Diese Gefahr mag nun fast abgewendet sein. Aber auf einem anderen Blatt steht, in welchem Maße Trump und die Republikaner von der nunmehr wahrscheinlichen Steuerreform profitieren werden, wie lange - und ob überhaupt. Spätestens seit der Entwicklungen um Flynn ist klar, dass die Russland-Ermittlungen weitergehen, Trump und das Weiße Haus möglicherweise bis zur Kongresswahl begleiten werden - wohl mit immer neuen Schlagzeilen und Enthüllungen. Und Trump-Tweets.
Bestenfalls bleibt es eine Ablenkung für den Präsidenten, aber es könnte schlimmer kommen. So fällt in der Russland-Affäre neben dem Namen von Schwiegersohn Jared Kushner auch der von Donald Trump Junior immer häufiger.
Dagegen könnte Trumps Steuerreform-Erfolg rasch verblassen. Wenn das Gesetz durch ist, wird Trump es im kommenden Kongresswahljahr zwar immer wieder als enorme Errungenschaft herausstellen, und reiche Spender, die wie Trump selber zu den großen Gewinnern der geplanten Reform zählen, werden es ihm danken. Aber Experten verweisen darauf, dass Steuersenkungen historisch in der breiten Bevölkerung wenig zur Kenntnis genommen werden.
Was Sie über Trumps Steuerreform wissen müssen
Das derzeit wichtigste Projekt von US-Präsident Donald Trump, die große Steuerreform, steht vor seiner wohl höchsten Hürde: Die Republikaner im Senat müssen ihren Gesetzentwurf durch die Kongresskammer bringen, in der bereits der Rückbau der Gesundheitsreform Obamacare scheiterte. Nur dann kann ihre Vorlage mit der aus dem Repräsentantenhaus zu einem endgültigen Gesetzespaket zusammengeführt werden.
Trump versprach den Amerikanern, einen Plan auszuarbeiten, der „spektakulär für Wachstum und spektakulär für die Menschen dieses Landes“ sein werde. Die Steuersätze werden nach Angaben Trumps sinken, die Steuergesetze vereinfacht und das Jobwachstum angekurbelt.
Die Republikaner stehen vor mehreren Herausforderungen. Zunächst ist ihre Mehrheit im Senat mit 52 zu 48 Sitzen klein. Da es in den USA keinen Fraktionszwang gibt, müssen skeptische Parteikollegen überzeugt oder zumindest überredet werden. Die Demokraten lehnen die Vorlage geschlossen ab; bei einem Patt darf auch Vize-Präsident Mike Pence abstimmen. Damit können sich die Republikaner unter dem Strich genau zwei Abweichler leisten.
Einen gibt es bereits. Am 22. November kündigte Ron Johnson aus Wisconsin an, nicht für die Vorlage zu stimmen. Gleich sieben weitere Senatoren werden als Wackelkandidaten gehandelt: Rand Paul hat sich noch nicht festgelegt; Bob Corker, Jeff Flake und James Lankford stehen jedem Gesetz erst einmal kritisch gegenüber, das wie in diesem Fall die Staatsverschuldung erhöhen könnte; John McCain, Lisa Murkowski und Susan Collins könnten sich an der Koppelung der Steuerreform mit einem Rückbau von Obamacare stören.
Eine Verabschiedung des Entwurfs mit einfacher Mehrheit gilt nur unter gewissen inhaltlichen Bedingungen, ansonsten muss die in der Kammer übliche Schwelle von 60 "Ja"-Stimmen erreicht werden. Dass gleich acht Demokraten die Seite wechseln, gilt als so gut wie ausgeschlossen.
Auch die Zeit arbeitet gegen die Republikaner. Während das Repräsentantenhaus seine Vorlage vergleichsweise schnell durchbrachte, kommt dem Senat jetzt die einwöchige Sitzungspause über Thanksgiving dazwischen. Diskutiert wird über eine Abstimmung am 30. November, was den Gegnern Zeit geben würde, sich zu sammeln.
So ist es auch Ex-Präsident Barack Obama seinerzeit ergangen, der sein Konjunkturprogramm 2009 mit Steuererleichterungen verknüpft hatte. „Wir im Weißen Haus hatten den Eindruck, dass keiner das registriert hat“, schildert Obamas einstiger Wirtschaftsberater Jason Furman.
Umgekehrt bauen die Demokraten darauf, dass manche Wähler sehr unglücklich sein werden, wenn sich im kommenden Jahr herausstellt, dass sie am Ende statt weniger mehr Steuern zahlen. Das trifft vor allem Vorstadt-Bewohner an der Ost-und Westküste - die möglicherweise wahlentscheidend sind. Schon jetzt ist klar, mit welchem Slogan die Demokraten in den Kongresswahlkampf gehen werden. Die Steuerreform als riesige Mogelpackung, ein Geschenk für die Reichen.
„Heute ist vielleicht der erste Tag einer neuen Republikanischen Partei - einer, die die Steuern für die Mittelschicht erhöht“, gab der Topdemokrat im Senat, Chuck Schumer, nach der nächtlichen Abstimmung die Parole vor. Könnte also die Steuerreform am Ende zu einem Pyrrhus-Sieg für Trump werden? Was wird, wagt derzeit niemand vorauszusagen - zumal bei einem derart unberechenbaren Präsidenten.