Für Peter Thiel gibt es ganz offensichtlich angenehmere Momente im Leben. Der 49-Jährige sitzt auf dem Podium des National Press Clubs in Washington. Er trägt einen grauen Anzug und ein hell-blaues Hemd. Jedes Mal, wenn Thiel fertig ist mit seiner Antwort und der Moderator zur nächsten Frage ansetzt, greift Thiel in hektischen Bewegungen zum Wasserglas, nimmt einen kleinen Schluck und presst anschließend die Lippen angestrengt aufeinander. Sein Blick ist auf den Moderator gerichtet, die anwesenden Journalisten meidet er. Peter Thiel wirkt angespannt.
Der Internet-Milliardär muss sich erklären. Er unterstützt Donald Trump. Umgerechnet 1,4 Millionen Euro spendet Thiel für den Wahlkampf des Republikaners. Parteispenden sind zwar normal in Wahlkampfzeiten. Wohlhabende Privatpersonen finanzieren damit die Wahlkampfreisen der Kandidaten, die Auftritte vor Ort oder bestimmte Organisationen, die sich für ein konkretes Ziel einsetzen. Doch Thiels Millionen-Scheck ist selbst ein Politikum. Er will, dass Donald Trump der 45. Präsident der Vereinigten Staaten wird. Ausgerechnet Thiel: der schwule Investor aus dem Silicon Valley. 95 Prozent der Tech-Nerds unterstützen laut der Webseite Crowdpac Hillary Clinton.
Die Wirtschaftsberater von Donald Trump
Der Hedgefondsmanager wettete 2007 gegen den überhitzten Immobilienmarkt und machte dadurch Milliarden Dollar Gewinn für sich und seine Investoren. Jüngst waren seine Einschätzungen zu Aktienentwicklungen und Konjunktur jedoch weniger akkurat. In den vergangenen fünf Jahren büßten seine Investments massiv an Wert ein.
Quelle: Reuters
Der Investmentmanager ist Chef der von ihm 1992 mitbegründeten Beteiligungsgesellschaft Cerberus Capital Management. Unter seiner Führung war das Unternehmen auch größter Anteilseigner von Chrysler, bis der Autobauer 2009 mit staatlicher Hilfe saniert wurde.
David Malpass war Vize-Staatssekretär im Finanzministerium unter Präsident Ronald Reagan und Vize-Staatssekretär im Außenministerium unter Präsident George Bush senior sowie Chefvolkswirt der Investmentbank Bear Stearns. Derzeit leitet er die Investmentberatungsfirma Encima Global. Er ist ein scharfer Kritiker der Geldpolitik der US-Notenbank, fordert mehr Investitionen in die Infrastruktur und Steuersenkungen.
Peter Navarro ist der einzige Vertreter auf Trumps Beraterliste, der in Wirtschaftswissenschaften promovierte. Derzeit lehrt er als Wirtschaftsprofessor an der University of California in Irvine. Drei seiner neun Bücher befassen sich kritisch mit Chinas Rolle in der Welt. Er fordert einen Importzoll in Höhe von 45 Prozent auf chinesische Waren. Die USA sollten seiner Meinung nach eine strengere Haltung zu Diebstahl geistigen Eigentums und in Handelsfragen einnehmen.
Howard Lorber ist Chef der Vector Group, die Zigaretten herstellt und im Immobiliengeschäft aktiv ist. Laut Trumps Wahlkampfstab ist Lorber einer der besten Freunde Trumps.
Der Investmentmanager konzentriert sich auf Finanzierungsvorhaben in der Unterhaltungsbranche. Der Ex-Goldman-Sachs-Partner ist Chef der Beteiligungsgesellschaft Dune Capital Management. Er hat in der Vergangenheit häufig Geld an die Demokraten gespendet, einschließlich deren Kandidatin Hillary Clinton. Mit Trump ist er nach eigenen Angaben seit mehr als 15 Jahren privat und beruflich verbunden.
