Ukraine-Krise Außenpolitiker drängen auf Lösung des Krim-Problems

Bundeskanzlerin Angela Merkel hält bisher an den Sanktionen gegen Russland in der Ukraine-Krise fest. Außenpolitiker halten dagegen eine Lockerung für möglich, wenn sich Moskau in der Krim-Frage bewegt.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht keinen Grund, von den Sanktionen gegen Russland abzurücken. Quelle: Reuters

Berlin Zentral für eine Entspannung zwischen dem Westen und Russland ist nach Ansicht deutscher Außenpolitiker die Lösung des Krim-Problems. Die Ukraine-Russland-Krise müsse politisch bewältigt werden. „Gegenstand einer politischen Lösung sind neben der Lösung der Krim-Frage am Ende auch die Aufhebung der Sanktionen“, sagte der Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe, Karl-Georg Wellmann (CDU), dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Es ist deshalb sinnvoll, wenn wir uns gemeinsam mit der Ukraine Gedanken über die Rahmenbedingungen einer solchen Lösung machen.“

Wellmann verwies auf ein Memorandum des deutsch-ukrainischen Forums, dessen stellvertretender Vorsitzender er ist. In dem Papier, das im Oktober in Wien von einem Runden Tisch erarbeitet wurde, heißt es: „Der völkerrechtswidrige Zustand der Besetzung der Krim kann nur durch eine Vereinbarung zwischen der Ukraine und Russland überwunden werden, die international bestätigt und garantiert werden soll.“

Gegenstand einer solchen Vereinbarung müsse etwa ein umfassender Grundrechtsschutz für alle auf der Krim lebenden Menschen sein. Gewährleistet sein müsse zudem Niederlassungsfreiheit und freie unternehmerischer Betätigung sowie ein umfassender Schutz von Investitionen und privaten Eigentums. "Eine politische Lösung wird es nur geben, wenn es für alle drei beteiligten Seiten, die Ukraine, Russland und den Westen, zu einem am Ende vorteilhaften Ergebnis kommt", sagte Wellmann.

Auch aus Sicht des europapolitischen Sprechers der Grünen-Bundestagsfraktion, Manuel Sarrazin, ist eine Lockerung der Sanktionen gegenüber Russland nur denkbar, wenn die völkerrechtswidrige Annexion der Krim geklärt wird. „Dafür kommt meines Erachtens aber auf keinen Fall eine Legalisierung des groben Völkerrechtsverstoßes Russlands ins Betracht, sondern nur ein Heilen durch den Kreml selber“, sagte Sarrazin dem Handelsblatt (Online-Ausgabe).

Eine „ausgehandelte Kompensation“ oder ähnliches stelle letztlich genauso das Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen in Frage, wie die Annexion durch Russland selbst. „Davor, eine solche Büchse der Pandora zu öffnen und sich gleichzeitig noch auf Zusagen des Kreml einseitig verlassen zu wollen, die in den letzten Monaten für das Handeln Russlands absolut wertlos waren, kann ich nur warnen“, so Sarrazin.

Der Grünen-Politiker wandte sich damit gegen Vorschläge des Chefs des deutsch-russischen Forums Matthias Platzeck. Der SPD-Politiker hatte mit Blick auf die Krim dem Handelsblatt (Freitagausgabe) gesagt: Die russische Annexion der Krim sei zwar ein Bruch des Völkerrechts. An der Vorgeschichte sei der Weste aber nicht ganz unschuldig. Daher müsse die Krim-Frage „völkerrechtlich hinnehmbar geregelt werden“. Platzeck sieht dafür mehrere Möglichkeiten - ein neues Referendum, eine Entschädigung für die Ukraine oder die Kombination von beidem.


Merkel bleibt hart

Das deutsch-russische Forum ist eine Initiative von Unternehmen, Politik und anderen Teilen der Gesellschaft zur Förderung der Beziehungen zwischen beiden Ländern in allen Bereichen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht derzeit keine Veranlassung von den Sanktionen gegen Russland abzurücken. Es gebe leider erhebliche Defizite zwischen den Vorgaben des ukrainisch-russischen Friedensplans von Minsk und der bisherigen Umsetzung. „Deshalb sehen wir derzeit keine Möglichkeit, über die Aufhebung von Sanktionen zu sprechen“, sagte Merkel diese Woche in Brüssel. Der Waffenstillstand werde nicht eingehalten - seit Inkrafttreten des Pakts seien über 300 Menschen getötet worden.

Bei den Bemühungen um eine Beilegung des Streits zwischen Moskau und Kiew um russische Gaslieferungen zeigte sich Merkel optimistisch, dass Kiew internationale Hilfe für eine rund drei Monate nötige Vorfinanzierung bekommen könnte. Dabei gehe es darum, dass Russland bereits im Dezember Geld haben wolle und nicht erst im Februar, wenn Hilfen des Internationale Währungsfonds (IWF) für Kiew greifen sollen. „Man sollte bei gutem Willen gute Chancen haben, dafür einen Weg zu finden“, sagte Merkel. Sie betonte: „Jeder Nichtvertrag mit der Ukraine hat Auswirkungen auf die europäische Gasversorgung.“

Platzeck befürchtet, dass das Verhältnis des Westens zu Russland wegen der Ukraine-Krisen dauerhaft geschädigt sein könnte. „Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre alles entspannt ist“, sagte der brandenburgische Ex-Regierungschef. Es sei zu viel kaputtgegangen im Verhältnis zwischen beiden Seiten. Die Spannungen zwischen dem Westen und Russland seien „hochgefährlich, nicht nur volkswirtschaftlich“. Platzeck äußerte den Eindruck, „dass der Westen insgesamt auf die derzeitige Situation nicht vorbereitet, vielleicht sogar mit ihr überfordert ist“.

Die deutsche Wirtschaft hält ungeachtet der politischen Spannungen Kontakt zur russischen Regierung. Gerade erst trafen sich die Chefs großer internationaler Konzerne, darunter auch deutscher Dax-Firmen wie Bayer und BASF, mit Russlands Regierungschef Dmitrij Medwedjew.

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