Big Data Wahlkampf der Datenmaschinen

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Die Datenmaschinerie läuft auf Hochtouren

Der perfekte Kanal dafür ist Twitter. Die Ein-Mann-Wahlkampfmaschine pöbelt, provoziert und polarisiert mit seinen Kurznachrichten wie wohl kein Politiker zuvor. Mit Erfolg. Die Tweets von Twitter-König Trump ernten im Schnitt fast 10.000 Herzen von seinen Anhängern und werden 3700 Mal geteilt (siehe Grafik unten).


Vor allem aber schaffen es seine Sprüche immer wieder in die Nachrichten. Und solange Trumps Botschaften ohnehin diskutiert werden, kann er sich sogar teure Werbespots sparen. „Seine Kampagne beruht auf Bombast und Empörung, und dafür reichen ihm das Kabelfernsehen, Twitter und Facebook“, sagt Bill Whalen, ehemaliger Berater von Arnold Schwarzenegger. In den Vorwahlen deklassierte er mit dieser Methode die innerparteiliche Konkurrenz, der Sensationssieg dürfte dazu beigetragen haben, dass Trump lange weiter auf Datenanalysten verzichtete.

„Obama hat die Stimmen geholt und nicht seine Datenverarbeitungsmaschine“, sagt Trump. Politologen begannen schon zu debattieren, ob die oft beschriebene Bedeutung des Datenwahlkampfs womöglich doch gar nicht so groß ist. Ist der Mensch im Wahlkampf nicht doch viel wichtiger als die Maschine? Die Frage scheint beantwortet. „Mit seinen lächerlichen Tweets um drei Uhr morgens ist Trump irgendwann an die Grenze dessen gestoßen ist, was er erreichen kann“, sagt selbst Politikberater Whalen, der jetzt am Hoover-Institut, einem konservativen Thinktank in Stanford, forscht.

Später Kehrtwende im Juni

Selbst dem konservativen Polterer scheint inzwischen zu dämmern, dass er es nur mit Twitter, Facebook und Glotze nicht zum Regierenden schaffen wird. Im Juni vollzog Trump daher die Kehrtwende, holte mit Brad Parscale doch noch einen Digitaldirektor in sein Wahlkampfteam. Im August folgte dem Zwei-Meter-Hünen mit rotblondem Hipsterbart und kurz rasiertem Schädel der britische Datenstratege Nix. Nun müssen sie zeigen, ob die Aufholjagd gelingt.

Denn die Datenmaschinerie von Hillary Clinton läuft bereits seit Monaten auf Hochtouren. Ihr Hauptquartier liegt im New Yorker Stadtteil Brooklyn, ausgerechnet an der Clinton Street. Auf zwei Etagen eines 19-stöckigen Backsteinturms haben die Demokraten hier ihre Wahlkampfzentrale. Hingen nicht überall Hillary-Logos und Sticker, könnte man die auf Sitzsäcken und Couches herumlümmelnden Mittzwanziger mit ihren Kopfhörern und MacBooks auch für Mitarbeiter eines Start-ups halten. Einige haben schon für Facebook oder Google gearbeitet. So wie Clintons Technikchefin Stephanie Hannon. Die 40-Jährige hat das Mailprogramm der Suchmaschine mit aufgebaut und dann das Google-Maps-Team für Europa geleitet. Mit Methoden der Silicon-Valley-Riesen optimiert sie nun Clintons Wahlkampf. Sie testete etwa auf der Spendenwebseite zwei Varianten zur Eingabe der Kreditkartendaten. Das Ergebnis: Ohne Eingabe der E-Mail-Adresse steigt die Spenderzahl um 240 Prozent.

Die Vorwürfe gegen die Präsidentschaftskandidaten
Trumps bedenkliche Äußerungen Quelle: dpa
Clintons Gesundheitszustand Quelle: AP
Trumps bedenkliche Äußerungen Quelle: AP
Clintons Stiftung im Zwielicht Quelle: AP
Clintons Rolle in Libyen Quelle: REUTERS
Clintons E-Mail-Affäre Quelle: REUTERS
Trumps Versuche Steuern zu vermeiden Quelle: dpa

Es sind viele solcher kleinen Stellschrauben, an denen Clintons Techtrupp unter Hannons Führung dreht. So wie Google seine Suchmaschine immer weiter verbessert, versucht Hannon nun auch, die Technik der Wahlkämpfer zu optimieren. Der Motor der demokratischen Wahlkampfmaschine – das Programm, mit dessen Hilfe das Team vor allem die Arbeit der Wahlkämpfer vor Ort organisiert – entstand schon während des letzten Wahlkampfs. Das bietet Raum für Verbesserungen: „Wenn wir den Leuten draußen 15 Minuten am Tag durch automatisiertes Kontaktmanagement sparen, ist das eine große Sache“, sagt Hannon. In der Zeit können sie an weitere drei Türen klopfen.

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