Ukraine-Regionalwahlen Vitali Klitschko als Kiewer Bürgermeister wiedergewählt

Die Führung in Kiew sieht sich nach Regionalwahlen in ihrem proeuropäischen Kurs gestärkt. Als Bürgermeister der Hauptstadt warnt Ex-Boxer Vitali Klitschko aber vor überzogenen Erwartungen.

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Der ehemalige Boxchampion und amtierende Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, bleibt im Amt. Quelle: dpa

Geboren in Kirgistan, gereift im Boxring: Vitali Klitschko hat einen steinigen Weg zur Politik genommen. Nun wurde er als Bürgermeister von Kiew wiedergewählt. Ausruhen auf dem Erfolg kann sich der 44-Jährige inmitten der ukrainischen Dauerkrise aber nicht.

Mit seiner klaren Wiederwahl als Bürgermeister der Millionenmetropole Kiew hat der ukrainische Ex-Boxer jedoch eindeutig den vorläufigen Höhepunkt seiner politischen Karriere erreicht. Wie bei seinem ersten Triumph im Frühjahr 2014 beruht der Erfolg aber eher auf einem Vertrauensvorschuss. Denn für konkrete Ergebnisse war die erste Amtszeit von 18 Monaten schlicht zu kurz. Klitschko ist nun für fünf Jahre gewählt - und muss liefern. Denn Vorschusslorbeeren bleiben auch in der krisengeschüttelten Ukraine nicht zeitlos frisch.

Klitschko versprach personelle Änderungen in der Stadtverwaltung. Die Zeit der Populisten sei vorbei. Gleichzeitig warnte er vor allzu großen Hoffnungen auf sofortige Veränderungen in der Millionenstadt. „Es existieren sehr große Erwartungen, jeder möchte ein schnelles Ergebnis. Man sagt, dass Klitschko alle Probleme k.o. schlagen muss“, meinte er in einem Interview des Internetsenders Hromadske.tv.

Sein Gegenkandidat, der nationalistische Abgeordnete Borislaw Berjosa (41), erhielt 33,51 Prozent. Enttäuscht zeigten sich die Politiker über die niedrige Beteiligung. Der Wahlleitung zufolge gaben landesweit etwa 34 Prozent der Berechtigten ihre Stimme ab. Beim ersten Wahlgang vor drei Wochen waren dies rund 47 Prozent gewesen. Parteienvertreter und auch die Wahlkommission forderten die Abschaffung der erst im Sommer eingeführten Stichwahl.

International bekannt wurde Vitali Klitschko als Boxweltmeister im Schwergewicht - Kampfname „Dr. Eisenfaust“. Der Weg in die Politik gestaltete sich zunächst schwierig. Nach der prowestlichen Orangenen Revolution in Kiew scheiterte er 2006 und 2008 zweimal bei Bürgermeisterwahlen. Sein Mandat im Stadtrat nahm er kaum wahr - Boxen war dem Doktor der Sportwissenschaften wichtiger. Zunächst blieb Hamburg der Lebensmittelpunkt des Vaters dreier Kinder.

Ernster engagierte er sich nach der Wahl von Viktor Janukowitsch zum Präsidenten des Landes 2010. Vor den Massenprotesten gegen den moskaunahen Politiker 2013 sah er sich bereits als Kandidat der Opposition bei Präsidentenwahlen. Nach dem Sieg der Demonstranten 2014 zog er seine Kandidatur aber zugunsten des späteren Präsidenten Petro Poroschenko zurück und begnügte sich mit dem Bürgermeisteramt.

Nun gelang dem am 19. Juli 1971 in der damaligen Sowjetrepublik Kirgistan geborenen Klitschko die Wiederwahl mit rund 66,50 Prozent.

Landesweit zeichneten sich für die Bürgermeisterposten in 29 Städten Überraschungsgewinne für die Regierungspartei Samopomitsch (Selbsthilfe) ab. Vor allem in den südöstlichen Großstädten gingen die Erfolge zulasten der Vertreter des hochgehandelten Oppositionsblocks, einem Sammelbecken ehemaliger Anhänger des nach Russland geflüchteten Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch.

Experten sehen Samopomitsch vor allem als Partei der städtischen Mittelschicht, die einen patriotischen Kurs vertritt. Innerhalb der Regierungskoalition lehnt die Partei etwa einen Verfassungskompromiss im Rahmen des Minsker Friedensplans ab, der den Separatistengebieten im Osten mehr Eigenständigkeit einräumt.

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