Ankara In Ankara hat am Montag der Prozess gegen 221 mutmaßliche Beteiligte am gescheiterten Staatsstreich gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan begonnen. Die Angeklagten, unter ihnen 27 ehemalige Generäle, wurden in einer langen Reihe in das extra errichtete Gerichtsgebäude geführt – jeder von zwei Polizisten bewacht. Anhänger der Regierungspartei AKP beschimpften sie und forderten die Todesstrafe, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Einige warfen eine Galgenschlinge nach ihnen.
Den Angeklagten wird vorgeworfen, am 15. Juli vergangenen Jahres versucht zu haben, Regierung und Parlament zu stürzen. Sie sind außerdem angeklagt, Anführer einer bewaffneten Terrorgruppe zu sein und etwa 250 Menschen ermordet zu haben. Auch hätten sie versucht, Erdogan zu töten.
Hauptangeklagte sind Ex-Luftwaffenchef Akin Öztürk und andere mutmaßliche Mitglieder des sogenannten Rates für Frieden und Heimat, der sich in der Putschnacht in einer Fernsehbotschaft an die Bevölkerung gewandt hatte. Erdogan hat den in den USA lebenden Geistlichen Fetullah Gülen als Drahtzieher des Putsches bezeichnet. Gülen bestreitet den Vorwurf. Gegen ihn und acht weitere Personen wird in Abwesenheit verhandelt.
Allen Angeklagten droht bei einem Schuldspruch lebenslange Haft. Die Todesstrafe ist in der Türkei abgeschafft. Erdogan will über ihre Wiedereinführung abstimmen lassen, doch dürfte sie dann nicht rückwirkend gelten.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte in einem am Montag veröffentlichten Bericht die Entlassung Zehntausender öffentlicher Angestellter nach dem Putsch. Lehrer, Ärzte, Dozenten, Polizisten und Soldaten seien als „Terroristen“ bezeichnet worden. Willkürliche Entlasssungen hätten ihnen und ihren Familien die Lebensgrundlage entzogen.
Nach Putsch sind mehr 100.000 Menschen aus öffentlichen Anstellungen entlassen, 47.000 wurden festgenommen.