Trumps fossiler Bohrtrupp Bermuda-Dreieck für den Klimaschutz

Die drei Schaltstellen der US-Umweltpolitik besetzt Donald Trump künftig mit Gleichgesinnten, die wie er selbst den Klimawandel leugnen. Dabei geht es um unfassbar viel Geld, Macht, Wall Street und Wladimir Putin.

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Klimaleugner Donald Trump? Die Wahl seiner Kabinettsmitglieder gibt vielen Grund zur Sorge. Quelle: AFP

Rex Tillerson hatte seinen großen Tag mit Wladimir Putin im Jahr 2013. Damals überreichte ihm der russische Präsident die Freundschaftsmedaille des russischen Staates, die höchste Auszeichnung, die ein Ausländer erhalten kann. Tillerson, Vorstandschef des Ölmultis Exxon Mobil, hatte zuvor mit der staatlichen Ölgesellschaft Rosneft einen Vertrag über eine Summe von bis zu einer halben Billion Dollar abgeschlossen. Die gemeinsame Ausbeutung von gigantischen Ölfeldern in der Antarktis war das Ziel. Es war der größte Deal, der jemals in der Geschichte der Ölindustrie abgeschlossen wurde. Er hätte Exxon über Jahrzehnte unfassbar reich gemacht und Putins Ölgesellschaft ebenfalls. Der Deal war so groß, dass Experten damals glaubten, er alleine werde die wirtschaftliche Entwicklung Russlands dramatisch beeinflussen.

Doch dann kam der Ukraine-Konflikt, der Überfall auf die Krim. Noch-US-Präsident Barack Obama grätschte den Ölgiganten mit umfassenden Sanktionen gegen Russland in die Parade. Seitdem liegt das arktische Ölabenteuer auf Eis. Bei Exxon Mobil häufen sich die Verluste. Russlands Superreiche leiden. Diejenigen, die auch in Deutschland die Abschaffung der Sanktionen herbeisehnen, könnten sie schneller bekommen, als sie erhofft hatten. Ob sie sich darüber nur freuen werden, steht auf einem anderen Blatt.

Für Tauwetter in der Arktis könnte der künftige US-Präsident Donald Trump sorgen, der sich aus vielen Krisenherden der Welt zurückziehen will, auch schon die Beistandspflicht in der Nato in Frage gestellt hat, und Putin als einen großen Führer verehrt. Dazu kommt ein ausgewiesener Russland-Versteher: Rex Tillerson. Der 64-Jährige soll laut übereinstimmenden Medienberichten am Dienstag von Trump für den Außenministerposten nominiert werden, die Entscheidung soll am Dienstagmorgen offiziell bekanntgeben werden. Das könnte auch Exxon zurück ins Spiel bringen, vielleicht sogar an der Wall Street wieder wertvoller machen als Apple. Der Wechsel in die Politik wäre für Tillerson, der nie außerhalb eines Ölunternehmens gearbeitet hat, finanziell kein allzu großer Verlust. Mit 65 müsste er ohnehin den Chefsessel bei Exxon Mobil abgeben.

Darum hat Trump gewonnen

Tillerson besitzt derzeit Exxon-Aktien und langfristige Optionen im Wert von rund 150 Millionen Dollar. Was mit ihnen passieren müsste, ist noch unklar. Jede Reaktivierung des Exxon-Rosneft-Deals würde aber dem Aktienkurs des Unternehmens sicherlich sehr gut tun. Trump bezeichnet vor allem Tillersons Russland-Erfahrung als Plus für das Außenministeramt. Er habe „riesige Geschäfte“ dort abgeschlossen und er sei ein „Spieler der Weltklasse“.

In der republikanischen Partei regt sich bislang nur wenig Widerstand. Ein ausgewiesener „Freund von Wladimir“ zu sein sei kein Attribut, das er bei einem US-Außenminister sehen wolle, twitterte zumindest US-Senator Marco Rubio. John McCain, Senator aus Arizona, äußerte sich am späten Samstag ebenfalls besorgt. Er habe „Bedenken“ hinsichtlich der sehr engen Verbindung zu Russland, sagte McCain gegenüber dem Sender „CNN“.

