Düsseldorf Amerikas neu gewählter Präsident Donald Trump ist nicht nur für die meisten Frauen und Männer eine Wundertüte, sondern auch für die großen Unternehmen. Vor allem für Konzerne mit Amerika-Geschäft. Im Wahlkampf dominierten Horrorszenarien wie Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Protektionismus. Doch auf was müssen sich jetzt die deutschen Großkonzerne nach der Wahl und abseits des Populismus einstellen?
Trumps Kernprogramm lautet: „America First!“ Seine bislang favorisierte protektionistische Handelspolitik samt Strafzöllen und dem Bevorzugen amerikanischer Produkte werden exportstarke Länder wie Deutschland schädigen. Allerdings wohl nur zum Teil. Für die Autobauer beispielsweise zahlt sich jetzt aus, dass sie frühzeitig ihren amerikanischen Kunden gefolgt sind. BMW produziert in Spartanburg (South Carolina), Daimler in Tuscaloosa (Alabama) und VW in Chattanooga (Tennessee). Hier sind insgesamt rund 17.000 Amerikaner beschäftigt. Dagegen wird Trump kaum etwas einzuwenden haben.
Etwas schwieriger ist die Situation für den größten deutschen Autobauer VW. Er hoffe, dass sich das Wahlergebnis nicht negativ auf die Verhandlungen mit den US-Behörden über die Dieselaffäre auswirke, sagte VW-Chef Matthias Müller beim Handelsblatt-Autogipfel in München. Er würde sich wünschen, dass eine Einigung noch vor dem Amtsantritt der neuen Regierung gelinge – dies ist am 20. Januar 2017. VW steht in den USA wegen illegaler Manipulationsprogramme zur Abgaskontrolle in Hunderttausenden Dieselwagen unter Druck. Der Konzern hat mit zahlreichen US-Klägern, also Behörden, Kunden und Autohändlern, bereits den teuersten Vergleich der Automobilgeschichte ausgehandelt: Bis zu 16,5 Milliarden Dollar (15,5 Milliarden Euro) könnten die Strafen und Entschädigungen kosten.
Doch bei Zehntausenden Fahrzeugen steht eine Einigung noch aus. Zudem zogen Berichte über neue Manipulationen bei der Tochter Audi zuletzt neue Klagen nach sich. Darüber hinaus drohen strafrechtliche Ermittlungen der US-Justiz, die der Konzern mit einem weiteren Vergleich beilegen will. Schließlich muss VW vor Trumps Handelspolitik zittern – und das nicht wegen des Werks im US-Bundesstaat Tennessee. Im Fokus steht das Werk in Mexiko, wo VW viel für den amerikanischen Markt produziert. Trump hat wiederholt geäußert, er werde nicht zusehen, dass in den USA verkauft, was in Mexiko (billig) produziert werde.
Eon
Konzernchef Johannes Teyssen bleibt gelassen. Dass sich mit der Wahl Trumps an den bestehenden Stromanlagen in den USA etwas ändert, schließt der Eon-Chef aus, wie er dem Handelsblatt sagte. Die Masse der Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien liegt in den von Republikanern dominierten US-Bundesstaaten im Mittleren Westen und in Texas. Da die US-Politik sehr föderal funktioniere, gehe er davon aus, dass hier ein möglicher Wechsel – mehr Öl und Kohle – nur sehr langsam verhandelt wird. „Aber solche Kurswechsel haben wir doch auch in Europa erlebt. Denken Sie nur an die Kernenergie. Dafür brauchten wir keinen Trump“, so Teyssen.
Monsanto-Deal könnte für Bayer teurer werden
Bayer
Im September kündigte der deutsche Pharma- und Chemieriese die 66 Milliarden Dollar schwere Rekordübernahme des US-Saatgutspezialisten Monsanto an. Die US-Wettbewerbshüter müssen dem Deal im Laufe des kommenden Jahres noch zustimmen. Schon bevor klar war, dass Trump ins Weiße Haus einzieht, hatten Experten mit einer kritischen Prüfung gerechnet. Trump hat sich zu der Übernahme bislang nicht konkret geäußert, doch seine Wahlkampfparole „America First!“ lässt nicht unbedingt Wohlwollen vermuten. Zumal Monsanto in der Gentechnik führend ist. Dies könnte als sicherheitsrelevant ausgelegt werden. Darüber hinaus hat Trump in einem anderen Fall – der Übernahme des Medienkonzerns Time Warner durch den Telekommunikationskonzern AT&T – bereits sein Veto angekündigt.
