Trump unter Druck „Kein Politiker in der Geschichte wurde unfairer behandelt“

Die jüngste Trump-Enthüllung hat das Potenzial einer Staatsaffäre. Hat Trump versucht, die Justiz zu behindern? Es wäre die bisher größte Bedrohung seiner Präsidentschaft. Putin führt die Amerikaner derweil vor.

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Der US-Präsident soll laut „New York Times“ den damaligen FBI-Chef James Comey gebeten haben, Ermittlungen einzustellen. Quelle: Reuters

Washington US-Präsident Donald Trump ist wegen des angeblichen Eingriffes in die Unabhängigkeit der Justiz erheblich unter Druck geraten. Mit Justin Amash brachte erstmals auch ein Abgeordneter aus Trumps eigener republikanischer Partei ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten ins Spiel. Trump selbst hält die Vorwürfe für den Teil einer Schlammschlacht von Kritikern und Medien gegen ihn. „Kein Politiker in der Geschichte wurde schlimmer oder unfairer behandelt“, sagte Trump am Mittwoch vor Kadetten der US-Küstenwache. Er wolle sich nicht von seinen Zielen ablenken lassen.

Unterdessen hat Russlands Staatschef in ungewöhnlicher Weise auf die Vorwürfe gegen Trump reagiert, dieser habe dem russischen Außenminister Sergej Lawrow bei dessen Besuch vergangene Woche im Weißen Haus sensibles Geheimdienstmaterial preisgegeben. Er sei bereit, dem US-Senat die Aufzeichnungen der Gespräche zur Verfügung zu stellen, sagte Putin in Sotschi. In Washington rief dies Stirnrunzeln hervor. Die Verwendung russischer Aufzeichnungen über Gespräche im Büro des US-Präsidenten durch den US-Kongress kämen einer grenzenlosen Blamage Washingtons gleich.

Nur einen Tag nachdem Trump wegen des möglichen Geheimdienst-Ausrutschers auch international unter Beschuss geraten war, wurden noch schwerere Vorwürfe bekannt. Einem Bericht der „New York Times“ und anderer Medien zufolge solle er den damaligen FBI-Chef James Comey gebeten haben, die Ermittlungen gegen Ex-US-Sicherheitsberater Michael Flynn wegen dessen Russland-Kontakten einzustellen. Die Zeitung beruft sich dabei auf eine Gesprächsnotiz, die Comey zu einem Treffen mit Trump am Tag nach dem Rücktritt Flynns im Februar verfasst habe. Das Weiße Haus widersprach den Berichten unmittelbar.

Sollten die Berichte der Zeitung und anderer US-Medien stimmen, hätte der US-Präsident versucht, auf das Justizministerium und laufende Ermittlungen der Bundespolizei Einfluss zu nehmen. Es wäre der bisher größte Skandal seiner Präsidentschaft. Das Memo lag der „New York Times“ nicht vor. Ein Vertrauter des kürzlich entlassenen Comey las den Angaben zufolge Passagen daraus einem Reporter vor.

Das Weiße Haus erklärte, Trump habe niemals um eine Einstellung jedweder Ermittlungen gebeten, auch nicht gegenüber Flynn. Der Präsident habe den größten Respekt für die Behörden der Strafverfolgung und für alle Ermittlungen. Es handele sich um keine akkurate Wiedergabe einer Unterredung Trumps mit Comey.

Der Geheimdienstausschuss des US-Senats lud den von Trump inzwischen entlassenen Comey am Mittwoch ein, vor dem Ausschuss der Kammer in öffentlicher und nicht-öffentlicher Sitzung auszusagen. Außerdem bat der Ausschuss das FBI, mögliche Aufzeichnungen zur Kommunikation zwischen Comey und Vertretern des Weißen Hauses vorzulegen.

In dem Treffen am 14. Februar soll Trump zu Comey über die Flynn-Ermittlungen gesagt haben: „Ich hoffe, Sie können das sein lassen.“ Den Berichten der „New York Times“, der „Washington Post“, von CNN und anderen Medien zufolge versicherte Trump Comey mehrfach, Flynn sei ein „anständiger Kerl“ und habe nichts Falsches getan.


Ryan stellt sich hinter Trump

Ob die Affäre Trumps Verbleib im Amt gefährden könnte, hängt auch von seiner Partei ab. Die Republikaner stellen die Mehrheit in beiden Parlamentskammern. Nur das Repräsentantenhaus kann ein Amtsenthebungsverfahren einleiten.

Der republikanische Vorsitzende des Aufsichtsausschusses im Abgeordnetenhaus, Jason Chaffetz, veröffentlichte am Dienstag einen Brief, den er an den Übergangs-FBI-Chef Andrew McCabe geschrieben hatte. Darin fordert Chaffetz bis zum 24. Mai die Herausgabe aller Dokumente und Aufnahmen zur Kommunikation zwischen Comey und Trump.

So könne der Ausschuss prüfen, ob der Präsident versucht habe, die FBI-Ermittlungen zu beeinflussen oder zu behindern. Chaffetz berief sich auf den Bericht der „New York Times“, dem zufolge Comey zu jedem seiner Gespräche mit Trump Memos geschrieben hatte.

Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, sagte am Mittwoch: „Wir brauchen die Fakten. Wir müssen unserer Aufsichtspflicht genüge tun, unabhängig davon, welche Partei im Weißen Haus ist.“ Jetzt sei die Zeit, alle sachdienlichen Informationen zu sammeln.

Es habe zuletzt viel Berichterstattung gegeben. Diese verdiene genaue und nüchterne Untersuchungen, sagte Ryan. „Es ist offensichtlich, dass da draußen einige Leute unterwegs sind, die dem Präsidenten schaden wollen“, sagte er.

Flynn hatte im Februar nach weniger als einem Monat im Amt als nationaler Sicherheitsberater zurücktreten müssen, weil er noch vor dem Amtsantritt Trumps mit dem russischen Botschafter Gespräche über US-Sanktionen gegen Russland geführt und dies verheimlicht hatte. Die Flynn-Affäre ist die bisherige Spitze mannigfaltiger Vorwürfe, Trumps Wahlkampfteam habe gemeinsame Sache mit Russland gemacht.

Der Präsident entließ Comey am 9. Mai fristlos. „James Comey sollte hoffen, dass es keine Aufnahmen unserer Gespräche gibt, bevor er beginnt, Inhalte an die Presse zu leaken!“, twitterte Trump drei Tage später.

Zahlreiche Demokraten äußerten die Hoffnung, dass Comey nun zu einer öffentlichen Aussage in den Kongress komme, um zu Existenz und Inhalt des fraglichen Memos Stellung zu nehmen. Auch der republikanische Senator Lindsey Graham, ein Trump-Kritiker, lud Comey ein.

Trumps Präsidentschaft wurde von Anbeginn vom Vorwurf überschattet, Russland habe die US-Wahl 2016 beeinflusst und sein Wahlkampfteam habe dazu mit Moskau Absprachen getroffen. Trump hat das immer zurückgewiesen. Das FBI untersucht diese Vorwürfe. Kritiker werfen Trump vor, diese Untersuchungen seien der wahre Grund für Comeys Entlassung gewesen.

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