Die Demokraten und Umweltschutzorganisationen weltweit sind quasi in Schockstarre. Sie scheinen nicht zu wissen, wo sie überhaupt anfangen sollen, sich aufzuregen. „Gerade haben wir gedacht, Trumps Kabinett könnte nicht mehr weiter entfernt sein von den Bedürfnissen der amerikanischen Bürger“, so Greenpeace-Sprecherin Cassady Craighill, „da schiebt er noch eine Ernennung von Rex Tillerson als Außenminister nach“. In seiner Position werde er alles unternehmen, um „internationale Klimainitiativen mundtot zu machen“ und die „Generalstaatsanwälte der Bundesstaten daran zu hindern, fossile Brennstoff-Hersteller zur Verantwortung zu ziehen“.

Unter Führung von Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman aus New York haben mehrere Bundesstaaten bereits bei der Ernennung des nächsten Chefs der Umweltbehörde EPA, Scott Pruitt, Widerstand angekündigt. Pruitt weigert sich wie Trump, an den Klimawandel zu glauben und hat als Generalstaatsanwalt von Oklahoma die Behörde verklagt, die er jetzt führen soll. Pruitt zusammen mit dem Handelsminister Wilbur Ross, der mit seiner Investmentgesellschaft beträchtliche Investitionen in Öl- und Kohleunternehmen hält, sowie Rex Tillerson als Außenminister wären das perfekt Bermuda-Dreieck für den Klimaschutz in den USA – und gleichzeitig Garant für eine umfassende Renaissance der fossilen Brennstoffe.

Der Umwelt-Aktivist und Milliardär Tom Steyer, der Hillary Clinton unterstützt hatte, erklärte gegenüber „The Hill“: Tillersons Ernennung „vervollständige die komplette Übernahme unserer Demokratie durch Big Oil, Wall Street und die Ultra-Rechten“. Er ruft den US-Senat offen dazu auf, die Ernennung zu verhindern.

"Niemand weiß wirklich, was passiert"

Unterdessen bestätigte Trump noch einmal seine echten oder zur Erreichung des großen Ziels vorgetäuschten Zweifel an einem von Menschen beeinflussten Klimawandel. „Also, ich bin jemand, der Dinge versteht, und niemand weiß wirklich, was passiert“, wischte er in einem Interview mit dem konservativen Sender Fox News am Wochenende praktisch die Ergebnisse der gesamten Klimaforschung in einem Satz hinweg. „Das ist nichts, was wirklich hart und schnell kommt.“
Tatsächlich geht der designierte Präsident der USA an jeder erdenklichen Front gegen die weltweite Klimapolitik vor. Er wütet gegen deutsche Windenergie-Hersteller und internationale Klimaziele. Mit Blick auf das Pariser Klimaabkommen wiederholte er im Interview am Sonntag seine „Ich schaue mir das an“-Haltung und bekräftigte seine Maxime, Klimapolitik dürfe die US-Wirtschaft nicht beeinträchtigen. „Ich will nicht, das China oder irgendein anderes Land der Erde dadurch einen Vorteil bekommen“, malte er seine „America first“-Strategie weiter aus. So ohne weiteres kann Trump zwar nicht aus dem Klimaabkommen aussteigen. Aber niemand kann ihn daran hindern, die gesetzten Ziele einfach zu ignorieren.

Der schnellste Weg, Klimaforschung zu behindern, beginnt aber in den USA selbst. Die Raumfahrtorganisation Nasa etwa liefert Forschern seit Jahrzehnten hochauflösendes Bildmaterial aus dem All, das den Wandel auf der Erde dokumentiert, die Eisschmelze zeigt, wie Kohlendioxid um die Welt wandert oder Küstenstädte durch den steigenden Meeresspiegel gefährdet werden. Dafür hat die Nasa für 2017 erneut ein Budget von 1,7 Milliarden Dollar beantragt. Trump hat schon im Wahlkampf durchblicken lassen, dass er das nicht mehr will. Die Nasa solle nur noch den Weltraum erforschen.

