Trump hatte noch im Wahlkampf versprochen, die Finanzzocker aus dem Financial District in New York zur Rechenschaft zu ziehen. „Ich werde die Wall Street nicht mit Mord davonkommen lassen“, stellte Trump klar und versprach sich Banker und Finanzprofis vorzuknöpfen, denen viele US-Bürger noch immer die Verantwortung für die große Wirtschaftskrise nach dem Kollaps des Häusermarkts im Jahr 2007 vorwerfen. Die Finanz-Industrie habe „riesengroße Probleme“ bereitet, erklärte Trump.
Steve Mnuchin wird sich zwangsläufig angesprochen gefühlt haben müssen. War er doch in der Vergangenheit in die Schlagzeilen geraten, weil eines seiner Finanzunternehmen in der Finanzkrise 35.000 Immobilien zwangsversteigerte und damit zahlreiche Opfer der Krise ihr Dach über dem Kopf nahm. Ein Kämpfer für den kleinen Mann dürften sich viele US-Amerikaner anders vorstellen.
Auch die Weste von Trumps Mann für das Handelsressort, der bereits 79-jährige Wilbur Ross, ist nicht blütenweiß. Der Milliardär, dessen Vermögen Forbes auf knapp drei Milliarden US-Dollar schätzt, hat sich einen Ruf als „König des Bankrotts“ erworben. Der Investor hat sich darauf spezialisiert hat, angeschlagene Unternehmen der Stahl- und Kohleindustrie zu restrukturieren. Kritiker werden Ross harte Sanierungsmethoden vor. Im Januar 2006 starben zwölf Kumpel bei einer Explosion in einer Mine in West Virginia, die zum Imperium von Ross gehörte und seit Längerem als unsicher galt.
Trump hatte im Wahlkampf aktiv um die Minenarbeiter geworben und versprochen, das Kohlezeitalter längst noch nicht beenden zu wollen. Das dürfte Ross gefallen. Auch in ihrer Ablehnung von Freihandelsabkommen sind sich Trump und der 79-Jährige einig. Der neue Wirtschaftsminister glaubt, dass der freie Warenverkehr keine Win-Win-Situation ist. „Es gibt Gewinner und es gibt Verlierer. Und leider zählen wir zu den Verlierern aufgrund der dämlichen Abkommen, die wir abschließen“, erklärte Ross im August im US-Fernsehen.
Wie Trump sich als Jobretter inszeniert
Ökonomen fürchten nicht nur, dass die Aufkündigung von Freihandelsabkommen den US-Arbeitern mehr schaden als nutzen. Auch treibt sie um, dass die Trump-Regierung vor allem an ihrem eigenen Wohl und Reichtum interessiert sein könnte – und etwa an der Wiederbelebung der Kohleindustrie ebenso mitverdienen will, wie an einer Lockerung der Wall-Street-Regeln. Auch eine groß angelegte Steuerreform zugunsten von Investoren und Konzernen steht im Raum. Trump nährt diese Spekulationen, indem er parallel zu den Personalentscheidungen am Mittwoch ankündigte, dass die Steuerpolitik zu den wichtigsten Vorhaben der neuen Regierung gehöre.
Trump, der egoistische Präsident, der seine reichen Freunde mit Macht und Lobbypolitik beschenkt und seine Wahlkampfversprechen schneller revidiert als je ein Präsident zuvor? Gerade als die Zweifel an den Republikaner immer größer wurden, vermeldete der Bald-Präsident einen ersten Triumph im Kampf für seine treueste Wählerschaft – den US-Arbeitern. Klimageräte-Hersteller Carrier kündigte überraschend an, einen Großteil seiner Produktion nun doch nicht nach Mexiko verlagern zu wollen, sondern in Indianapolis zu bleiben. Mindestens 1000 Jobs – zumeist gut bezahlte – werden so gesichert.
„Wir haben einen Deal erreicht“, twitterte Carrier am Mittwochmorgen und lieferte Schützenhilfe für Trump, der im Wahlkampf ununterbrochen erklärte, ein Meister von Verhandlungen zu sein und US-Konzerne zum Bleiben bewegen könne. Die Freude trübt, dass die Jobs von Indianapolis wohl mit Steuererleichterungen oder indirekt durch Regierungsaufträge – Mischkonzern United Technologies, der Rüstungsgüter an den Staat verkauft, ist an Carrier beteiligt – teuer bezahlt werden. Kritiker wie Ökonomie-Professor Mohan Tatikonda nennen den Deal in der „New York Times“ deshalb auch „Symbolpolitik“, die den „Verlust von Arbeitsplätzen in der Produktion in den USA“ nicht stoppen wird.
Für die Arbeiter von Carrier ist es dennoch ein guter Tag. Gleiches gilt für Donald Trump, der spätestens seit Ende 2015 weiß, welch große Auswirkungen selbst kleine Gesten haben können.