Syrien-Krieg Lawrow verkündet Kampfpause in Aleppo - ohne Folgen

Aleppo ist zum Brennpunkt des Syrien-Konflikts geworden. Russlands Chefdiplomat gibt eine Kampfpause für Evakuierungen von Zivilisten bekannt. Doch Aktivisten melden, die Bombardements gingen weiter.

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Die syrische Stadt Aleppo unter Beschuss. Eine Aufnahme vom 5. Dezember 2016. Quelle: AP

Die Hoffnung auf eine Atempause für die Menschen im umkämpften Aleppo hat sich offenbar zerschlagen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow verkündete zwar, dass Regierungstruppen die Kampfhandlungen im Ostteil der nordsyrischen Stadt eingestellt hätten, damit sich Zivilisten in Sicherheit bringen könnten. Doch berichteten Anwohner und Rebellenkämpfer, dass die Bombardements auf die von der Opposition gehaltenen Gegenden weitergingen.

Seit Wochen läuft eine Offensive der Truppen von Präsident Baschar al-Assad auf Ostaleppo, mit russischer Unterstützung rücken seine Soldaten immer weiter vor und kontrollieren nunmehr 75 Prozent der Rebellengebiete. Auch die symbolisch bedeutsamen Altstadtviertel von Aleppo haben Aufständische an die Regierungstruppen verloren. Mehr als 30.000 der Schätzungen zufolge 275.000 Bewohner der belagerten Ostbezirke sind in den Westen der Stadt geflohen.

Lawrow sagte, mit der Kampfpause ab Donnerstagabend würde es 8000 Zivilisten ermöglicht, die Stadt in einem fünf Kilometer langen Konvoi zu verlassen. Für Samstag sei in Genf zudem ein Treffen von Militärexperten und Diplomaten zur Lage in Syrien geplant. Dabei soll es um Einzelheiten eines Abzugs syrischer Rebellen sowie von Zivilisten aus dem Ostteil von Aleppo gehen. Darauf habe er sich mit seinem US-Kollegen John Kerry in Hamburg beim Außenministertreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa verständigt, sagte Lawrow weiter.

Oppositionsaktivisten meldeten indes, die Offensive der Regierung gehe unvermindert weiter. Anwohnern zufolge feuerten Kampfjets aus Maschinengewehren auf Stellungen der Rebellen, in den verbliebenen von Aufständischen kontrollierten Bezirken gingen Granaten nieder.

Medizinische Einsatzkräfte flehten eindringlich um eine Feuerpause. „Aleppo ist am Ende. Es ist nichts übrig außer einige Anwohner und Ziegel“, sagte Mohammed Abu Dschaafar, Chef der Forensik-Behörde in Ostaleppo, in einer aufgezeichneten Nachricht für Reporter. „Das ist vielleicht mein letzter Anruf.“ Bis zum frühen Nachmittag seien aus ganz Ostaleppo 14 Leichen in seiner Einrichtung eingetroffen. Wie viele Opfer am Donnerstag genau zu beklagen waren, ließ sich nicht von unabhängiger Seite bestimmen.

In Genf zeigte sich UN-Sonderberater Jan Egeland bestürzt über die Lage in Ostaleppo. Bemühungen um eine Evakuierung von Verletzten seien ins Stocken geraten, nachdem diese Woche bei einem Angriff auf eine russische Militärklinik zwei Krankenschwestern getötet und ein Arzt schwer verletzt worden seien. Dass nicht einmal die Verwundeten in Sicherheit gebracht werden könnten, sei bitter und frustrierend, sagte Egeland.

Zugleich habe die Assad-Regierung erstmals von den Vereinten Nationen organisierte Hilfslieferungen für Ostaleppo organisiert. Wie und wo diese zu den Menschen gelingen soll, sagte Egeland indes nicht.

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