US-Präsidentschaftswahlen "Donald Trump hat keine Agenda, keine Ahnung, keinen Plan"

Journalist und Buchautor David Cay Johnston glaubt: Donald Trump hat allen Umfragen zum Trotz gute Chancen, der nächste US-Präsident zu werden. Das allerdings, so der Trump-Kenner, wäre fatal.

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Wer ist dieser

WirtschaftsWoche Online: Herr Johnston, wer Ihr Buch liest, merkt sofort: Sie sind alles andere als ein Trump-Unterstützer. Dennoch sagen Sie, dass er bei einem Treffen mit ihm schon „faszinierend“ sei. Was macht Donald Trump so bemerkenswert?
David Cay Johnston: Er ist ein eigenständiger Charakter. Er schert sich nicht um soziale Normen, gibt sich keine Mühe, sympathisch rüberzukommen. Er ist interessengesteuert, fokussiert. Bei jedem einzelnen Treffen verfolgt er eine Agenda: meistens lautet die, Geld zu verdienen. Das ist nicht sympathisch, aber einzigartig. Dass er keine Freunde hat, ist allerdings auch keine Überraschung.

Ein US-Präsident muss nicht sympathisch rüberkommen. Wieso hat er in Ihren Augen nicht geeignet für das höchste Amt im Land?
Donald hat keine Agenda, keine Ahnung, keinen Plan. Er spricht seit 1985 davon, US-Präsident werden zu wollen, aber er hat nie seine Hausaufgaben gemacht. Er glaubt, er ist unfehlbar. Trump hört nicht auf Berater, er lässt sich politische Zusammenhänge nicht erklären, er bildet sich nicht fort.

David Cay Johnston zählt zu den angesehensten investigativen Journalisten der USA. Er publiziert in vielen namhaften amerikanischen Zeitschriften und Zeitungen und ist Autor zahlreicher Sachbücher. Für „Beat Reporting“, seine Enthüllungen zu verdeckten Steuerschlupflöchern, erhielt er 2001 den Pulitzer Preis. Quelle: PR

Und so kommt es, dass er behauptet, die Chinesen seien in Syrien in Kampfhandlungen verwickelt. Dass er offenbar nicht weiß, dass russische Truppen auf der Krim aktiv sind…
… oder er nach wie vor keine Ahnung hat, wie die USA Atomwaffen einsetzen könnten.

Im Dezember stellte der konservative Radiomoderator Hugh Hewitt bei einer Debatte der republikanischen Präsidentschaftskandidaten Trump folgende Frage: „Welcher Bestandteil unserer nuklearen Triade hat für Sie Priorität?“. Trump hatte offensichtlich keine Ahnung und wich aus, sprach stattdessen vom Irakkrieg. Marco Rubio sprang ein und erklärte, dass die Tirade die Fähigkeit der USA sei, Atomwaffenangriffe von Flugzeugen aus, mit Raketen von Raketensilos oder vom Boden aus oder von Atom-U-Booten aus durchzuführen. Das Problem: Trump hatte die gleiche Frage von Hewitt bereits drei Monate zuvor gestellt bekommen. Seine Lernkurve ist eine Gerade auf der Nullline.

Die Marke Donald Trump

Warum will Donald Trump Präsident werden, wenn er offensichtlich kein Interesse daran hat, sich über die grundlegenden Fragen und Problemstellungen zu informieren?
Er hält sich für überlegen. Er ist die Nummer Eins – und er würde entsetzt sein, dass Sie das nicht erkennen!

Mein Fehler, sorry.
Haha. Im Ernst: Er würde Sie ungläubig anschauen und als „Verlierer“ bezeichnen. Das ist Donald Trumps Ansicht und Verhaltensweise. Kritiker werden beleidigt – oder gerne auch verklagt. Erst im April rief mich Donald an, ich schrieb gerade an einer Geschichte für ein US-Magazin, und erkundigte sich, was ich denn plane. Das Gehörte gefiel ihm nicht. Er drohte: „Ich werde dich verklagen, wenn du nicht das schreibst, was ich will.“ Diese Forderung – „schreibe, was mir gefällt, oder ich verklage dich“ – habe ich in meinen fast 50 Berufsjahren nicht gehört.

Trump wird im Weißen Haus Trump bleiben

Sie führen in Ihrem Buch „Die Akte Trump“ aus, wie das Prinzip „Auge um Auge“, zum festen Teil des Trump’schen Gedankenguts gehört. Trump bekennt demnach, dass wenn man angegriffen wird, „umso härter zurückschlagen muss“.
Er hat Teile der eigenen Familie verklagt, ehemalige Angestellte, Biografen, Bundesbehörden. Und er ist da stolz drauf.

Ist es denkbar, dass sich Donald Trump im Amt ändern würde – und sich moderater zeigt, als wir heute glauben?
Donald ist fast mein Alter. Ich bin 67 Jahre, er ist 70 Jahre. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: In dem Alter ändert man sich nicht mehr so einfach – schon gar nicht, wenn man Donald Trump heißt. Nein: Donald Trump wird im Weißen Haus – sollte er die Wahlen gewinnen – Donald Trump sein. Das bedeutet: Er wird ungestüm sein. Er wird Ratschläge ignorieren. Und Leute, die ihm unangenehme Fragen oder sich ihm in den Weg stellen, juristisch verfolgen.

