Schusswaffen in den USA „Es ist unser verdammtes Recht, Waffen zu besitzen“

Deutsche Firmen verdienen gut mit Gewehren und Pistolen in den USA. Hillary Clinton als Präsidentin könnte den Boom sogar noch verstärken.

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Wird Clinton Präsidentin, könnte das den Waffenboom kurzfristig anheizen. Quelle: REUTERS

Einmal die Woche haben Brenda und James Singer einen festen Termin. Jeden Mittwoch gehen sie in den Palmetto State Armory. Der riesige Waffenladen in Columbia, der Hauptstadt des US-Bundesstaats South Carolina, bietet an diesem Tag ein tolles Angebot: Frauen schießen kostenlos. Und so verbringen die 52-jährige Brenda und ihr zwei Jahre älterer Mann die Mittagspause mit schwarzen Ohrenschützern und Patronenhülsen um die Füße.

„Es baut Stress ab, bringt mich auf andere Gedanken und macht einfach Spaß“, sagt James, während er sich am Tresen mit seinem Führerschein ausweist. Brenda organisiert derweil die Zielscheiben in Form menschlicher Silhouetten. „Wir leben in einem Land, in dem es viel zu viele Einbrüche gibt“, meint James.

Dann zählt er sein Waffenarsenal auf: Pistolen der Marken Glock 10 und Glock 35, dazu drei Berettas – eine in der 9/11-Sonderedition – sowie einige Gewehre. Eingebrochen wurde bei den Singers zwar noch nie, aber James will „bereit sein“. Außerdem, ergänzt Brenda, „ist es unser verdammtes Recht als Amerikaner, Waffen zu besitzen“.

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Dieses „verdammte Recht“ ist vielen Amerikanern heilig – wichtiger als Football und dennoch kontroverser diskutiert als einst der Vietnamkrieg. Das gilt mehr denn je im aktuellen Wahlkampf, wo der Republikaner Donald Trump das in der Verfassung verankerte Recht der Amerikaner, eine Waffe zu tragen, unbedingt bewahren will – und seine Gegnerin, die Demokratin Hillary Clinton, die Gesetze zu „modifizieren“ gedenkt.

Für Tausende Firmen wie den deutschen Waffenhersteller Heckler & Koch (H&K) aus Oberndorf am Neckar und Sig Sauer aus Eckernförde nördlich von Kiel geht es um den wichtigsten Markt auf dem Globus. Umgerechnet gut neun Milliarden Euro werden jährlich in den Vereinigten Staaten mit dem Verkauf von Waffen, Munition und Zubehör an Privatpersonen umgesetzt. Rund eine halbe Million Jobs hängen von den Schießeisen ab. In 2015 legten sich US-Bürger gut zwölf Millionen neue Waffen zu.

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Während H&K anderswo Probleme hat, sein Sturmgewehr G36 loszuwerden, ist der US-Waffenmarkt ein Selbstläufer. Selbst im Falle „restriktiver Regulierungen“, erklärt der Vorstand im letzten Geschäftsbericht, werde „ein erhebliches Wachstumspotenzial gesehen“.

Immer mehr Bürger wollen Waffen und – wie die Singers mit ihren Glocks und Berettas – nicht nur eine: Kamen im Jahr 2008 auf 100.000 Bürger noch 2300 neue Gewehre, waren es 2015 gut 3000 – von der billigen Saturday Night Special ab 100 Dollar bis zum Modern Sporting Rifle genannten Sturmgewehr für Tausende Dollar.

von Silke Fredrich, Nora Jakob, Katharina Matheis, Nico Hornig, Jana Reiblein

Gut 50.000 lizenzierte Händler, das sind fast fünf Mal mehr als die Kaffeekette Starbucks an Filialen in den USA hat, bringen die Schießeisen an die Kunden. Zu den lizenzierten gehören Miniläden an der Straßenecke ebenso wie der größte Waffenhändler des Landes, der Supermarktriese Walmart, der Waffen neben Chips und Cola in den Regalen bereit hält. Wer sich eine Waffe zulegen darf, ist in jedem Bundesstaat anders geregelt: So sind in nördlichen Küstenstaaten die Auflagen strenger als im Süden oder dem Mittleren Westen. Überall aber ist es leichter an Waffen zu kommen als in Europa.

Etwa auf der Gun Show, die an einem Oktoberwochenende in Bloomsburg, Pennsylvania stattfindet. In zwei riesigen Hallen schieben sich Hunderte Menschen durch die Gänge. Ein Stand bietet Zielscheiben aus Stahl: wahlweise in Form eines niedlichen Eichhörnchens oder eines menschlichen Schädels, bezeichnet als „terrorist head“. Auf den Tischen und in Glasvitrinen liegen Pistolen, Gewehre, Messer und Munition. Maschinenpistolen sind selten zu sehen, gelten in der Branche aber als das nächste heiße Ding.

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