Terroranschlag in Stockholm „Es sieht hier aus wie im Krieg“

In Stockholm ist ein LKW in eine Menschenmasse gerast. Die schwedische Regierung geht dabei von einem gezielten Terroranschlag aus. Mindestens drei Menschen sind dabei getötet worden.

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Nicht nur rund um das Kaufhaus, sondern in vielen Teilen der Stockholmer Innenstadt patrouillierten schwerbewaffnete Polizisten. Quelle: AP

Bei einem vermeintlichen Terroranschlag in der Stockholmer Innenstadt sind mindestens drei Menschen getötet und acht verletzt worden. Einige Medien berichteten über „eine große Anzahl Verletzter“. Die Stockholmer Polizei dementierte Medienberichte, wonach eine Person festgenommen worden sei. „Das stimmt nicht“, erklärte ein Polizeisprecher. Auch Berichte, nach denen es in anderen Stadtteilen zu Schusswechseln gekommen sei, konnte ein Polizeisprecher nicht bestätigen.

Mitten in der Rushhour raste gegen 14.50 Uhr ein LKW in das Kaufhaus Áhlens in der zentralen Drottningsgatan. Der Fahrer des LKW soll eine Jacke mit Kapuze getragen haben, die sein Gesicht größtenteils verdeckte. Nach unbestätigten Angaben gab es einen Schusswechsel vor dem Kaufhaus. Ob der LKW-Fahrer dabei verletzt wurde, ist noch nicht klar.

„Schweden ist angegriffen worden“, erklärte ein sichtlich erschütterter schwedischer Regierungschef. „Alles deutet auf eine Terrorattacke hin“, sagte Stefan Löfven. Alle Kabinettsmittglieder seien in Sicherheit gebracht worden, bestätigte ein Sprecher der schwedischen Sicherheitspolizei.

In Schweden wurde die höchste Sicherheitsstufe ausgerufen. Die Stockholmer Polizei forderte die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren und die Stockholmer Innenstadt zu meiden. Alle Stockholmer Krankenhäuser wurden in Alarmbereitschaft versetzt und die U-Bahnhöfe geschlossen. Der öffentliche Nahverkehr wurde zunächst eingestellt. Das Mobiltelefonnetz in der Innenstadt brach zeitweise zusammen, weil viele Passanten ihre Angehörigen informieren wollten, dass ihnen nichts passiert sei.

Rund um das Kaufhaus Áhlens herrschte kurz nach der Attacke Chaos. Menschen flohen aus dem gut besuchten Warenhaus. „Es sieht hier aus wie im Krieg“, sagte eine schockierte Passantin, die gerade das Kaufhaus Áhlens in der Stockholmer Innenstadt verlassen hatte. Vor den großen Schaufenstern lagen mindestens zwei Menschen. Glassplitter bedeckten das Pflaster.

Leander Nordling befand sich zum Zeitpunkt des Zwischenfalls in der Drogerieabteilung des Kaufhauses: „Plötzlich gab es einen kräftigen Knall. Es hörte sich an wie eine Bombenexplosion“, sagte Nordling der schwedischen Zeitung „Aftonbladet“. Der LKW fuhr in der Nähe des Haupteingangs in das Kaufhaus. Auch Jan Granroth befand sich in einem Schuhgeschäft, als er plötzlich einen Knall und Schreie hörte. „Als ich durch das Schaufenster schaute, sah ich, wie ein großer Lastwagen in das Kaufhaus gegenüber fuhr“, sagte er. „Der LKW kam aus dem Nichts“, bestätigte ein anderer Augenzeuge.

Der für den Anschlag benutzte LKW war kurz zuvor gekidnappt worden. Er gehört der Brauerei Spendrups. Der eigentliche Fahrer des LKW wurde demnach von einem Unbekannten überwältigt. Er sei „schockiert“ über den Vorfall, aber unverletzt, sagte ein Polizeisprecher. Das Fahrzeug war in der Nähe des Kaufhauses gekidnappt worden, als der eigentliche Fahrer gerade dabei war, Getränkekästen in ein Restaurant zu tragen. Der Fahrer hat nach Polizeiangaben ausgesagt, dass der Täter maskiert gewesen sei. Die Entwendung des LKW geschah nur rund einen Kilometer von dem Kaufhaus entfernt.

Rund eine Stunde nach dem vermeintlichen Anschlag patrouillierten nicht nur rund um das Kaufhaus, sondern in vielen Teilen der Stockholmer Innenstadt schwerbewaffnete Polizisten. Über der Innenstadt kreisten Polizeihelikopter. Vor den geschlossenen U-Bahnstationen herrschte ebenfalls Chaos. Viele Menschen hatten von dem vermeintlichen Anschlag noch nichts gehört und zeigten sich schockiert. „Wie ich jetzt nach Hause kommen soll, weiß ich noch nicht“, sagte eine Passantin.

Die Art des Anschlags erinnert an die Attacken auf den Berliner Weihnachtsmarkt und den Anschlag in Nizza. Der schwedische Terrorexperte Magnus Ranstorp warnte jedoch davor, zu große Parallelen zu den beiden anderen Attentaten zu ziehen. „Wir wissen einfach noch viel zu wenig über die Hintergründe“, sagte er.

In Schweden hatte es einen terroristischen Anschlag zuletzt vor zehn Jahren gegeben. Damals hatte sich ein Mann in der Innenstadt in die Luft gesprengt. Außer ihm kamen aber keine weiteren Menschen ums Leben.

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