Donald Trump trifft Barack Obama Amerika atmet auf – ein bisschen

In zahlreichen Großstädten demonstrieren junge Menschen wieder gegen Donald Trump. Doch das erste Gespräch zwischen altem und neuem Präsidenten verläuft friedlich. Die verbale Abrüstung tut Amerikas Seele gut.

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Das ist der Trump-Clan
Der 45. Präsident der USA heißt Donald Trump, die First Lady Melania. Für den Wahlsieger spielte seine Familie eine wichtige Rolle im Wahlkampf – und tut es auch während der Präsidentschaft noch. Denn Donald Trump misstraut den meisten politischen Beratern. Nur seine engsten Angehörigen dürfen ihm die Meinung sagen und Ratschläge geben. Quelle: REUTERS
Ivanka Trump Quelle: AP
Donald Trump Jr Quelle: AP
Tiffany Trump Quelle: REUTERS
Tiffany Trump Quelle: REUTERS
Eric Trump Quelle: AP
Seine Ehefrau Lara Yunaska stand ihm bei jeder Wahlkampfveranstaltung seines Vaters zur Seite. Eric ist der Sohn von Ivana Trump, Trumps erster Ehefrau. Im Jahr 2012 wurde Eric vom „Forbes“-Magazin zu einem der Top 30-Immobiliengurus gekürt. Er leitet gemeinsam mit seinen Geschwistern das Trump Imperium und ist Gründer. Quelle: REUTERS

Der Moment, als Donald Trump entschieden hat, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden, war an einem Abend im April 2011. US-Präsident Barack Obama hatte zum traditionellen Korrespondenten-Dinner nach Washington geladen – ein Abend mit vielen Prominenten aus Medien, Politik und Wirtschaft.

Auch Trump war unter den mehreren Hundert Gästen. Wochen zuvor hatte der Immobilien-Milliardär über die Medien eine Debatte um die angeblich gefälschte Geburtsurkunde von Obama losgetreten. Der Vorwurf: „Wenn Obama nicht in den USA geboren ist, darf er nicht Präsident sein. Das wäre der größte Skandal, den Amerika jemals hatte.“

Obama, der daraufhin seine Geburtsurkunde veröffentlichte, rächte sich an diesem Abend im April, indem er Trump vor den geladenen Gästen öffentlich zerlegte. „Niemand ist glücklicher, niemand ist stolzer, die Sache mit der Geburtsurkunde endlich geklärt zu haben, als Donald“, sagte Obama, während Trump ein Pokerface aufsetzte. „Nun kann er sich endlich wieder auf die bedeutenden Themen konzentrieren – etwa, ob wir die Mondlandung gefälscht haben.“

„Trump hasst es, erniedrigt zu werden“, sagt Michael D’Antonio über diesen Vorfall. D‘Antonio hat eine Biografie über Trump geschrieben. So eine öffentliche Bloßstellung sei für Trump nicht akzeptabel. Roger Stone, ein enger Berater von Trump, sagt: „Ich glaube, das war der Tag, als Trump entschlossen hat, Präsident zu werden. Der Moment, als Trump zu sich sagte: Ich werde es allen zeigen.“

Keine fünf Jahre später sitzen Donald Trump und Barack Obama auf einem Sofa im Weißen Haus und erklären den Vertretern der Hauptstadtpresse, wie sie die Übergabe der Regierungsgeschäfte bis zum 20. Januar organisieren werden. Kurz zuvor hatten sich die beiden 90 Minuten lang in einem Hintergrundgespräch ausgetauscht. „Ein exzellentes Gespräch“, lobte Obama. Man habe über Innen- und Außenpolitik gesprochen und darüber, wie man die Übergabe der Amtsgeschäfte „erleichtern“ könne. Obama fühle sich „ermutigt“, dass Trump mit seinem Team zusammenarbeiten wolle.

Darum hat Trump gewonnen

Trump sagte: Er habe „großen Respekt“ vor dem Präsidenten. „Er ist ein guter Mann.“ Er wolle Obama für „die Dinge, die er erreicht hat, danken“, so Trump. Und er werde mit dem Präsidenten zusammenarbeiten und dessen Beratung einholen, wen nötig.

Verbale Abrüstung im Weißen Haus

Amerika atmet auf. Der alte und neue Präsident der USA rüsten verbal ab. Sie tauschen freundliche Worte aus und verhalten sich professionell. Hier und da ist ein Anflug eines Lächelns auf Obamas Lippen zu erkennen. Das Verhalten der beiden Alpha-Tiere ist ein wichtiges Signal an das Volk, wieder in den Normalzustand zurückzukehren.

