Clintons und Trumps Wirtschaftspläne Freihandel adé, Wachstum adé

Hillary Clinton versichert ihren Wählern, dass sie das Abkommen mit elf anderen Pazifik-Staaten ablehnen will. Das ist nicht die einzige gefährliche Parallele zum Programm von Donald Trump.

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Clinton attackiert Trumps Steuerpolitik

Bei allen Unterschieden in den Wirtschaftsprogrammen der US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Hillary Clinton sind ihre Gemeinsamkeiten noch beunruhigender.

Ein Punkt dabei ist die Absage an weltweiten Freihandel. Trump hat daraus ein Kernstück seines Programms gemacht, das er Anfang der Woche unterbreitete. Clintons Rhetorik bei ihrer Grundsatzrede am Donnerstag deutete in eine ähnliche Richtung.

Über das geplante Abkommen mit elf anderen Pazifik-Staaten, abgekürzt TPP, sagte sie: „Ich bin jetzt dagegen. Ich werde nach der Wahl dagegen sein und ich werde als Präsidentin dagegen sein.“

Damit ist klar, dass Clinton sich dem Druck ihres Konkurrenten und der Linken in ihrer eigenen Partei beugt. Ursprünglich war sie für TPP ¬ ein Projekt, das nachdrücklich von US-Barack Obama vorangetrieben wird.

Wiederholt sich die Geschichte?

Eine Tendenz, nationale Wirtschaften gegen den Wettbewerb von außen abzuschotten, gibt es häufig nach Wirtschaftskrisen, oft mit Jahren Verzögerung. Meist begleiten populistische, nationalistische Töne eine solche Entwicklung. Das war schon bei der Gründerkrise so, die in den 1870er-Jahren das Deutsche Reich erschütterte und das Aufkommen von Schutzzöllen und Nationalismus nach sich zog. Die weltweite Wirtschaftskrise Ende der 20er-Jahre hatte ähnliche Konsequenzen.

Jahre nach der Finanzkrise 2008 bringt nun der Trend der USA weg vom Freihandel die Frage mit sich, ob sich die Geschichte wiederholt. Nationalistische Töne werden schließlich zurzeit überall lauter. Außerdem stecken die Notenbanken bereits in einer Art verstecktem Währungskrieg, mit dem Regionen wie Europa, Amerika und Japan gegenseitig die Kaufkraft der Verbraucher zur Unterstützung der jeweils eigenen Wirtschaft abzuwerben versuchen.

Bei den Reden der Präsidentschaftskandidaten gibt es aber auch eine positive Parallele: Clinton wie Trump fordern hohe Investitionen in die Infrastruktur, sie überbieten sich sogar gegenseitig mit den angepeilten Volumina. In den USA ist ein Ausbau der Infrastruktur nicht nur sinnvoll, sondern dringend notwendig. Amerikas Straßen und Brücken befinden sich zum Teil in grauenhaftem Zustand.

Bei der Finanzierung entsprechender Verbesserungen setzt Trump offen auf Staatsverschuldung. Clinton dagegen betont, dass sie die Ausgaben über ein höheres Steueraufkommen finanzieren will. Dabei stellt sich allerdings die Frage, wie sie Steuererhöhungen mit einem Parlament aus Streithähnen durchbekommen will. Schließlich gilt es als wahrscheinlich, dass auch nach der Wahl die Gegnerschaft der Demokraten und der Republikaner viele Entscheidungen blockieren wird.

Die größten Unterschiede zwischen den beiden Kandidaten gibt es in der Steuerpolitik. Trump will die Sätze für Privatleute und Unternehmen drastisch senken, auf 33 beziehungsweise 15 Prozent in der Spitze. Er sagt allerdings nicht, wie das gegenfinanziert werden soll.

Clinton will die Steuern für Hochverdiener dagegen erhöhen. Damit wären sogar manche dieser Hochverdiener einverstanden, wenn das Geld für Infrastruktur und Bildung eingesetzt wird. Aber politisch ist dieser Weg eben sehr steinig. Und das ergibt wieder eine Parallele bei den Plänen der beiden Kandidaten.

Warum beide Programm wenig wachstumsfreundlich sind

Weder Clinton noch Trump haben realistische Vorstellungen, wie die jeweiligen Steuer- und Ausgabenpläne zu finanzieren sind. Der einzige Kompromiss wäre wahrscheinlich, die Auslandsbesteuerung von Unternehmen so zu verändern, dass diese ihre außerhalb der USA gebunkerten Milliarden heimholen.

Dazu hatte Barack Obama bereits einen Vorschlag gemacht – aber bisher ohne Erfolg. Im Grunde sind sich beide Seiten einig, dass das US-Steuersystem in dem Punkt völlig krank ist. Clinton hat deutlich angesprochen, dass sie das Problem lösen will, aber keine Details geliefert. Selbst in diesem Punkt, bei dem grundsätzlich Einigkeit besteht, bewegt sich nichts.

So besteht bei beiden Kandidaten die Gefahr, dass sie ihre jeweiligen Investitionspläne entweder gar nicht finanziert bekommen, weil das Parlament nicht mitspielt, oder die USA weiter in die Verschuldung hinein treiben. Im ersten Fall bedeutet das, dass die Regierung nichts für das Wachstum tun kann, im zweiten Fall, dass sie zumindest kein nachhaltiges Wachstum erzeugen kann.

Nimmt man dies zusammen mit der Absage an den Freihandel, dann zeigt sich die erschreckende Parallele, dass beide Programme letztlich wenig wachstumsfreundlich sind. Trumps Programm sieht mit seinen Steuersenkungen zwar auf den ersten Blick so aus. Aber erstens wird der Effekt von Steuersenkungen häufig überschätzt, und zweitens will er die US-Wirtschaft ja noch mehr abschotten als Clinton, was auf Dauer meist zu einer Schwächung führt.

Weder von Trump noch von Clinton kann die Wirtschaft große Unterstützung erwarten. Beide Kandidaten versprechen durchaus neue Jobs. Allerdings schafft die US-Wirtschaft ohnehin jeden Monat zusätzliche Stellen, und zwar auch ohne staatliche Unterstützung.

Welche Aktien je nach Wahlergebnis profitieren sollten

Clinton ist in ihren Wirtschaftsplänen zwar realistischer als Trump. Aber Amerika braucht eine durchgehende Reform der Steuern, eine vernünftige Einwanderungspolitik, eine langfristige Planung zur Finanzierung steigender Sozialausgaben, eine Sanierung des ineffektiven Justizsystems. Davon findet sich in den Programmen der beiden Kandidaten zu wenig. Und wo es doch auf dem Papier steht – bei Clinton eher als bei Trump – dürften die Verhältnisse im Parlament eine Umsetzung verhindern.

Die USA waren schon vor diesem Wahlkampf in einer Weise ideologisch gespalten, die das auf Kompromiss angewiesene politische System überfordert. Trump vertieft diese Spaltung systematisch. Clinton versucht, sie zu überwinden, hat dazu aber weder das Charisma noch genügend Rückhalt in der eigenen Partei. So werden sich beide mit ihren Programmen im politischen Alltag verhaken, und die Amerikaner können nur darauf hoffen, dass ihre Wirtschaft trotzdem weiter läuft.

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