Terroranschlag in Istanbul Empörung über israelfeindlichen Tweet nach Anschlag

Nach dem Terroranschlag in Istanbul hat ein Tweet einer Mitarbeiterin der türkischen Regierungspartei AKP für Aufregung gesorgt. Unterdessen suchen die Behörden weiter nach den Hintermännern der Tat.

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Fünf Menschen starben bei dem Bombenanschlag im Zentrum der türkischen Metropole. Quelle: AP

Istanbul Eine Mitarbeiterin eines Lokalbüros der türkischen Regierungspartei AKP hat nach dem Selbstmordanschlag in Istanbul mit einem israelfeindlichen Tweet für Empörung gesorgt. Zu dem Angriff, bei dem unter anderen mindestens zwei Menschen mit israelischen Pässen getötet und mehrere weitere Israelis verletzt wurden, schrieb Irem Aktas auf Twitter: „Ich wünsche mir, dass die israelischen Staatsbürger nicht verwundet, sondern getötet worden wären.“

Aktas arbeitet in einem kommunalen Büro der AKP, die von Präsident Recep Tayyip Erdogan gegründet wurde. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, seine Regierung habe die politische Führung in Ankara wegen der Aussage kontaktiert. Die türkische Regierung habe versichert, Schritte gegen die Mitarbeiterin zu ergreifen. Türkischen Medienberichten zufolge soll Aktas entlassen werden.

Bei dem Selbstmordanschlag auf einer Flaniermeile in Istanbul waren am Samstag fünf Menschen getötet worden. Mindestens 36 weitere Menschen wurden verletzt, als der Attentäter am Samstagmorgen auf der Istiklal-Straße seine Bombe zündete. Unter den Verletzten befanden sich zwölf Ausländer, darunter auch ein deutscher Staatsbürger.

Es ist der bereits sechste Selbstmordanschlag in der Türkei seit Juli 2015. Ein Bekenntnis gab es am Samstag nicht. Unter Verdacht stünden die Terrormiliz Islamischer Staat und die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, sagte ein hoher Regierungsbeamter.

Die private türkische Nachrichtenagentur Dogan berichtete, es seien DNA-Proben von Familienmitgliedern zweier möglicher IS-Kämpfer genommen worden, die das Attentat verübt haben könnten. Offiziell bestätigt wurde dies nicht. Für die fünf vorangegangenen Anschläge mit mehr als 200 Toten hatte sich entweder die PKK verantwortlich erklärt oder die türkischen Behörden machten den IS als Urheber aus.

Regierungschef Ahmet Davutoglu berief nach dem Anschlag ein Sicherheitstreffen ein. „Die Türkei hat immer gesagt, dass Terrorismus keine Religion, keine Sprache und keine Rasse hat und dass Terrorismus verurteilt werden muss, ganz egal, wer die Täter sind“, ließ er mitteilen. Der Anschlag habe einmal mehr gezeigt, wie richtig diese Position sei.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg verurteilte die Tat ebenso wie der Sprecher des amerikanischen Sicherheitsrates, Ned Price.


Deutsches Konsulat bleibt geschlossen

Neben dem deutschen Staatsbürger wurden sechs Israelis, zwei Iren, ein Isländer, ein Iraner und eine Person aus Dubai verletzt. Die Explosion ereignete sich den Behörden zufolge vor einem örtlichen Regierungsbüro auf der Istiklal-Straße, wo sich auch Cafés, Restaurants und ausländische Konsulatsgebäude befinden.

Das deutsche Generalkonsulat in Istanbul hatte vergangene Woche gewarnt, dass das kurdische Newroz-Fest an diesem Montag Anlass zu „gewaltsamen Auseinandersetzungen und terroristischen Anschlägen“ sein könnte. Am Donnerstag und Freitag waren das Generalkonsulat in Istanbul, die Botschaft in Ankara und weitere deutsche Einrichtungen wegen einer Terrorwarnung geschlossen worden. Nach dem Anschlag rief das Auswärtige Amt Besucher von Istanbul auf, in ihren Hotels zu bleiben.

Die Polizei riegelte die Gegend schnell ab. Normalerweise gut besuchte Cafés waren entweder geschlossen oder nahezu leer. „Es war eine laute Explosion“, sagte der Syrer Muhammed Fatur, der in einer nahegelegenen Metzgerei arbeitet.

Vor knapp einer Woche waren bei einem Bombenattentat in Ankara 37 Menschen getötet worden. In Istanbul kamen im Januar bei einem Anschlag zwölf deutsche Touristen ums Leben.

Die Türkei hatte die Sicherheit in Ankara und Istanbul im Vorfeld eines kurdischen Frühjahrsfest am 21. März verstärkt. Kurden im Land nutzen das Ereignis traditionell dazu, um mehr Rechte zu fordern.

Die PKK kämpft im Südosten der Türkei seit mehr als drei Jahrzehnten für ein autonomes Gebiet, Zehntausende starben bisher in dem Konflikt. Nach dem Abbruch des Friedensprozesses zwischen der Türkei und der PKK im Sommer 2015 geht das türkische Militär dort gegen kurdische Rebellen vor.

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