihren Reihen braucht.

Vor dem Hintergrund mutet ein eigener Gipfel der Südeuropäer sehr kontraproduktiv an. Die EU kämpft de facto bereits mit unterschiedlichen Interessen zwischen der Ländern Nord- und Südeuropas sowie zwischen denen im Osten und im Westen. Neue Mini-Gipfel wie der von Lissabon verstärken den Eindruck, dass sich verschiedene Blöcke innerhalb der Gemeinschaft bilden, die ihre eigene Suppe kochen. Im vergangenen Jahr hatte bereits die Visegrad-Gruppe osteuropäischer Staaten im Alleingang die Schließung der Balkanroute für Flüchtlinge beschlossen.

Doch die Südeuropäer, die sich zum ersten Mal im vergangenen September in Athen getroffen haben, wollen nicht weniger, sondern mehr Einigkeit in Europa. „Wir glauben, dass wir in einer Welt von wachsenden Unsicherheiten und Instabilität stärker sind, wenn wir zusammenarbeiten. Europa zu schwächen ist keine Option“ heißt es in der Schlusserklärung des Gipfels.

Ein Sprecher des gastgebenden portugiesischen Regierungschefs Antonio Costa betonte vor dem Treffen, es gehe keinesfalls darum, einen eigenen Club zu gründen. Man wolle vielmehr vor den EU-Gipfeln – der nächste findet kommende Woche in Malta statt – die Position Südeuropas definieren, um die eigenen Anliegen dann besser einbringen zu können. Auch in Berlin sieht man die Treffen der Mittelmeer-Länder extrem gelassen.

Vieles eint die Teilnehmer – Portugal, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Zypern und Malta – ohnehin nicht. Was den Flüchtlingsstrom angeht sind Griechenland und Italien etwa in einer ganz anderen Lage als Spanien oder Portugal, wo kaum Flüchtlinge ankommen.

Was die Staaten jedoch verbindet ist ein meist hoher Schuldenberg und folglich der Wunsch, die Defizitkriterien nicht ganz so streng zu handhaben. Eine gemeinsame Linie in der Frage dürfte also der Kern der Treffen sein. Was genau sie in der Frage vor haben oder fordern, ging aus der Abschlusserklärung in Lissabon nicht hervor. Darin bekennen sich die Teilnehmer zwar zur einer „gründlichen Haushaltskonsolidierung“, fordern aber auch eine Politik, die Investitionen fördert. Das kann man als Kritik an der von Berlin und Brüssel verfochtenen Sparpolitik interpretieren, in der viele südeuropäische Staaten ein Hindernis für mehr Wirtschaftswachstum sehen.

In Zeiten von Trump und Brexit werden sie sich aber auch in Malta vor radikalen Forderungen hüten. Die Gipfel der sind nicht viel mehr als ein Debattierclub. Der schadet nicht, bringt aber auch nicht besonders viel.

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