Das Buch „Die Akte Trump“ („The Making of Donald Trump“) erschien in den USA am 2. August 2016  - und ist ab dem 1. September auf Deutsch erhältlich. Quelle: PR

Was bedeutet das politisch, insbesondere auch außenpolitisch?
Das bedeutet, dass alle bisherigen Bündnisse neu bewertet werden. Dass Alliierte, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges fest an unserer Seite stehen, überprüft werden – ob sie denn auch Donald Trump mögen oder nicht. Ein falsches Wort und Trump würde diese Allianzen neu bewerten. Alles folgt einer persönlichen Kosten-Nutzen-Rechnung. Trump hat ja schon gesagt, dass er etwa die NATO nicht zwingend braucht – und stattdessen Russlands Präsidenten Wladimir Putin bewundert. Trump entscheidet aus dem Bauch heraus, nicht rational – und nicht logisch oder schon gar nicht nachhaltig und strategisch.

Trump „jämmerlich unvorbereitet“ für Präsidentschaft
„Hillary Clinton will Amerikas Angela Merkel werden, und ihr wisst, was für eine Katastrophe diese massive Einwanderung für Deutschland und die Menschen Deutschlands ist“, sagte Trump Mitte August in einer außenpolitischen Rede in Youngstown (Ohio). „Die Kriminalität ist auf ein Niveau gestiegen, das niemand geglaubt hat, je zu sehen.“ Die USA hätten genug Probleme, ohne sich durch die ungezügelte Aufnahme syrischer Flüchtlinge weitere aufzubürden. Quelle: AP
„Jämmerlich unvorbereitet“, um die USA als Präsident führen zu können, ist Donald Trump nach Aussagen von US-Präsident Barack Obama. Auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus forderte Obama die Republikaner am Dienstag auf, Trump nicht mehr zu unterstützen. Dabei gehe es um mehr als unterschiedliche Ansichten politischer Natur, sagte Obama. Trotz des wachsenden Unmuts gegenüber Trump hat bisher kein Republikaner ihm seine Unterstützung entzogen. Obama sagte, republikanische Politiker hätten wiederholt feststellen müssen, dass Äußerungen Trumps inakzeptabel seien. „Warum unterstützen Sie ihn dann noch?“, fragte Obama. Quelle: dpa
„Belgien ist eine wunderschöne Stadt und ein herrlicher Ort - großartige Gebäude“, sagte Donald Trump in einer Rede und zeigte, wie es um seine geographischen Kenntnissen bestellt ist. „Ich war mal dort, vor vielen, vielen Jahren. Vor ein paar Monaten habe ich dann ein Statement abgegeben, nach dem Motto, Belgien ist ein elendes Loch. Dafür wurde ich dann schwer kritisiert, man hat gesagt, was für eine böse Sache - und dann hatten sie in Belgien dieses massive Problem.“ Quelle: dpa
US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat die Washington Post von künftigen Wahlkampfauftritten ausgeschlossen: Auf Facebook bezeichnete er das Blatt als "unehrlich und verlogen". Die Washington Post hatte erst kürzlich kritisch über den Milliardär berichtet. In den Augen von Trump sei die Berichterstattung "unglaublich fehlerhaft", deshalb habe er der Zeitung die Akkreditierung für seine Wahlkampfveranstaltungen entzogen.Der umstrittene republikanische Präsidentschaftsbewerber Trump ist ein Quereinsteiger und hat noch nie ein politisches Amt bekleidet. Im Wahlkampf macht er immer wieder mit skurrilen Aussprüchen auf sich aufmerksam. Quelle: AP
Donald Trump Quelle: REUTERS
Donald Trump Quelle: dpa
Trumps Knaller nach dem Sieg in den Vorwahlen von Nevada: „Wir haben bei den Evangelikalen gewonnen. Wir haben bei den Jungen gewonnen, wir haben bei den Alten gewonnen. Wir haben bei den gut Gebildeten gewonnen, wir haben bei den schlecht Gebildeten gewonnen. Ich liebe die schlecht Gebildeten.“ Quelle: REUTERS

Wie groß sind die Chancen, dass Donald Trump im November die Wahlen gewinnt?
Momentan liegt er in allen wichtigen Umfragen hinten. Aber ich würde dem nicht zu viel Bedeutung zumessen. Die Umfrageinstitute haben Schwierigkeiten, aufgrund des technischen Wandels, aufgrund der immer weniger starken Bindung von Wählern an Parteien, wirklich genaue Aussagen zu treffen. Ich glaube, Donald Trump hat Siegchancen. Wir können nicht genau sagen, wie viele Leute – abseits der öffentlichen Bekundungen – ein Problem damit haben, einen Chef mit hispanischen Wurzeln zu haben oder im Lokal neben Afroamerikanern zu sitzen. Ich würde diese Zahl – und das sind klassische Trump-Wähler – nicht unterschätzen.

Was passiert, wenn Trump Präsident wird?
Amerika wird das überleben. Aber es hätte gewaltige negative wirtschaftliche und außenpolitische Konsequenzen; es würde globale Krisen kreieren und uns weit zurückwerfen.

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