Das ist der Trump-Clan
Der 45. Präsident der USA heißt Donald Trump, die First Lady Melania. Für den Wahlsieger spielte seine Familie eine wichtige Rolle im Wahlkampf – und tut es auch während der Präsidentschaft noch. Denn Donald Trump misstraut den meisten politischen Beratern. Nur seine engsten Angehörigen dürfen ihm die Meinung sagen und Ratschläge geben. Quelle: REUTERS
Ivanka Trump Quelle: AP
Donald Trump Jr Quelle: AP
Tiffany Trump Quelle: REUTERS
Tiffany Trump Quelle: REUTERS
Eric Trump Quelle: AP
Seine Ehefrau Lara Yunaska stand ihm bei jeder Wahlkampfveranstaltung seines Vaters zur Seite. Eric ist der Sohn von Ivana Trump, Trumps erster Ehefrau. Im Jahr 2012 wurde Eric vom „Forbes“-Magazin zu einem der Top 30-Immobiliengurus gekürt. Er leitet gemeinsam mit seinen Geschwistern das Trump Imperium und ist Gründer. Quelle: REUTERS

Die Umweltbehörde EPA, bald in den Händen von Scott Pruitt – ein fanatischer Gegner der Klimatheorien – würde auf lange Zeit gesehen aufgelöst, so Beobachter, und in das Energieministerium integriert. Die bisherigen Regulierungen zu Schadstoffausstößen ließen sich relativ einfach außer Kraft setzen, auch der ambitionierte „Clean Power Plan“, der Schadstoffbegrenzungen für US-Kraftwerke vorsieht, könnte schnell zu Fall gebracht werden.

Das Energieministerium hat für 2017 rund 8,5 Milliarden Dollar für Aktivitäten in klimarelevanten Bereichen verplant. Das geht von der Erforschung alternativer Energien bis hin zur Nuklearforschung. Während unter Barack Obama aber die Priorität auf alternative Energien gelegt wurde, könnte jetzt das Pendel auf Öl- und Gas-Förderung zurückschwingen. Zahlreiche Regulierungen, die aus Umweltgründen neue Bohrungen verhindern, stehen ebenfalls zur Disposition. Das hat Trump bereits öffentlich erklärt.

Wahlpolitisch hatte Trump sich schon früh festgelegt. Er wolle in der Industrie für fossile Brennstoffe in den USA „Millionen gut bezahlte“ Arbeitsplätze schaffen. Ein wichtiger Faktor, um in den wirtschaftlich schwachen Kohle- und Öl-Staaten Stimmen zu gewinnen. Ein von Öl-Importen unabhängiges Amerika ist erklärtes Ziel, und da schließt sich der Kreis: Das Multi-Milliarden-Projekt von Exxon in der Antarktis könnte als großer Schritt in diese Richtung und als Arbeitsplatz sichernd verkauft werden. Voraussetzung ist nur ein freundschaftliches Verhältnis mit Russland und eine Aussetzung der Sanktionen.

Trumps wirtschaftspolitische Pläne

Ist es vielleicht eine Ironie der Geschichte, dass das Wohl des Planeten in den kommenden vier Jahren von den Kindern des 70-Jährigen Präsidenten abhängen wird? Ein Treffen im Trump-Tower mit dem zuletzt zum Umweltaktivisten gewandelten früheren Vizepräsidenten Al Gore soll auf Drängen von Tochter Ivanka Trump zustande gekommen sein. Die 35-Jährige will sich die Erhaltung der Umwelt auf ihre Fahnen schreiben. Dazu müsste sie allerdings ihren Vater überzeugen, seine bisherige Haltung spürbar zu überdenken, und das Öl-Triumvirat im Weißen Haus überwinden.

Rohöl ist dann doch vielleicht dicker als Blut. Kurzfristig jedenfalls hatte Ivanka Trump schon mal keinen Erfolg. Nach dem Treffen mit Al Gore nominierte Donald Trump Klimaverweigerer Pruitt für den Chefsessel der Umweltbehörde EPA. Wenn Tillerson auch noch bestätigt werden sollte, dann waren die Gespräche restlos erfolglos. Was nicht verwunderlich wäre, wenn man unterstellt, dass 500 Milliarden Dollar bei einem einzigen Öl-Deal mit Russland auf dem Spiel stehen könnten.

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