Der Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentenwahl bedeutet eine historische Zäsur für die amerikanische Notenbank Fed. Die mächtigste Instanz in Sachen Geldpolitik weltweit muss sich darauf einstellen, dass sie von dem Republikaner an die kurze Leine gelegt wird. Schon seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise 2008 lauern republikanische Gegner der mehr als 100 Jahre alten Zentralbank im Kongress auf ihre Chance, das Institut härter an die Kandare zu nehmen. Sie sagen den Währungshütern Bürgerferne und eine ungute Nähe zur Wall Street nach. Auch wenn Trump sich noch nicht konkret zu seinen Plänen geäußert hat, dürfte eines klar sein: Die Fed gerät in die Defensive.
Die Tage der von Trump hart attackierten Fed-Gouverneurin Janet Yellen an der Spitze der Notenbank sind wohl gezählt. Auch die für Dezember ins Auge gefasste Zinserhöhung wird wohl erneut abgeblasen. "Die Anhebung ist erst einmal abgesagt. Die Fed wird nicht riskieren wollen, dass die Konjunktur weiter belastet wird", sagt der Leiter des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Michael Hüther. Der Ökonomie-Professor lehrt zurzeit an der kalifornischen Elite-Universität Stanford und analysiert den Wahlsieg der Republikaner vor Ort.
Der erklärte Freihandelsgegner Trump will die USA wirtschaftlich abschotten und gilt daher als Investorenschreck. Er hat im Wahlkampf vollmundig Steuersenkungen, den Aufbau von 25 Millionen Jobs und eine Verdoppelung des Wachstumstempos versprochen. Volkswirt Harm Bandholz von der Großbank UniCredit befürchtet, dass der im politischen Tagesgeschäft unerfahrene Staatschef in spe die derzeit wieder florierende Konjunktur auf Talfahrt schicken wird. "Die Zölle, die er vorschlägt und die Abschiebung von illegal eingewanderten Migranten werden die US-Wirtschaft über kurz oder lang in die Rezession stürzen."
Die Fed hatte Ende 2015 die Leitzinsen erstmals seit fast einem Jahrzehnt auf das jetzige Niveau von 0,25 bis 0,5 Prozent erhöht. Sie schreckte aber wegen eines Börsenbebens in China und später wegen des Anti-EU-Votums der Briten vor einer weiteren Anhebung zurück. Nun droht Störfeuer im eigenen Land. "Wenn die Märkte wackeln, wird Yellen die Zinserhöhung im Dezember nicht wagen", ist sich Fed-Beobachter Bernd Weidensteiner von der Commerzbank sicher. Bei der Europäischen Zentralbank bereitet man sich bereits für den Notfall auf eine Intervention vor, wie EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny wissen ließ. Er befürchte eine Phase der mittelfristigen Unsicherheit.
Auch bei der Fed dürften die Alarmsirenen jetzt schrillen: Trump hatte Yellen im Wahlkampf als Befehlsempfängerin des demokratischen Präsidenten Barack Obama bezeichnet. Sie solle sich dafür schämen, was sie dem Land antue. Nach dieser verbalen Breitseite kommt Yellen wohl kaum noch für eine zweite Amtszeit an der Spitze der Notenbank in Frage, der sie noch bis 2018 vorsteht. Sie kann danach zwar als einfaches Direktoriumsmitglied weiter arbeiten, doch gilt ein Rücktritt als wahrscheinlicher.
Zudem kann Trump als Gegner des Washingtoner Establishments mit der Besetzung vakanter Fed-Direktorenposten künftig weitere Duftmarken setzen. "Es droht ein Konflikt zwischen Trump und der Notenbank. Die Regierung wird sich durchsetzen", prophezeit Commerzbank-Experte Weidensteiner. Auch in ihrer Arbeit müssen sich die Währungshüter auf Änderungen gefasst machen. Im Kongress gibt es im Rahmen der Initiative "Audit the Fed" bereits Bestrebungen, die Notenbank dazu zu zwingen, ihre Entscheidungsprozesse transparenter zu machen. Einige Republikaner wollen das Doppelmandat der Fed - Förderung von Vollbeschäftigung und Sicherung der Preisstabilität - einengen oder teils sogar massiv einschränken.
Der US-Senator Rand Paul scheiterte allerdings mit einer Initiative, die Geldpolitik der Fed regelmäßig vom Rechnungshof des Kongresses durchleuchten zu lassen. Sein Vater Ron Paul hatte einst im Rennen um das Weiße Haus sogar die Auflösung der Zentralbank verlangt. Die Grundlage der Arbeit der Fed beruht auf einem mehr als 100 Jahre alten Bundesgesetz, das der Kongress bereits mehrfach modifiziert hat - so auch in den 1970er-Jahren, als das bis jetzt gültige Doppelmandat etabliert wurde.
