Türkei und EU Abgeordnete wollen Beitrittsgespräche einfrieren

Die EU-Abgeordneten wollen nicht länger bei den Verhaftungen in der Türkei zusehen. Nun haben sie ein „vorübergehendes Einfrieren“ der Beitrittsgespräche gefordert. Die entscheidenden Schritte müssen aber andere gehen.

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„Egal wie das Resultat ausfällt, diese Abstimmung hat für uns keinen Wert.“ Quelle: AP

Straßburg Das Europaparlament hat eine klare Botschaft an die Türkei und die Spitzen der EU-Mitgliedstaaten: Ein „Weiter so“ könne es in den Beziehungen zu Ankara nicht geben. Die Abgeordneten wollen deshalb am Donnerstag in einer Resolution fordern, dass die Gespräche über einen Beitritt des Landes zur Europäischen Union (EU) eingefroren werden. Zu gravierend sind derzeit ihre Bedenken mit Blick auf den Rechtsstaat und die Menschenrechtslage in dem Land.

Seit dem Putschversuch wurden nach Medienangaben mehr als 36.000 Menschen in Untersuchungshaft genommen. Mehr als 75.000 zivile Staatsbedienstete und Angehörige der Sicherheitskräfte wurden entlassen, Tausende weitere suspendiert. Die türkische Regierung wirft ihnen Verbindungen zur Bewegung um den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen vor, die sie für den Putschversuch verantwortlich macht.

Die größten Fraktionen hatten sich schon kurz nach der Plenardebatte am Dienstagabend auf einen gemeinsamen Text für die Resolution geeinigt. Danach wird nicht nur ein „vorübergehendes Einfrieren“ der Beitrittsgespräche gefordert, sondern auch eine automatische Suspendierung, sollte die Türkei die Todesstrafe wiedereinführen. Das wäre eine Eskalationsstufe höher, da die Mitgliedstaaten dann einstimmig für eine Wiederaufnahme der Gespräche stimmen müssten. Der Türkei-Berichterstatterin des Europaparlaments, Kati Piri, zufolge käme dies einem Abbruch der Verhandlungen gleich.

Die EU-Kommission, die die Beitrittsverhandlungen führt, ist nicht an die Aufforderung des Parlaments gebunden. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte sich zuletzt dafür ausgesprochen, die Gesprächskanäle offen zu halten. Auch unter den Mitgliedstaaten herrscht eher Zurückhaltung.

Wenig diplomatisch zeigte sich dagegen der türkische Staatspräsident. Bevor die EU-Abgeordneten überhaupt abstimmten, erklärte er schon seine tiefe Missachtung. „Ich rufe allen, die uns vor den Bildschirmen zusehen, und der ganzen Welt zu: Egal wie das Resultat ausfällt, diese Abstimmung hat für uns keinen Wert“, sagte Recep Tayyip Erdogan am Mittwoch in Istanbul.

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