Untersuchungshaft Unverständnis über hohe Kaution für Kataloniens Parlamentspräsidentin

Gegen eine Kaution von 150.000 Euro kann Carme Forcadell die Untersuchungshaft vermeiden. Die hohe Kaution für die Parlamentspräsidentin sorgt bei der Verteidigung für Unverständnis.

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Gegen eine Kaution von 150 000 Euro kann Forcadell Untersuchungshaft vermeiden. Quelle: Reuters

Madrid Das Oberste Gericht Spaniens hat Untersuchungshaft für die katalanische Parlamentspräsidentin und vier weitere sezessionistische Abgeordnete angeordnet. Richter Pablo Llarena setzte am Donnerstag nach der Anhörung der sezessionistischen Parlamentsmitglieder eine Kaution von 150.000 Euro für Carme Forcadell und 25.000 Euro für die vier Abgeordneten fest. Die Verteidigung Forcadells reagierte mit Unverständnis auf die hohe Summe für ihre Mandantin.

Es sei nicht nachvollziehbar, warum das höchste spanische Gericht für die Parlamentspräsidentin höhere Auflagen gewählt habe, sagte Anwalt Andreu Van den Eynde am Donnerstag. Die Entscheidung des Gerichts, Haft und Freilassung gegen Kaution anzuordnen, sei so spät am Abend gefällt worden, dass Forcadell nun bis mindestens Freitag in Untersuchungshaft sitzen müsse. „Wir werden Berufung einlegen, weil die Entscheidung auf Grundlage von Argumenten gefallen ist, mit denen wir nicht einverstanden sind“, sagte Van den Eynde.

Ein sechster Parlamentarier, der das Unabhängigkeitsvotum im Regionalparlament am 27. Oktober möglich gemacht hatte, dann aber gegen die Unabhängigkeitserklärung war, wurde freigelassen. Die Staatsanwaltschaft hatte Gewahrsam für Forcadell und drei Abgeordnete ohne Kaution gefordert.

Forcadell hatte nach Angaben aus Justizkreisen in der Anhörung versucht, eine Haft zu vermeiden, indem sie das Unabhängigkeitsvotum als symbolische Handlung abschwächte. Die sechs Parlamentarier wurden im Obersten Gericht wegen mutmaßlicher Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Mittel befragt.

Ihnen drohen bis zu 30 Jahre Haft, sollten sie verurteilt werden. Forcadell habe mit ihrer Aussage vor Llarena und zwei Staatsanwälten versucht, die juristischen Folgen für sich ein Stück weit einzudämmen, sagten zwei Anwälte, die mit dem Fall vertraut waren.

Die Zentralregierung hatte das Regionalparlament nach der Abstimmung aufgelöst und eine Neuwahl angeordnet, doch Forcadell ist weiterhin Parlamentspräsidentin und leitet während der Übergangsperiode bis zu vorgezogenen Wahlen im Dezember eine Kommission von zwei Dutzend Abgeordneten.


Demonstranten vor dem Gericht

Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy sagte am Donnerstag, die Zentralregierung werde bei ihrem Vorgehen in Katalonien zu 100 Prozent von anderen EU-Ländern unterstützt. Er hoffe, die Wähler würden bei der Regionalwahl ihre „Verpflichtungen als Spanier und Europäer erfüllen“. Die Entscheidung werde bedeutsam sein, sagte Rajoy.

Rund 100 Anhänger kamen vor dem Gericht im Zentrum Madrids zusammen, um den Parlamentariern ihre Unterstützung zu zeigen. Manche von ihnen waren über Nacht aus Katalonien angereist. Sie riefen unter anderem „Ihr seid nicht allein!“, als Forcadell und die anderen mit ihren Anwälten ins Gerichtsgebäude traten.

Einige Unabhängigkeitsgegner wurden von der Polizei auf Distanz gehalten. Sie schwenkten spanische Flaggen und riefen „Ihr könnt uns nichts vormachen, Katalonien ist Spanien!“.

Katalonien mit seinen rund 7,5 Millionen Einwohnern macht ein gutes Fünftel des spanischen Bruttoinlandsproduktes aus. Umfragen zufolge sind etwa die Hälfte der Katalanen für und gegen die Abspaltung von Spanien.

Die spanische Zentralregierung hat den bislang beispiellosen Schritt getan und kurz nach der einseitigen Unabhängigkeitserklärung die Kontrolle über die wohlhabende Region übernommen. Die Regionalregierung wurde abgesetzt, das Parlament aufgelöst und regionale Neuwahlen für den 21. Dezember angesetzt.

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