Schusswaffen in den USA „Es ist unser verdammtes Recht, Waffen zu besitzen“

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Im Land der Waffennarren

Auf dem Stand von Double Tap Firearms liegen gleich zwei Exemplare. Die gebrauchten MPs feuern mehrere Schuss pro Sekunde ab und kosten jeweils knapp 8000 Dollar, umgerechnet gut 7300 Euro. „Sie zahlen die Steuer vorab, und dann prüft die Polizei etwa sechs bis neun Monate, ob Sie die Waffe kaufen dürfen“, erklärt der Verkäufer einem 18-jährigen Jungen in einem orange-farbenen Kapuzenpulli. „Danach zahlen Sie den Rest.“ Für den „Background Check“ müssten noch die Fingerabdrücke genommen und der Ausweis kopiert werden. „Das macht meine Mom“, sagt der Junge.

Amokläufe fördern den Waffenboom

37 Prozent der US-Haushalte haben laut einer Statistik des PEW Research Center eine Waffe. Gut 300 Millionen Feuerwaffen hat der Small Arms Survey gezählt – fast eine pro US-Bürger also. Allerdings auch ein Opfer pro 10.000 Einwohner – insgesamt 30.000 im Jahr.

Erst im Februar stürmte ein 14-Jähriger in Middletown, Ohio, die Cafeteria seiner Highschool, tötete zwei Mitschüler und verletzte zwei weitere. Im Juni ermordete ein mutmaßlicher Schwulenhasser in einem Nachtclub in Orlando im Bundesstaat Florida 49 Menschen und verletzte über 50 weitere, bevor er selbst von der Polizei niedergestreckt wurde. Gerade erst verpasste ein 14-jähriger Schüler in Utah seinem 16-jährigen Mitschüler im Streit zwei Kugeln. Über 20 solcher Schießereien mit mehr als drei Toten gab es bereits in diesem Jahr in den USA. 99,9 Prozent der Amerikaner, so das Journal „Preventive Medicine“, kennen mindestens ein Opfer.

Der Obama-Effekt: Schusswaffenverkäufe an US-Bürger. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Im Land der Waffennarren folgt auf solche Zwischenfälle jedoch kein Verbot – sondern ein Boom. Nachdem im Dezember 2012 ein Jugendlicher an seiner früheren Grundschule 28 Menschen tötete, verzeichnete die Branche einen Rekord; binnen 24 Stunden wurden 120.000 Schusswaffen verkauft. Beim nächsten Amoklauf will der Bürger bewaffnet sein.

Die Spirale der Gewalt ist für die Hersteller hochprofitabel. Unternehmen wie die US-Firma Ruger schaffen zweistellige Umsatzrenditen nach Steuern. Ihre Aktien schlagen sich deutlich besser als Standard-Indizes wie der S&P 500. Vor allem teure Extras gehen: Käufer des ab 600 Dollar erhältlichen Sturmgewehrs M16 etwa stecken im Schnitt etwa noch mal den gleichen Betrag in Zubehör und Fanartikel.

Solche Margen locken Investoren. Die Beteiligungsfirma Cerberus Capital Management besitzt mit der Freedom Group gar einen milliardenschweren Waffenkonzern, zu dem bekannte Marken wie Remington und Bushmaster gehören. „Wir investieren nur für unsere Kunden“, kontert ein Sprecher des nach dem römischen Höllenhund benannten Investors. Dabei hatte Cerberus nach einem Amoklauf im Jahr 2012 noch verkündet, die Anteile abstoßen zu wollen.

Die Kollegen vom weltgrößten Fondsmanager Blackrock halten ihr Engagement bei Smith & Wesson und Ruger für eine Art höhere Gewalt: „Die Waffenhersteller sind in vielen Aktienindizes drin.“ Wenn Kunden dort investierten „müssen wir mitziehen“.

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