Trumps wirtschaftspolitische Pläne
Trump will für mehr Wachstum in der US-Wirtschaft sorgen. „Bessere Jobs und höhere Löhne“, lautet eines seiner Kernziele. Der Immobilien-Unternehmer will die Staatsschuldenlast der USA von fast 19 Billionen Dollar abbauen. Er bezeichnet die Schuldenlast als unfair gegenüber der jungen Generation und verspricht: „Wir werden Euch nicht damit alleine lassen“. Defiziten im Staatshaushalt will er ein Ende bereiten.
Trump hat umfangreiche Steuersenkungen sowohl für die Konzerne als auch für Familien und Normalverdiener angekündigt. Er spricht von der größten „Steuer-Revolution“ seit der Reform von Präsident Ronald Reagan in den 1980er Jahren. Wer weniger als 25.000 Dollar im Jahr verdient, soll dank eines Freibetrages künftig gar keine Einkommensteuer mehr zahlen. Den Höchstsatz in der Einkommensteuer will er von momentan 39,6 Prozent auf 33 Prozent kappen. Ursprünglich hatte er eine Absenkung auf 25 Prozent in Aussicht gestellt. Die steuerliche Belastung für Unternehmen will Trump auf 15 Prozent von bislang 35 Prozent vermindern. Das soll US-Firmen im internationalen Wettbewerb stärken. Firmen, die profitable Aktivitäten aus dem Ausland nach Amerika zurückholen, sollen darauf eine Steuerermäßigung erhalten. Die Erbschaftsteuer will der Republikaner ganz abschaffen. Eltern sollen in größerem Umfang Kinderbetreuungs-Ausgaben steuerlich absetzen können.
Trump verspricht, der „größte Job-produzierende Präsident“ der USA zu werden, „den Gott jemals geschaffen hat“. Bereits als Unternehmer habe er Zehntausende neue Stellen geschaffen.
Um amerikanische Arbeitsplätze zu sichern, will Trump die Zölle auf im Ausland hergestellte Produkte anheben und die US-Wirtschaft insgesamt stärker gegen Konkurrenz aus dem Ausland schützen. China, aber auch Mexiko, Japan, Vietnam und Indien wirft Trump beispielsweise vor, die Amerikaner „auszubeuten“, indem sie ihre Währungen zum Schaden von US-Exporten abwerten und manipulieren.
Das angestrebte transatlantische Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP) lehnt Trump ab. Für ihn schadet ein freierer Zugang der Europäer zum US-Markt – vor allem zum staatlichen Beschaffungsmarkt – den amerikanischen Firmen. Das geltende Nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta will er neu verhandeln, die TPP-Handelsvereinbarung mit asiatischen Staaten aufkündigen. Trump setzt generell anstatt auf multilaterale Handelsabkommen, etwa im Rahmen der Welthandelsorganisation, auf bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen Staaten und Wirtschaftsräumen.
Die Handelsbeziehungen zu China, der nach den USA zweitgrößten Wirtschaftsmacht weltweit, will Trump grundlegend überarbeiten. Er wirft der Volksrepublik vor, ihre Währung künstlich zu drücken, um im Handel Vorteile zu erlangen. Er will das Land daher in Verhandlungen zwingen, damit Schluss zu machen. Auch „illegale“ Exportsubventionen soll die Volksrepublik nicht mehr zahlen dürfen. Verstöße gegen internationale Standards in China sollen der Vergangenheit angehören. Mit all diesen Maßnahmen hofft er, Millionen von Arbeitsplätzen in der US-Industrie zurückzugewinnen.
In der Energie- und Klimapolitik hat Trump eine Kehrtwende angekündigt. Er will die USA von den ehrgeizigen Klimaschutzvereinbarungen von Paris abkoppeln, die Umwelt- und Emissionsvorschriften lockern und eine Rückbesinnung auf fossile Energieträger einläuten: „Wir werden die Kohle retten.“ Die umstrittene Fracking-Energiegewinnung sieht Trump positiv.
Trump verspricht der Wirtschaft eine umfassende Vereinfachung bei den staatlichen Vorschriften. Er werde ein Moratorium für jede weitere Regulierung durch die Behörden verhängen, kündigte er an. Trump will Milliarden in die Hand nehmen, um Straßen, Brücken, Flughäfen und Häfen zu bauen und zu modernisieren. Finanzieren will er das unter anderem dadurch, dass die US-Verbündeten einen größeren Teil an den Kosten für Sicherheit und Verteidigung in der Welt übernehmen sollen.
Yellen hat sich in mehreren Anhörungen vor dem Kongress gegen das Vorhaben gestellt, ihre Politik stärker überwachen zu lassen oder an eine feste Formel zu binden. Im Gespräch war dabei die nach dem US-Ökonomen John Taylor benannte Regel zur Bestimmung des je nach Konjunkturlage angemessenen Leitzinses. Ob Trump ein Anhänger dieser Pläne ist, hat er bislang offen gelassen. Doch die Notenbank könnte sich nun schon bald an den Rat ihres früheren Forschungsdirektors David Stockton erinnern: "Die Fed sollte sich nicht in eine Abwehrhaltung begeben, sondern die womöglich anstehenden Änderungen mit beeinflussen."