Türkei nach dem Putschversuch EU-Kommission wirft Türkei Verstöße gegen Rechtsstaatlichkeit vor

Könnte sich die Türkei wieder von der Demokratie abwenden? Die EU misstraut Erdogan. Vor allem wegen der Festnahme von Richtern nach dem gescheiterten Umsturz.

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Eine Spezialeinheit der türkischen Polizei Quelle: dpa

Die türkische Regierung gerät wegen ihres Vorgehens gegen mutmaßliche Unterstützer des Putschversuches zunehmend unter internationalen Druck. Bei einem EU-Außenministertreffen in Brüssel zeigten sich etliche Teilnehmer tief besorgt über die Entwicklungen in dem Land, das auch EU-Beitrittskandidat ist. Die EU-Kommission warf den Staatsführung um Präsident Recep Tayyip Erdogan sogar Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit vor.

"Der Präsident ist an der Macht"
An der Brücke feiern Regierungsanhänger das Ende des blutigen Militärputsches. Quelle: AP
In der Hauptstadt Ankara soll es weiterhin Schusswechsel geben. Hier gehen Zivilisten in Deckung. Quelle: REUTERS
Ankara in den frühen Morgenstunden Quelle: REUTERS
Chaos in Istanbul Quelle: AP
Erdogan am Flughafen Istanbul-Atatürk Quelle: REUTERS
Erdogan-Unterstützer warten Quelle: REUTERS
„Der Präsident ist an der Macht“, sagte Erdogan bei einer Pressekonferenz nach seiner Ankunft. Die Regierung werde hart gegen die Putschisten vorgehen. Quelle: AP

Man habe sofort nach den Ereignissen die Erwartung geäußert, dass die Aufarbeitung nach internationalem Recht erfolge, sagte der für die EU-Beitrittskandidaten zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn am Montag in Brüssel vor einem Treffen der EU-Außenminister. „Nach dem, was wir sehen, ist das nicht wirklich der Fall.“

Hahn zeigte sich speziell über die Festnahme von Richtern beunruhigt. „Das ist genau das, was wir befürchtet haben“, sagte er. Zudem äußerte er die Vermutung, dass die türkische Regierung ein Vorgehen gegen Gegner bereits länger geplant hatte. „Dass Listen direkt nach den Vorkommnissen vorhanden waren, deutet darauf hin, dass sie vorbereitet waren und zu einem bestimmtem Moment genutzt werden sollten“, sagte er.

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Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault sagte: „Wir müssen aufpassen, dass die türkischen Behörden kein System einrichten, das sich von der Demokratie abwendet.“ Die Türkei habe in den vergangenen Jahren viele Fortschritte gemacht und Reformen abgeschlossen, nun bestehe aber offensichtlich die Gefahr einer Kehrtwende.

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn kritisierte explizit das Vorgehen gegen Justizvertreter sofort nach dem Ende des Putschversuchs. „Es ist befremdlich, dass einige Stunden nach dem Versuch fast 3000 Richter abgesetzt werden“, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“ In einem Rechtsstaat müsse die Gewaltenteilung respektiert werden. Statt mit Emotionen und starken Worten zu reagieren müsse sich die Türkei jetzt selbstkritisch fragen, wie es zu dem Umsturzversuch kommen konnte, forderte Asselborn.

Der neue britische Außenminister Boris Johnson kommentierte, alle Seiten sollten nun Zurückhaltung und Mäßigung zeigen.

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