Trumps Russland-Affäre Sonderermittler Mueller geht in die Offensive

In der Russland-Affäre von Donald Trump hat Sonderermittler Robert Mueller nun die ersten Anklagen erhoben. Schon am Montag könnte es wohl Festnahmen geben. Im Weißen Haus liegen die Nerven blank.

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Die Ermittlungen des ehemaligen FBI-Direktors könnten schon am Montag zu den ersten Festnahmen führen. Quelle: Reuters

Berlin Es war still geworden um die Ermittlungen zur Russland-Affäre von US-Präsident Donald Trump. So still, dass konservative Medien begannen, ihre Einstellung zu fordern. Doch jetzt zeigt sich, dass die Stille der vergangenen Wochen kein Zeichen für Ergebnislosigkeit, sondern im Gegenteil für sorgfältige und erfolgreiche Ermittlungsarbeit war.

Washington befindet sich in politischer Alarmbereitschaft, seit sich am Wochenende die Nachricht verbreitete, dass Sonderermittler Robert Mueller die ersten Anklagen vor einem Geschworenengericht erhoben hat. Nach übereinstimmenden Berichten von CNN und Wall Street Journal könnten schon an diesem Montag Festnahmen folgen. Der Verdacht auf illegale Kontakte zu russischen Geheimdiensten hat sich zu einer schweren Belastung für Trump entwickelt. Seine Gegner jubeln bereits: „Its Mueller Time“. Doch wie eng es für die Regierung tatsächlich wird, ist derzeit nur schwer abzuschätzen.

Der frühere FBI-Direktor Mueller soll im Auftrag des Justizministeriums die Einmischung Moskaus in die amerikanischen Präsidentschaftswahlen aufklären. Gegen wen sich seine Anklagen richten, ist noch nicht bekannt. Die Spekulationen überschlagen sich. Als wahrscheinlich gilt jedoch, dass die Beschuldigten aus dem politischen, vielleicht sogar dem familiären Umfeld des Präsidenten stammen. Im Juli hatten FBI-Agenten das Haus von Trumps Wahlkampfmanager Paul Manafort in Virginia durchsucht. Eine Anzeige gegen ihn könnte auch ein strategischer Zug von Mueller sein, um Manafort zur Kooperation bei den Ermittlungen zu bringen, vermuten Insider aus Muellers Umfeld.

Im Visier der Ermittler befindet sich zudem Trumps Kurzzeit-Sicherheitsberater Michael Flynn, der schon im Februar nach drei Wochen im Amt wegen seiner Russland-Verbindungen zurücktreten musste. Auch Trumps Sohn Donald Jr., Trumps Schwiegersohn Jared Kushner sowie die republikanischen Politikberater Roger Stone und Carter Page sind tief in die Affäre verstrickt.

Trumps Russland-Connection beschäftigt die USA seit mehr als einem Jahr. Dass Moskau mit Cyberattacken auf die Demokraten und Fake-News-Kampagnen in Onlinenetzwerken zu Gunsten des New Yorker Milliardärs in den Wahlkampf eingegriffen hat, ist weitgehend unstrittig. Die US-Geheimdienste sind übereinstimmend zu diesem Schluss gelangt.

Bewiesen ist zudem, dass es Kontakt zwischen Trumps Team und Personen aus dem Kreml-Umfeld gab. Wie im Sommer bekannt wurde, empfingen Donald Jr., Manafort und Kushner die Kreml-nahe Anwältin Natalia Veselnitskaya im New Yorker Trump Tower, nachdem ein Mittelsmann belastendes Material über die demokratische Kandidatin Hillary Clinton versprochen hatte. Die Frage, der Mueller nachgehen muss, lautet: Waren diese Kontakte illegal, gab es widerrechtliche Absprachen zwischen Moskau und Trumps Wahlkampfteam? Und wenn ja, was wusste der Präsident?


Ein denkbar schlechter Zeitpunkt für die Republikaner

Muellers Mandat ist weit gefasst. Er kann die Russlandgeschäfte der Trump Organisation und der Gehilfen des Präsidenten ebenso unter die Lupe nehmen wie Trumps Entscheidung, FBI-Chef James Comey zu entlassen. Neben Wahlkampfabsprachen mit einer fremden Macht könnte Mueller somit auch Finanzvergehen und Justizbehinderung zur Anklage bringen. Gerade deshalb stellen die Ermittlungen für Trump eine so ernste Bedrohung dar.

Die Strategie des Weißen Hauses läuft darauf hinaus, Muellers Arbeit zu diskreditieren. Der Präsident klagt über eine „Hexenjagd“ und versucht die Aufmerksamkeit auf Clinton und die Demokraten zu lenken. „Ich habe noch nie so viel Zorn und Einigkeit bei den Republikanern gesehen“, schrieb Trump auf Twitter und forderte Ermittlungen gegen Clinton wegen eines Urangeschäfts mit Russland und der Löschung von Emails. Eigentlich hatten die Juristen der Regierung den Präsidenten dringend empfohlen, sich nicht mehr zu der Affäre zu äußern – um sich nicht zu belasten. Doch die Nerven liegen blank. Trumps Getreuer Roger Stone twitterte sich derart in Rage, dass das Onlinenetzwerk seinen Account sperrte.

Für die Republikaner kommt die Anklageerhebung zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. In den nächsten Wochen wollen sie eine Steuerreform durch den Kongress peitschen. Der Widerstand gegen ihre Politik ist ohnehin schon groß genug.

Sollte Mueller wirklich gegen Vertraute oder gar gegen die Familie des Präsidenten vorgehen, droht eine Staatskrise, wie sie die USA seit dem Watergate-Skandal in den 70er Jahren nicht erlebt haben. Trump kann Mueller nicht selbst absetzen. Er kann auch nicht seinen Justizminister Jeff Sessions damit beauftragen – Sessions hält sich wegen Befangenheit aus den Russland-Ermittlungen heraus. Stattdessen müsste Trump Vizejustizminister Rod Rosenstein entlassen, der Mueller berufen hat, und so lange die Hierarchiestufen des Justizministerium durcharbeiten, bis er jemanden finden würde, der ihm Mueller vom Hals schafft. Richard Nixon bediente sich dieser Methode als ihm die Watergate-Ermittlungen zu nahe kamen. Kurze Zeit später wurde er aus dem Amt getrieben.

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