Leicht wird das nicht. Denn in zahlreichen Städten der USA protestieren vor allem junge Leute gegen die Wahl von Donald Trump. Er sei „nicht mein Präsident“, steht auf ihren Plakaten. Bislang sind die Demonstranten weitestgehend friedlich. Umso wichtiger ist, dass die Übergangszeit bis zum 20. Januar in geordneten Bahnen läuft.

"Das ist nicht mein Präsident"
In New York protestierten am Mittwochabend Tausende Menschen gegen den zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump. Quelle: dpa
Viele Demonstranten hatten sich auch vor dem Trump-Tower in New York versammelt. Quelle: dpa
Demonstranten vor dem Hochhaus des nächsten US-Präsidenten Quelle: AP
Trump-Gegner vor dem Trump Tower in New York Quelle: dpa
Schüler in Berkley demonstrieren gegen Trump Quelle: AP
Studenten der University of California Berkeley protestierten Quelle: AP
Brennender Müll in Oakland - Demo gegen Trump Quelle: AP

Es wird eine schwierige Zeit. Denn Trump will so ziemlich alles ändern, was dieses Land ausgezeichnet hat. Doch das erste Treffen zwischen Obama und Trump ist zunächst ein gutes Omen für die schwierige Zeit, die vor ihnen liegt. Die Übergangszeit zwischen zwei Präsidenten, die aus unterschiedlichen Parteien kommen, ist traditionell eine Zeit der kollektiven Anspannung. Sie ist eine psychologisch wichtige Etappe im Verhältnis der politischen Parteien und eine Botschaft ans Volk.

Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu kruden Auseinandersetzung, etwa beim Übergang von Bill Clinton zu George W. Bush. Mitarbeiter Clintons sollen auf den Tastaturen im Weißen Haus den Buchstaben W entfernt haben. Solche Eskapaden scheint es trotz der Feindseligkeiten dieses Mal nicht zu geben. Trump und Obama werden nie Freunde werden, aber sie bemühen sich, die aufgeheizte Stimmung im Land zu besänftigen und eine reibungslose Übergabe zu organisieren. Das Treffen war Balsam für die ramponierte amerikanische Seele.

Doch wie geht es nun weiter? Trump zeigte sich bereits an Tag eins nach seinem historischen Triumph von einer anderen Seite. Er wolle Präsident für alle Amerikaner sein. Er wolle das Land „zusammenführen“. Trump trat präsidialer auf. Doch kann man ihm seine Rolle abnehmen? Amerika rätselt: „Wer ist dieser Mann“, fragt Elaine Kamarck von der Denkfabrik Bookings. „Wie viel Trump ist echt?“ Wie viel sei gespielt. Man wisse es nicht.

Trump kann Obamacare kaum kippen

Die nächsten Wochen werden Aufschluss darüber geben, in welche Richtung sich Amerika entwickeln wird. Und einiges, was Trump versprochen hat, wird er möglicherweise gar nicht so umsetzen können, wie er es seinen Wählern versprochen hat. Viele Themen werfen Fragen auf.

So hat sich Trump mehrfach im Wahlkampf dafür ausgesprochen, dem politischen Establishment in Washington das Leben schwer zu machen. Doch ausgerechnet bei der Auswahl der Minister scheint er auf Polit-Profis zurückzugreifen. So wird Jeff Sessions, Senator aus dem Bundesstaat Alabama, als Verteidigungsminister gehandelt. Sessions hat Trump von Anfang an die Treue geschworen. Er gilt als konservativer Hardliner und sitzt seit zehn Jahren im Senat in Washington.

Auch New Yorks früherer Bürgermeister Rudi Giuliani und der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses Newt Gingrich könnten ins Kabinett aufrücken. Sie sind konservative Hardliner und alles andere als politische Quereinsteiger. Ganz auf Hauptstadt-Expertise, so scheint es, wird Trump also nicht auskommen. Vor allem Loyalität zahlt sich aus. Doch klar ist auch: Trump umgibt sich wohl mit zahlreichen Hardcore-Konservativen.

