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Donald Trump. Quelle: AP

Trump ist keine Katastrophe

Der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen bietet Deutschland und Europa auch Chancen und ist eine Warnung an die Adresse der Bundesregierung.

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Die Wahl des republikanischen Kandidaten Donald Trump zum 45. US-Präsidenten ist keine Katastrophe, sondern eine erwartbare Konsequenz der amerikanischen Politik der vergangenen Jahre. Diese hat das eigene Volk, die einfachen Leute, nicht beachtet, sondern links liegen gelassen.

Diese Leute haben nun in Trump die Chance gesehen, daran etwas zu ändern. Ich bin davon überzeugt, dass Trump in der praktischen Politik anders agieren wird, als er sich im Wahlkampf präsentiert hat. Das hat sich in seiner ersten Rede nach seinem Wahlsieg schon angedeutet.

Er wird moderater sein, sich allerdings klar auf das konzentrieren, was seine Wähler von ihm erwarten: eine Politik, die deren Lebenssituation verbessert und die sich erst in zweiter Linie um die Welt außerhalb der USA kümmert.

Zur Person

Für Deutschland kann dies durchaus seine guten Seiten haben. Ich habe immer kritisiert, dass die Bundesregierung amerika-hörig ist. Wir sollten nicht nur die Amerikaner, sondern auch die Russen schätzen. Letzterem neigt auch Trump zu.

Damit gibt es für Deutschland endgültig keinen Anlass mehr, sich vor den Karren der Amerikaner gegen Russland spannen zu lassen. Mit dieser Strategie haben die Amerikaner die Wirtschaft Europas seit der Ukraine-Krise geschwächt. Wenn Trump wie angekündigt Russland nicht als Feind betrachtet, dem die Amerikaner über die Nato via Osteuropa immer weiter auf die Pelle rücken, ist das gut für eine Entspannung zwischen Deutschland beziehungsweise Europa und Russland.

Donald Trump im Portrait

Natürlich wird Trump nun alles tun, was seinem Land wirtschaftlich hilft, vor allem aber den unübersehbaren Verlierern der Globalisierung in den USA. Hier hat die bisherige Regierung in erster Linie den US-Konzernen den Weg auf ausländische Märkte bereitet und gleichzeitig nichts zum Schutz der angestammten Industrie im Lande unternommen. Die Konsequenz ist bekannt: Die klassischen weißen amerikanischen Arbeiter sind sozial immer weiter abgestiegen, ihre Lebensperspektiven haben sich deutlich verschlechtert, sie sterben sogar früher als noch vor einigen Jahren.

Kurzum: Der amerikanische Traum von den Aufstiegschancen für jedermann ist so gut wie vorbei.

Verhalten wie ein Unternehmer

Trump wird sich deshalb so verhalten, wie ich mich als Unternehmer verhalte: Ich habe eine Verantwortung für meine Mitarbeiter, dass diese ein menschenwürdiges Leben führen. Man muss den einfachen Arbeiter im Aufschwung mitnehmen und ihn teilhaben lassen, statt ihn untergehen zu lassen. Es ist erschreckend zu sehen, wie es den Arbeitern in den einstigen Stahl- und Schwerindustrieregionen der USA geht, während andere etwa in Kalifornien sich im wirtschaftlichen Aufschwung und in der Globalisierung sonnen. Trump wird seinen Fokus darauf richten, dies zu ändern.

Damit steht für mich mit Blick auf das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA fest, dass Trump keinen unbegrenzten Freihandel zulassen wird. Ich halte TTIP grundsätzlich für nicht schlecht.

Man darf jedoch niemandem etwas vormachen: Durch unbegrenzten Freihandel würden auch so manche auf der Strecke bleiben, sowohl in Europa als auch in Amerika. Dass Trump sich stärker um die Interessen der Gefährdeten und potenziellen Verlierer kümmern wird, dafür muss man Verständnis haben. Das hat er seinen Wählern versprochen und das ist er ihnen nun schuldig. Ich halte das für legitim.

Trumps wirtschaftspolitische Pläne

Die von Trump angekündigte Hinwendung Amerikas zu sich selbst halte ich für sehr positiv. Ich fand es immer schlecht, dass die Amerikaner meinten, die ganze Welt regieren zu müssen und ihre Verbündeten zu zwingen, sich diesem Ziel unterzuordnen.

Wenn Trump sagt, er will die USA wieder zu einem tollen Land machen, dann kann niemand etwas dagegen haben. Wenn andere Regierungen auf der Welt dadurch ihre Länder auch zu tollen Ländern machen können, dann ist das nur gut.

Ich gebe zu, dass es mich sogar ein wenig freut, dass Trump gewonnen hat, nämlich wenn ich auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr schaue. Denn Trump hat – anders als das saturierte Establishment und die Gewinner der Globalisierung – im Grundsatz die Interessen des Volkes vertreten. Ob die Methoden populistisch waren oder nicht, lasse ich einmal dahin gestellt.


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Ich erwarte zwar, dass die AfD versuchen wird, den Erfolg Trumps als Rückenwind für sich zu nutzen. Dass die AfD dadurch stärker wird, muss aber nicht sein - wenn die Regierenden in Berlin den Sieg Trumps als Warnschuss begreifen.

Die AfD ist erstarkt, weil die Regierung Fehler gemacht hat, vor allem in der Flüchtlingspolitik, wo sie die Bevölkerung mit den Problemen alleine gelassen hat. Hier muss sie mehr auf des Volkes Stimme hören, soll es ihr nicht wie Hillary Clinton und ihren Demokraten gehen soll. Die Zeit dafür ist noch da.

Redaktion: Reinhold Böhmer

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