Ganz Amerika spricht über Donald Trump. Selbst wenn er gar nicht anwesend ist – wie bei der letzten TV-Debatte der Republikaner in Iowa –, gibt es nur ein Thema: Trump. Nach einem bizarren Streit mit einer Journalistin und deren Sender, FoxNews, sagte der Möchtegern-Präsident seine Teilnahme an der Debatte ab. Seine Konkurrenten zogen über Trump her. Ted Cruz etwa, der erzkonservative Senator aus Texas, nannte Trump „einen Feigling“. Wenn er nicht mal mit der Kritik einer Journalistin leben könne, wie wolle der Milliardär dann einem politischen Schwergewicht wie Vladimir Putin die Stirn bieten?, fragte der Texaner. Jeb Bush assistierte während der TV-Debatte und machte sich über den Immobilientycoon lustig. „Ich vermisse ihn. Er war ein bisschen wie ein Teddybär für mich.“
Das Problem seiner Konkurrenten: Ihre Attacken scheinen Trump nichts anzuhaben. Bislang perlen die Vorwürfe an dem Milliardär und seinen Umfrageerfolgen ab. Im Gegenteil: Der 69-Jährige spielt wie kein Zweiter mit den Medien und den Klischees. Er wittert eine Kampagne, ein Angriff der Elite auf ihn, den Kämpfer des kleinen Mannes. Eine Botschaft, die ankommt in Zeiten, in denen „Lügenpresse“ ein gängiger Begriff ist. Bis zuletzt liegt Trump in allen Umfragen weit vorne.
In der aktuellsten Erhebung von „NBC/Wall Street Journal/ Marist“ kommt Trump auf 32 Prozent und hat damit sieben Prozent Vorsprung vor seinem ärgsten Rivalen Ted Cruz, der mit 25 Prozent der Stimmen rechnen kann.
Die spannende Frage ist, ob der Anti-Establishment-Politiker die Umfrageergebnisse auch in Wählerstimmen ummünzen kann. Am Montag finden in Iowa die ersten Vorwahlen statt, sowohl bei den Demokraten – hier streiten Hillary Clinton, Bernie Sanders und Martin O‘Malley – als auch bei den Republikanern. Während in den meisten Bundesstaaten klassische Wahlen stattfinden, gibt es in Iowa den so genannten „Caucus“.
Den „Caucus“ als Instrument für die Bestimmung von Parteikandidaten gibt es in den USA seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es handelt sich um kleine Parteiversammlungen. Sie finden in Turnhallen, Feuerwehrhäusern oder – in besonders ländlichen Gegenden – durchaus auch in der Küche eines Bauernhofes statt.
Am Ende der Versammlung müssen die Teilnehmer darüber abstimmen, welchen Bewerber sie für am überzeugendsten halten. „Da müssen die Wähler Position beziehen, es wird zum Teil lautstark diskutiert – und persönlich gefragt: ,Warum unterstützt du folgenden Kandidaten?‘“, erklärt Martin Thunert, Dozent und Politikwissenschaftler am „Center for American Studies“ der Universität Heidelberg. Durch seinen speziellen Charakter sind diese Vorwahlen für Meinungsforscher schwer vorhersagbar.
Das gilt insbesondere für die Wahlchancen von Donald Trump. Der Grund: Wie der Milliardär sind seine potenziellen Wähler unberechenbar.
Iowa mit Schlüsselrolle
Donald Trump erfährt Zustimmung von den klassischen Wutbürgern, von Veteranen, aber auch von kleinen und mittelständischen Unternehmen, wie in der aktuellen WirtschaftsWoche zu lesen ist. Es ist eine heterogene Gruppe, die eine Gemeinsamkeit hat: bisher blieben sie den Wahlen meistens fern.
Im Schnitt gibt nur rund die Hälfte der Bürger bei der Präsidentschaftswahl ihre Stimme ab. Es sind politikverdrossene Wähler, denen ihre schlechte wirtschaftliche Lage das Gefühl gibt, sie seien den großen Parteien egal. Die Gruppe der Nichtwähler, sie ist riesig – und eine attraktive Zielgruppe für den Anti-Politiker-Kandidat Trump. „Mein ganzer Wahlkampf ist darauf ausgerichtet, die Zahl der Menschen zu vergrößern, die an dieser Wahl teilnehmen wollen und es dann auch tun“, schrieb Trump selbst in einem Kommentar in der „USA Today“.
Den Umfragen zufolge geht diese Strategie bislang auf. Erhebungen von Reuters/Ipsos zeigen, dass in diesem Jahr einer von zehn US-Wählern erstmals seine Stimme abgeben dürfte. Die Zahlen von Juni bis Dezember deuten darauf hin, dass mehr als 27 Prozent dieser Amerikaner sich für Trump entscheiden werden. Sein derzeit wichtigster republikanischer Rivale Ted Cruz kommt dagegen auf nur etwas mehr als 3,4 Prozent dieser Wähler, Parteifreund Marco Rubio auf etwa vier Prozent.
Nun müssen die Trump-Anhänger ihren Worten Taten folgen lassen. Sie müssen sich bekennen. Müssen dafür einstehen, dass sie einen Mann unterstützen, der sich frauen- und fremdenfeindlich äußert, der das politische System der USA mit einem großen Knall verändern, wenn nicht gar zerstören will.
Iowa kommt eine Schlüsselrolle zu. Gewinnt Trump hier, in dem kleinen Bauernstaat im Mittleren Westen, sind die nächsten Siege programmiert. In New Hampshire, dort wird am 9. Februar gewählt, führt Trump den Umfragen zufolge deutlich. Mit Rückenwind aus Iowa wäre ihm der Sieg wohl nicht zu nehmen. Gleiches gilt auf der nächsten Station der Republikaner, South Carolina. Hier erfährt Trump schon jetzt sehr große Unterstützung. Eine Vorentscheidung wäre selbst ein Dreifach-Erfolg zu Beginn noch nicht; die großen Bundesstaaten – Florida, Texas, Kalifornien –, die zahlreiche Wahlmänner zur Parteiversammlung der Republikaner im Sommer entsenden, sind erst später im Jahr dran.
Ein Triumph aber in Iowa wäre ein Zeichen, dass Donald Trump endgültig ein ernstzunehmender Kandidat ist. Ganz Amerika würde über ihn sprechen. Weiterhin.