Treffen mit Jim Mattis Von der Leyen in den USA

Bei ihrem Besuch in den USA hat Ursula von der Leyen Übereinstimmungen mit ihrem US-Amtskollegen Jim Mattis entdeckt. Trotz Mattis' Bekenntnis zur Nato - auf Deutschland könnten neue Forderungen und Aufgaben zukommen.

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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen trifft US-Verteidigungsminister James Mattis. Quelle: dpa

Der ehemalige Marineinfanterist Jim Mattis ist so ziemlich das Gegenteil dessen, wofür die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump steht: Der Verteidigungsminister gilt als belesen, guter militärischer Führer, Freund der Nato und Warner vor Russland. Angesichts der Schimpftiraden Trumps gegen Freund und Feind scheint er aus einer anderen Welt zu kommen.

Kein Wunder, dass sich seine deutsche Kollegin Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch in den USA sichtlich angetan vom zeigt. Für sie dürfte Mattis auf absehbare Zeit zum wichtigsten Verbündeten in Washington werden. Doch der ehemalige General hat mächtige Gegenspieler im Weißen Haus. Es ist nicht ausgemacht, dass er seine Positionen gegen sie durchsetzen kann - und damit bleiben für Deutschland trotz Mattis' warmer Worte in der Sicherheitspolitik der Amerikaner viele Unbekannte.

Zunächst aber ist es Balsam auf die Seele der verunsicherten Europäer, wie Mattis seinem ersten Gast vom alten Kontinent begegnet: "Ich hätte gern Ihren Rat und möchte wissen, wie Sie die Dinge sehen", begrüßt er seine Kollegin und setzt sich damit vom aggressiven Tonfall ab, dessen Trump sich zuletzt bediente. Was die Ministerin später aus dem Gespräch berichtet, wäre früher als Floskel kaum erwähnt worden. Doch unter Trump bekommt es Nachrichtenwert, wenn sich ein US-Verteidigungsminister klar zur Nato bekennt und die Einhaltung internationalen Rechts von Russland fordert. Im Gegenzug signalisiert von der Leyen Deutschlands Bereitschaft, mehr Lasten in der Nato zu schultern.

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So weit, so harmonisch. Doch Mattis hat von Trump den ambitionierten Auftrag erhalten, binnen 30 Tagen eine Strategie gegen die Extremistenmiliz IS auszuarbeiten. Wie der neue Plan aussehen wird, lässt sich nicht abschätzen. Militärische Himmelfahrtskommandos sind mit Mattis, der Truppen im Irak und Afghanistan führte, wohl nicht zu erwarten. Gut möglich auch, dass seine Strategie nicht ganz so kriegerisch und global wird, wie Trumps Forderungen zunächst klangen. Vorstellbar ist aber, dass Mattis von den Nato-Partnern einen stärkeren Beitrag im neuen, wie auch immer gearteten Kampf der USA gegen den IS fordert. Denn Trump kritisierte die Militärallianz vor allem deshalb als überholt, weil sie nicht gegen den Terror gekämpft habe.

Forderungen nach Erhöhung des Wehretats reißen nicht ab

Forderungen nach einem größeren Beitrag im Kampf gegen den IS könnten auch die Deutschen treffen, von denen die USA seit langem ein stärkeres Engagement in Kampfeinsätzen verlangen. Deutschland scheue noch immer Einsätze, in denen Menschen erschossen und Ziele bombardiert würden, bemängeln US-Militärs. Sie hätten sich mehr davon versprochen, als die Bundesregierung 2014 ankündigte, militärisch mehr Verantwortung in der Welt übernehmen zu wollen. Mit der neuen US-Regierung könnte es für Deutschland nun zum Schwur kommen - sei es bei einem Einsatz gegen den IS oder anderswo.

Auch die Forderungen nach einer Erhöhung des Wehretats dürften nicht abreißen, obwohl Deutschland die Ausgaben zuletzt deutlich nach oben fuhr. Um das Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erreichen, müsste von der Leyen die Investitionen in die Bundeswehr allerdings fast verdoppeln - auch für ein wirtschaftlich starkes Land ein Herkules-Akt, der einige Zeit brauchen dürfte.

So bekennt sich die Bundesregierung zwar seit der Ukraine-Krise mit einer neuen Ernsthaftigkeit zu dem Ziel, vermeidet es aber sorgfältig, einen Zeitrahmen zu nennen.

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Wie heftig die Forderungen der USA an Deutschland ausfallen werden, dürfte maßgeblich davon abhängen, wer den Kurs der amerikanischen Außen- und Sicherheitspolitik bestimmt. Setzen sich Mattis und Außenminister Rex Tillerson mit ihren gemäßigteren Vorstellungen durch, wird die Bundesregierung wohl einen Kompromiss finden. Einiges spricht für diese Variante, zumal Trump Mattis in höchsten Tönen lobt und ihm bereits beim Thema Folter - die der ehemalige General im Gegensatz zu Trump ablehnt - das letzte Wort gelassen hat.

Im Kampf um die Deutungshoheit gegenüber dem Präsidenten hat Mattis jedoch etliche Rivalen in dessen engstem Zirkel, darunter den Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn und Trumps Chefstrategen Steve Bannon. Schwenkt der Präsident auf deren radikaleren Kurs ein, könnte Deutschland in schwierigeres Fahrwasser geraten. Wo die Reise für die USA hingehen wird, ist noch nicht absehbar. Erst Konturen des Richtungskampfes dürften sich am kommenden Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz abzeichnen, wo neben Mattis etliche weitere prominente US-Politiker erwartet werden.

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