Uno verhandelt Verbot Kommt das Ende der Atombombe?

Chemische und biologische Waffen werden von der Uno geächtet – Atomwaffen dagegen nicht. Nun will eine große Mehrheit der Uno-Staaten über ein Verbot verhandeln. Doch die Atommächte sträuben sich.

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Am 1. November 1952 testeten die USA die erste Wasserstoffbombe auf Elugelab Island im Enewetak-Atoll. Nun will eine Mehrheit der Uno-Staaten die zerstörerischen Waffen verbieten. Quelle: dpa

Genf Sie können Millionen Männer, Frauen und Kinder auf einen Schlag töten, ja sie können die gesamte Menschheit auslöschen: Atomwaffen. Trotz ihrer verheerenden Wirkung existiert kein internationaler Vertrag, der sie ächtet – biologische und chemische Waffen hingegen stehen auf dem völkerrechtlichen Verbots-Index. Diese gravierende Lücke im Völkerrecht soll bald geschlossen werden. Eine große Mehrheit der Staaten stimmte am Donnerstag im Ersten Ausschuss der Uno-Vollversammlung in New York für die Aufnahme internationaler Verbots-Verhandlungen – gegen den erbitterten Widerstand der größten Atomwaffen-Staaten.

Das Ziel: Ein Vertrag soll Nuklearwaffen ächten und ihre vollständige Abschaffung einleiten. Ab März 2017 werden die Staaten versuchen, das Anti-Atomwaffen-Abkommen unter Dach und Fach zu bringen. Für die Verhandlungen stimmten 123 Uno-Mitglieder, 38 Staaten sprachen sich dagegen aus, 16 Länder enthielten sich der Stimme.

Die Internationale Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen lobte die Entscheidung als „historisch“. Allerdings betonten die Rüstungsgegner: Ein Vertrag werde „nicht über Nacht nukleare Waffen eliminieren“. Auch das Rote Kreuz begrüßte die geplanten Gespräche, um die „zerstörerischsten Waffen, die jemals erfunden wurden“ zu verbieten. Den Antrag hatten Österreich, Mexiko, Brasilien, Irland, Nigeria und Südafrika eingebracht: Sie begründeten das Verbot vor allem mit den apokalyptischen Folgen eines Atomwaffen-Gebrauchs.

Die Atommächte USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und Israel stimmten gegen die Vorlage. China, Pakistan und Indien, die ebenfalls über Atomwaffen verfügen, enthielten sich der Stimme. Besonders die US-Amerikaner und die Russen wollen von nichts von Verhandlungen wissen, die zum Verbot ihrer schlagkräftigsten Kriegsgeräte führen sollen – beide Länder werden wohl kaum an den Gesprächen teilnehmen. Ein russischer Vertreter bei den Uno hatte die Befürworter eines Verbots als „antinukleare Radikale“ abgekanzelt, die sich „Luftschlösser“ bauten. Das US-Außenministerium sprach von „unrealistischen Anstrengungen“.

Vor dem Hintergrund des großen Versprechens von Präsident Barack Obama erscheint die Haltung der USA zumindest überraschend. Obama hatte in einer Rede 2009 in Prag eine „Welt ohne nukleare Waffen“ beschworen. Er schränkte damals aber ein, dass dieses Ziel wahrscheinlich nicht zu seinen Lebzeiten erreicht werden kann. Das Prager Gelöbnis trug entscheidend zur Verleihung des Friedensnobelpreises an Obama bei.

Diplomaten betonen heute: Washington will Tempo und Umfang der nuklearen Abrüstung selbst bestimmen. Das Thema soll nicht den Unwägbarkeiten einer internationalen Konferenz überlassen werden.

Washingtons „No“ und Moskaus „Njet“ stellen die Sinnhaftigkeit eines Anti-Atomwaffen-Vertrages in Frage: Denn die Arsenale der Amerikaner und der Russen umfassen gut 14.300 atomare Sprengköpfe, das sind fast 95 Prozent aller schätzungsweise 15.350 Sprengköpfe. Frankreich, China, Großbritannien, Pakistan, Indien, Israel und Nordkorea verfügen zusammen über mehr als 1000 Sprengköpfe.

Die Atomwaffengegner wollen sich aber von den widerspenstigen Atommächten nicht aufhalten lassen. „Solange nukleare Waffen existieren, besteht ein reales Risiko, dass sie eingesetzt werden, mit Absicht oder durch Zufall“, betont Österreichs Außenminister Sebastian Kurz. Menschliches Versagen, technisches Versagen oder eine Cyber-Attacke könnten eine unheilvolle Kettenreaktion auslösen. Tatsächlich habe die Menschheit bislang mehrmals „sehr viel Glück“ gehabt, dass es nicht zu eine atomaren Katastrophe gekommen sei, erklärt der Außenminister aus Wien: „Aber können wir uns weiter auf unser Glück verlassen?“

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