Ex-Elite-Kommandeur Zinke soll Innenminister werden
Ryan ZinkeDer künftige US-Präsident Donald Trump hat sich nach Angaben aus seinem Team für den ehemaligen Marineinfanterie-Kommandeur Ryan Zinke als neuen Innenminister entschieden. Der 55-jährige Republikaner werde als Chef des Ressorts nominiert, sagte ein hochrangiger Vertreter des Trump-Teams am Dienstag. Zinke sitzt derzeit für den Bundesstaat Montana im US-Repräsentantenhaus, wo er sich für die Lockerung von Umweltauflagen starkgemacht hat. Das Innenministerium hat die Kontrolle über rund ein Fünftel der gesamten öffentlichen Flächen der Vereinigten Staaten. Trump will auf Staatsgebiet verstärkt Ölbohrungen und Bergbau erlauben. Zinke hatte sich zwar im Wahlkampf bereits früh hinter Trump gestellt. Seine Nominierung kam aber dennoch überraschend. Quelle: AP
Rex Tillerson Quelle: dpa
Andrew Puzder Quelle: REUTERS
Ex-General John Kelly Quelle: AP
Republikaner Scott Pruitt Quelle: AP
Ben Carson Quelle: REUTERS
James Mattis Quelle: dpa

Kritisch beäugen Beobachter derzeit auch die Rolle von Jared Kushner. Der Ehemann von Trumps-Tochter Ivana spielt eine wichtige Rolle im „transition team“ des Republikaners, das die Übergangsphase vorbereitet. Kushner soll bedeutenden Einfluss auf die Besetzung wichtiger Posten etwa für die Ministerien und Behörden haben. Und er wird als möglicher Stabschef von Trump gehandelt. Das wäre ein kurioses Signal nach außen.

Auch beim Thema Obamacare werden Experten und Wähler ganz genau hinschauen. Trump hat versprochen, die Gesundheitsreform von Obama sofort zurückzudrehen. Doch Experten sind sich einig, dass das kaum möglich sein wird. Das Gesetz ist bereits vor sechs Jahren in Kraft getreten und inzwischen wichtiger Teil des Gesundheitssystems. 20 Millionen Amerikaner sind dadurch krankenversichert. „Ich glaube nicht“, sagt Michael Sparer, Gesundheitsökonom an der Columbia Universität, dass Trump ein Gesetz verabschieden werde, „das von heute auf morgen 20 Millionen Menschen die Krankenversicherung wegnimmt“.

Was ändert sich mit Trump im Weißen Haus?
Blick auf den Central Park Quelle: REUTERS
An diesem Schreibtisch wird bald Donald Trump sitzenFirst Lady Melania wird ihre Büros im Ostflügel haben. Präsident Trump wird im West Wing arbeiten, dort liegt auch das 1909 eingerichtete Präsidentenbüro, das „Oval Office“. Quelle: dpa
Blick in den "Yellow Oval Room" in den Privaträumen der Präsidentenfamilie Quelle: AP
Das Trump International Hotel in Washington Quelle: AP
Der Gemüsegarten des Weißen Hauses Quelle: AP
Barack und Michelle Obama Quelle: dpa
Donald und Melania Trump Quelle: AP

Das ist schon allein aus politischen Gründen nahezu unmöglich. Um Obamacare komplett zu kippen, bräuchte Trump eine Mehrheit von 60 Stimmen im Senat. Doch die Republikaner haben nur 51 Stimmen. Die Demokraten könnten gegen das Gesetz erfolgreich opponieren. Trump wird wohl allenfalls versuchen können, Teile der Gesundheitsreform zu verhindern. Eine Abschaffung wird aber kaum möglich sein. Das könnte aber viele Unterstützer und Wähler Trumps enttäuschen.

Auch hinter dem geplanten Mauerbau an der Grenze zu Mexiko machen viele Experten ein Fragezeichen. Mexiko soll laut Trump dafür zahlen. Es hat kaum eine Wahlkampfveranstaltung gegeben, bei der Trump dieses Versprechen nicht wiederholt hat. „Die Mauer zu Mexiko ist eines seiner fünf Kernthemen “, sagt Bruce Riedel, Außenpolitik-Experte bei Brookings. Und Trump werde „danach beurteilt, ob er diese Versprechen einlöst.“ Doch eine Mauer ist teuer. Und warum Mexiko akzeptieren sollte, für die Kosten aufzukommen, hat Trump bislang nicht klar machen können.

Außerdem will der Republikaner die Zahl der Immigranten reduzieren. So kündigte Trump etwa an, Besucher aus muslimischen Ländern besonders intensiv zu überprüfen. Darüber hinaus will Trump alle Immigranten ohne Aufenthaltserlaubnis außer Landes bringen. Derzeit vermuten Experten rund elf Millionen illegale Immigranten im Land.

Für viele Wähler ist das Thema Immigration ein Schlüsselthema. Doch Experten bezweifeln, dass Trump damit wird punkten können. Wenn eine Mutter deportiert werde, die ihre Kinder in den USA zurücklassen müsse, dann werde dies unangenehme Bilder produzieren, sagt Brookings-Expertin Kamarck. „Bei der Mauer und dem Thema Immigration erwarte ich die ersten Probleme für Trump.“

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