Umstrittener Bau in der Ukraine Ein 2200-Kilometer-Wall gegen Russland

Der Ukraine droht die Staatspleite, überall muss gespart werden – nur nicht am neuen „Europäischen Schutzwall“. Für 1,7 Milliarden Euro sichert Kiew mit Zäunen und Gräben die Grenze zu Russland.

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In der nordukrainischen Region Tschernigiw steht der Grenzschutz bereits.

Kiew Baustellenbesuch vom Chef: Im Grenzort Senkiwka studiert Arseni Jazenjuk die Blaupläne, inspiziert er Wachtürme, fährt er den gerade errichteten Zaun entlang. Dem ukrainischen Regierungschef gefällt, was er zu sehen bekommt: Die Sperranlage an der Grenze zu Russland wächst. Für „russische Eindringlinge“ ist hier Endstation.

Vor einem Jahr hat die Ukraine begonnen, den Grenzwall zu errichten. Der Besuch Jazenjuks demonstriert: Kiew ist es ernst mit dem Projekt, auch wenn das Ministerkabinett jüngst eine aktualisierte Fassung des Bauplanes vorlegte. Eine meterhohe Mauer – wie zunähst vorgesehen – kommt darin nicht mehr vor, die Zäune sind geblieben. Die Baukosten werden jetzt mit vier Milliarden Griwna, umgerechnet etwa 1,7 Milliarden Euro, angegeben, und das Regierungsprojekt fungiert unter dem Namen „Europäischer Schutzwall“.

Die prowestliche Führung in Kiew wirft Moskau vor, illegal Waffen und Kämpfer für die prorussischen Separatisten im Donbass über die Grenze zu schaffen. Deshalb will sie den Übertritt erschweren. Moskau weist die Vorwürfe zurück und bezeichnet die geplanten Befestigungen als „Provokation“. Auch westliche Politiker hatten Kritik an dem „Mauerbau zwischen Völkern“ geäußert.

Bis 2018 soll die insgesamt rund 2200 Kilometer lange Grenze zwischen der Ukraine und Russland mit einem zusammenhängenden System technischer Anlagen ausgestattet werden. Künstliche Hindernisse, Wachtürme, Zäune und Gräben sollen den illegalen Grenzübertritt erschweren. Die Regierung berichtet zudem von elektronischen Steuerungssystemen, die noch mehr Sicherheit versprechen.

„Wir haben komplett umgedacht, die elektronische Sicherung ist zehnmal effektiver und erlaubt eine Kontrolle der gesamten Grenze“, sagt Ministerpräsident Jazenjuk bei seinem Baustellenbesuch in der nordukrainischen Region Tschernigiw. In diesem Jahr haben die Bauarbeiten in drei weiteren Regionen, in Sumy, Charkiw und Lugansk begonnen, berichtet die Tageszeitung „Segodna“. Die ukrainischen Medien heben hervor, dass vor allem einheimische Firmen mit dem Bau der Grenzschutzanlagen beauftragt wurden.


Hilfe aus dem Westen

Intern ist jedoch die Rede davon, dass die Ukraine sich beim Bau ihres Schutzwalls nicht nur auf eigene Spezialisten verlässt. Mit Experten aus den USA, der EU und aus Israel hätten Konsultationen stattgefunden, berichtet die Nachrichtenagentur Unian.

Auffällig ist, dass die Region Dnipropetrowsk in den aktuellen Plänen erst einmal nicht mehr auftaucht. Deren früherer Gouverneur, der Oligarch Igor Kolomoiskji, hatte sich im vergangenen Sommer für den Bau einer Mauer ausgesprochen. Wie an den Grenzen im Süden der USA oder an der Grenze zum Gaza-Streifen in Israel sollte in der Ostukraine eine meterhohe Mauer gebaut werden. Kolomoiskij war sogar bereit, eigenes Geld für das Projekt aufzuwenden.

Doch die Idee war international auf Kritik gestoßen. Vor allem westliche Länder warfen Kiew vor, eine neue Mauer in Europa errichten zu wollen. In Deutschland fühlten sich viele in das Jahr 1961 zurückversetzt, als in Ost-Berlin die Mauer errichtet wurde, die das Land zweiteilte.

Die Kiewer Pläne sehen eine insgesamt 25 Meter breite Hochsicherheits-Grenzzone vor. Das Gebiet um den Zaun zum Sperrgebiet erklärt werden, zu dem nur Personen und Fahrzeuge mit Sondererlaubnis oder das Personal der ukrainischen Grenzschützer Zugang gehabt haben.

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