Dan Dimicco ist Ex-Chef der Nucor Corp, einem der größten US-Stahlproduzenten. Er ist ein scharfer China-Kritiker und tritt ein für neue Handelsregeln zugunsten der US-Industrie.
Stephen Moore ist einer der führenden konservativen US-Wirtschaftsexperten, der für das "Wall Street Journal" arbeitete und derzeit der Denkfabrik Heritage Foundation angehört. Er gründete die Anti-Steuern-Lobbygruppe Club of Growth.
Der Immobilienfinancier und Hotelentwickler ist ein langjähriger Freund Trumps. Er ist Gründer und Chef der Beteiligungsgesellschaft Colony Capital.
Auf der Pressekonferenz in Washington begründet er sein finanzielles Engagement für Trump. Thiels Hauptargument für den Republikaner ist eine Abrechnung mit dem Establishment der Hauptstadt: „Wir wählen Trump, weil die politische Führung dieses Landes versagt hat“, sagt der 49-Jährige. Was der republikanische Präsidentschaftskandidat präsentiere, sei nicht verrückt. „Trumps Agenda macht das Land wieder normal“, so Thiel weiter, „ohne Handelsbilanzdefizit, ohne Kriege und mit einer Regierung, die einfach ihre Arbeit macht.“
Thiels Unterstützung für Trump hat in den USA eine breite Debatte ausgelöst. Zwar hat der Unternehmer bereits auf einer Veranstaltung der Republikaner-Partei vor einigen Monaten eine mitreißende Rede gehalten, bevor Trump auf die Bühne kam. Doch Geld hatte Thiel bislang nicht locker gemacht. Bis vor wenigen Tagen schienen Thiels Worte von damals nur ein loses Lippenbekenntnis zu sein. Dann machte er die Millionen-Spende publik.
Der Tech-Investor ist einer der erfolgreichsten Unternehmer des Silicon Valleys. Ende der Neunzigerjahre gründete er den Online-Bezahldienst Paypal –zusammen mit Tesla-Gründer Elon Musk. Gemeinsam bauten sie das Start-up zu einem weltweit führenden Finanzdienstleister auf und machten durch den Börsengang 2004 umgerechnet rund 50 Millionen Euro. Thiel hat Investmentgesellschaften gegründet. Sein wertvollster Triumph: 2004 stieg er als Investor bei Facebook ein. Zwischenzeitlich gehörten ihm sieben Prozent. Beim Facebook-Börsengang 2012 und in der Zeit danach verkaufte Thiel Facebook-Anteile im Wert von knapp einer Milliarde Dollar. Sein Vermögen schätzen Medien heute auf umgerechnet rund 2,5 Milliarden Euro.
Die Marke Donald Trump
Als Baulöwe, Casinobetreiber, Golfclubbesitzer und Ausrichter von Schönheitswettbewerben hat der New Yorker ein Vermögen von zehn Milliarden Dollar angehäuft – nach eigenen Angaben.
Trumps Satz „You’re fired“, mit dem er in der Show „The Apprentice“ ehrgeizige Jungunternehmer feuerte, wurde zum geflügelten Wort.
Trump spendete auch an Demokraten wie die Clintons, tritt nun aber für die Republikaner an.
Thiel ist aber gleichzeitig eine der schillerndsten Persönlichkeiten im Valley. Er hat einen deutschen Vater. Seine Eltern kamen nach Amerika, als Thiel ein Jahr alt war. Als Student gründete er 1987 die libertäre, wöchentlich erscheinende Campuszeitung „The Stanford Review“. Thiel unterstützte 2008 und 2012 den libertären Präsidentschaftskandidaten Ron Paul. Er finanzierte zudem eine Klage des US-Schau-Wrestlers Hulk Hogan gegen den Klatsch-Blog Gawker wegen der unerlaubten Veröffentlichung eines Sex-Videos. Das Portal Gawker, das wenige Jahre zuvor Thiel als schwul outete, wurde zu einer Strafzahlung in Höhe von mehr als 100 Millionen Euro verdonnert – und musste dicht machen. Seit mehr als einem Jahr investiert Thiel in den wachsenden Cannabismarkt der USA. Gleichzeitig steht er politisch auch der äußerst konservativen Tea Party der Republikaner nahe.
