Ukraine und Syrien Russland meidet Zugeständnisse für Krisenherde

Während in Aleppo Menschen sterben, ringen die EU und Russland um eine dauerhafte Feuerpause für die umkämpfte Stadt. Ein neuer Fahrplan für die Ostukraine könnte indes zu einer historischen Premiere führen.

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Der blutige Konflikt in Syrien dauert weiter an. Die Bewohner der zerbombten Städte hoffen derweil auf Frieden. Quelle: dpa

Berlin Humanitäre Hilfe für Aleppo und eine bewaffnete Polizeimission im Donbass: Nach dem Berliner Gipfel mit Russlands Präsident Wladimir Putin gilt es nun, unverbindliche Absichtserklärungen in die Tat umzusetzen. Während die Bundesregierung von unerwartet weitreichenden und konkreten Verabredungen zur Ukraine-Krise sprach, hieß es zum Syrien-Konflikt, man sei noch „sehr weit entfernt“ von einer Einigung.

Als wichtigsten Fortschritt der knapp sechsstündigen und „sehr harten Aussprache“ mit Putin im Kanzleramt, bei der auch die Präsidenten der Ukraine und Frankreichs zugegen waren, bezeichnete Kanzlerin Angela Merkel einen neuen Fahrplan (Roadmap) für die Ostukraine. Das „Ausgangsdokument“ berge aber noch „viele Unstimmigkeiten“. Den Fahrplan sollen nun die Außenminister der vier Länder bis spätestens Ende November ausarbeiten, wie der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erklärte.

Der Friedensprozess im Bürgerkriegsgebiet stockt seit langem. Laut Poroschenko sollen nun mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) – deren Vorsitz Deutschland zurzeit innehat – die Details einer bewaffneten Polizeimission im Donbass geklärt werden. Zudem sei vereinbart worden, die demilitarisierten Zonen dort auszuweiten und mehr Distanz zwischen den Konfliktparteien zu schaffen. Mit Blick auf die momentane Situation im Donbass sprach Merkel von einem „Zustand der täglichen Waffenstillstandsverletzung“.

Zwar sagte Putin, die OSZE-Mission im Donbass könnte ausgedehnt werden. Details nannte er aber nicht. Und die prorussischen Separatisten lehnten eine bewaffnete Polizeimission umgehend ab.

Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, nannte die angedachte Polizeimission im Deutschlandfunk „ein deutliches Entgegenkommen gegenüber der Ukraine“. Allerdings hieß es dazu aus OSZE-Kreisen, es gebe „noch kein konkretes Konzept“.

So sind Art der Bewaffnung, Standort und Größe der Mission noch unklar. An eine Aufrüstung der bisherigen zivilen Beobachtermission, die mit rund 700 Experten das Geschehen protokolliert, ist nach bisherigen Informationen nicht gedacht. In jedem Fall wäre ein neues Mandat nötig, das die 57 OSZE-Staaten einstimmig beschließen müssten. Bisher hat es noch nie eine bewaffnete OSZE-Mission gegeben.

Zur Lösung des blutigen Syrien-Konflikts wurden in Berlin keine greifbaren Erfolge erzielt. Der französische Präsident François Hollande warf den Russen „Kriegsverbrechen“ im syrischen Aleppo vor und forderte einen dauerhaften Waffenstillstand.

Zwar trat am Donnerstagmorgen um 8 Uhr (Ortszeit/7 Uhr MESZ) eine von Russland und Syrien verkündete elfstündige Waffenruhe für Aleppo in Kraft. Dies hatte Moskau schon vor dem Treffen im Kanzleramt angekündigt, um humanitäre Hilfe für die Menschen in der umkämpften Stadt zu ermöglichen. Unklar blieb aber, ob Putin bereit ist, darüber hinauszugehen. Nach dem Berliner Gipfel nannte er als Voraussetzung, dass sich die bewaffneten Gruppen in Aleppo ebenfalls zu einer Feuerpause bereit erklärten. Er schlug zudem vor, die Arbeit an einer neuen syrischen Verfassung und möglichen Neuwahlen zu forcieren.

Merkel verurteilte die Bombardierung Aleppos, für die auch Russland Verantwortung trage, als unmenschlich und grausam. Neue Sanktionen gegen Moskau seien nicht vom Tisch. Hollande sagte, beim EU-Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag werde es eine Diskussion darüber geben. Einige EU-Länder wollen eine härtere Gangart gegen Moskau, entschieden wird diesmal aber wohl noch nichts.

Der Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), äußerte sich im Bayerischen Rundfunk pessimistisch: „Russland hat sich durch die Zusage, (den Waffenstillstand) zu verlängern, ein bisschen Zeit gekauft, aber wir müssen feststellen, dass Russland dort inzwischen nicht mehr Vermittler ist, sondern Kriegspartei.“ Moskau müsse mit Sanktionen für die Rüstungs- und Finanzindustrie belegt werden, „das tut am meisten weh“.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wies derartige Forderungen zurück. „Noch so lautstarke Pressestatements oder Sanktionsandrohungen helfen niemandem, keinem Kind, keiner Mutter, keinem Vater, keinem Kranken oder Verletzten, der in Aleppo Brot oder medizinische Versorgung braucht“, sagte er der „Rheinischen Post“.

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