Unabhängigkeit Getrennt können Katalonien und Spanien nur verlieren

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In 20 Jahren haben sich die Schulden in Katalonien versiebenfacht

Ein weiteres großes Problem bei einer Abtrennung von Spanien sind die Schulden der Katalanen, die jetzt schon 32 Prozent des katalanischen BIPs ausmachen. In nur 20 Jahren haben die katalanischen Regierenden die Schulden ihrer Region versiebenfacht. Die autonome Region ist die meist verschuldeste Spaniens. Sie steht mit 75.443 Millionen Euro im Minus. In diesem Jahr und dem kommenden Jahr laufen zudem Fristen für Rückzahlungen ab, darunter auch 10 Mrd. Euro an den spanischen Staat. Im Fall einer Abtrennung, so hat es die spanische Regierung immer wieder klargestellt, würde sie diese natürlich sofort einfordern.

Schlechtes Finanz-Management der katalanischen Regierung

Der Slogan „Madrid bestiehlt uns“, der zum Motto der ganzen katalanischen Separations-Bewegung geworden ist, ist vor diesem Hintergrund sehr zweifelhaft. „Der Blick der Katalanen sollte sich eher gegen die eigenen Politiker richten,“ sagt Domíguez. Denn Katalonien führt derzeit in Spanien das Ranking der korrupten Politiker an. Seit 2016 wurde 303 Personen vor Gericht gebracht, in Madrid dagegen nur 145. Der „Landesvater“ Jordi Pujol und seine Familie, die Jahrzehnte in der Politik und Wirtschaft der Region involviert waren, stehen unter Verdacht der Steuerhinterziehung und Veruntreuung von Staatsgeldern. Sie sind in mehrere juristische Verfahren verwickelt.

Egal ob Abtrennung oder nicht: die wirtschaftliche Situation ist angespannt

Für Spanien wiegt bei einer Abtrennung Kataloniens schwer, dass wichtige spanische Firmen und Banken wie La Caixa, Mango, Gas Natural und auch der zum Volkswagen-Konzern gehörende Autobauer Seat in Katalonien ihren Hauptsitz haben. Viele haben bereits angekündigt, dass sie im Fall einer Unabhängigkeit nach Madrid gehen würden. Aber das bleibt abzuwarten. Zudem würde den nationalen Außenhandel die wegfallenden Ausfuhren aus Katalonien treffen. Immerhin ein Viertel aller spanischen Exporte erfolgt über katalanische Häfen, Schienen oder Straßen.

Wie aus deutschen Unternehmerkreisen zu hören ist, erwartet man hier, egal wie die Referendums-Abstimmung am 1. Oktober ausgehen wird, einige Schikanen von katalanischer Seite: „Niemand denkt darüber nach, welche Macht die Katalanen mit dem Grenzübergang zu Frankreich haben. Durch verstärkte Verkehrskontrollen kann hier der spanische Güterverkehr in wenigen Tagen lahmt gelegt werden,“ sagt ein Geschäftsführer einer deutschen Firma in Madrid.

Momentan gehen ebenfalls rund 17 Prozent aller Direktinvestitionen in Spanien nach Katalonien. Bei einer Trennung dürfte der Saldo für eine katalanische Nation, die nicht mehr zur EU gehört, jedoch wesentlich geringer ausfallen.

Katalonien treibt Pläne für Unabhängigkeitsreferendum voran

Ob wirtschaftlich intelligent oder nicht - Puigdemont macht weiter

Für Pablo López, ein Madrilene, der in Barcelona lebt und arbeitet, ist das Bestreben der Katalanen nach mehr Freiheit verständlich, aber „ich verstehe den wirtschaftlichen Hintergrund nicht. Die Region ist hoch entwickelt und es gibt keine Unterdrückung seitens Madrid, also wozu der ganze finanzielle Aufwand und das Inkaufnahmen des ganzen juristischen Ärgers eines illegalen Referendums?“

Puigdemont stellt sich diese Fragen nicht mehr. Wie man aus Madrider Regierungskreisen hört, kann er diesen Maschinerie, die er vor zwei Jahren losgetreten hat, gar nicht mehr stoppen. Selbst die Terror-Anschläge vom 17. August haben seine politischen Pläne nicht durchkreuzt und so geht das Theater weiter: Während Madrid am 7. September Information an alle fast 100 Bürgermeister Kataloniens geschickt und sie darauf aufmerksam gemacht hat, dass sie strafrechtlich belangt werden, wenn sie Wahllokale eröffnen oder Urnen aufstellen, hat der katalanische Regierungschef ihnen mitteilen lassen, dass sie sich bei Problemen bei der Durchführung des Referendums vertrauensvoll an ihn wenden sollen. Alles wirkt wie eine spanische Zarzuela, aber leider kann diese auch für die EU schwerwiegende Auswirkungen haben, wie es aus spanischen Regierungskreisen heißt.

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