Thiel schwimmt gerne gegen den Strom
In seinem rund 15-minütigen Vortrag, den er vom Prompter abliest, attackiert er vor allem das politische System in Washington. In diesem Punkt ist er ganz Trump. Und er verachtet politische Dynastien wie die Bushs und die Clintons. In deren Zeit als US-Präsident seien die großen Finanzblasen der letzten Jahrzehnte entstanden: Unter Bill Clinton platzte 2000 die Internetblase, unter George W. Bush kam es nach der Pleite von Lehman Brothers zur Bankenkrise. Beide Präsidenten hätten mit ihrer Politik das Gegenteil bewirken wollen. „Die Wähler sind es leid, dass sie angelogen werden.“, sagt Thiel. „Mir wäre es deshalb lieber gewesen, Trump würde gegen Bernie Sanders antreten.“ Zwei unverbrauchte Kandidaten. Sanders war der demokratischen Kandidatin Clinton nur knapp unterlegen.
Thiel wird für sein oft unkonventionelles Verhalten im Valley sehr geschätzt. Bei seinen Investitionsentscheidungen schwimmt er oft gegen den Strom. Auch dieses Mal sucht er sich einen scheinbar unpassenden Zeitpunkt aus. Thiels Unterstützung für Trump kam just in einer Zeit, als Trump wegen seiner Äußerungen gegenüber Frauen unter Druck geraten ist. Auch Thiel hatte sich mal abwertend gegenüber Frauen geäußert, als er die angeblich negativen Folgen des Wahlrechts für Frauen beschrieb. Heute sagt er: Die Aussagen Trumps über Frauen seien „inakzeptabel“.
Thiel unterstützte Trump für die Sachen, die er richtig mache. Der Freihandel habe „nicht allen Amerikanern geholfen“, sagt Thiel. Die Regierung verschwende zudem Milliarden für „ungerechtfertigte Kriege“ etwa in Syrien, dem Irak und Jemen. Ein Land, in dem die Studenten schlechter dran seien als ihre Eltern, sei nicht mehr sein Land. Das amerikanische Gesundheitssystem „finanziere zudem den Rest der Welt.“
Sein politisches Engagement ruft aber zahlreiche Kritiker auf den Plan. Trumps Einwanderungspolitik, die auf Abschottung setzt, wird von führenden Tech-Investoren abgelehnt. Ellen Pao, Chefin von Project Include, eine Organisation, die Vielfalt in Unternehmen fördert, hat die Zusammenarbeit mit dem Start-up-Inkubator Y Combinator gestoppt, weil Thiel dort Partner ist. Facebook-Chef Mark Zuckerberg wurde mehrfach aufgefordert, Thiel aus dem Aufsichtsrat des Internet-Konzerns zu werfen. Zuckerberg lehnt diesen Schritt ab.
Die gegenseitigen Anfeindungen zeigen, wie aufgeheizt die Debatte acht Tage vor der Wahl in den USA ist. „Es hat viele Diskussionen gegeben“, sagt Thiel. Er sei ja ein eher unkonventioneller Typ, der Dinge oftmals anders mache. Seine Unterstützung für Trump sei „das erste Mal in seinem Leben eine konventionelle Entscheidung gewesen“, sagt er. Er wollte jemanden unterstützen, den er politisch für die richtige Wahl halte. So wie das viele machen. „Dass diese Entscheidung eine solche Kontroverse entfacht, hätte ich nicht gedacht.“