Doch selbst wenn der Monsanto-Zukauf reibungslos über die Bühne geht, könnte Bayer noch unter Druck geraten. Denn viele Experten rechnen damit, dass ein starker Anstieg der Staatsausgaben, mit dem Trump seine Steuersenkungen und Konjunkturprogramme finanzieren wird, zu höherer Inflation und steigenden Zinsen führen wird. Schon jetzt sind die Renditen für Anleihen, auch für Firmenanleihen, kräftig gestiegen. Bayer hat für den Monsanto-Kauf einen riesigen Kredit beantragt. Steigen die Zinsen, verursacht dies für Bayer zusätzliche Kosten in Millionen- oder gar Milliardenhöhe.
Deutsche Bank
Deutschlands größte Bank ist in Vergleichsverhandlungen mit den amerikanischen Behörden verwickelt, um Rechtskonflikte um Hypothekengeschäfte aus Zeiten vor der Finanzkrise beizulegen. Mit einer Forderung über 14 Milliarden Dollar hatte das US-Justizministerium im September für eine hohe Ausgangslage gesorgt. Viele Experten taten den Vorstoß als Eröffnung in einem langen Poker ab, das letztlich zu einer geringeren Zahlung führen dürfte.
Doch die Unsicherheit bleibt. Bei der Deutschen Bank hatte man gehofft, die Baustelle vor den Präsidentschaftswahlen schließen zu können und auf keinen Fall auf das Wohlwollen Trumps und seinen Slogan angewiesen zu sein. Doch mit seinem Sieg ist die Situation jetzt kompliziert. Vorteil für die Bank: Der Geschäftsmann Trump hat bei der Deutschen Bank viele Kredite laufen. Das geht aus einer Aufstellung seiner Vermögensverhältnisse hervor, die er im Wahlkampf veröffentlichen musste. Laut einer Analyse des „Wall Street Journal“ hat die Deutsche Bank etlichen Trump-Firmen seit 1998 mindestens 2,5 Milliarden Dollar geliehen.
Trump gerät dadurch in einen Interessenkonflikt. Um seine Kreditgeber wohlwollend zu stimmen, müsste er eigentlich auf eine geringe Strafe pochen. Allerdings sorgten seine Geschäftsbeziehungen schon im Wahlkampf für Schlagzeilen in den US-Medien. Deshalb wird es sich der neue Präsident kaum erlauben können, dass der Eindruck entsteht, unter seiner Regierung werde sein wichtiger Kreditgeber verschont.
Fresenius Medical Care
Für Pharmakonzerne entpuppt sich Donald Trump als Segen. Seine Gegenkandidatin Hillary Clinton ließ keinen Zweifel daran, den Gesundheitsmarkt stärker regulieren und die Preise deckeln zu wollen. Das ist vom Tisch.
Mit Trump droht kein Ende des hochpreisigen privaten Gesundheitssystems. Das kommt Unternehmen wie Fresenius und seiner großen Tochter Fresenius Medical Care (FMC) zugute. Fresenius erwirtschaftet fast die Hälfte des Umsatzes in Nordamerika und profitiert dort im lukrativen Dialysegeschäft mit FMC von hohen Margen, wie es sie in Europa nicht gibt.
Mehr Geld für Waffen und Grenzsicherung
Heidelberg Cement
Wichtigster Treiber ist aus Sicht des neuen Präsidenten sein geplantes Konjunkturprogramm. Mit staatlichen Ausgaben will Trump die Arbeitslosigkeit senken und die marode Infrastruktur verbessern. Das heißt: mehr Straßen, Brücken und Autobahnen.
Profitieren werden Industriefirmen mit starkem US-Geschäft, also Siemens, Linde, Thyssen-Krupp & Co. Möglicherweise größter Gewinner ist Heidelberg Cement, hat Trump doch wiederholt den Bau einer Mauer entlang der mexikanischen Grenze versprochen. So abschreckend das 20-Milliarden-Dollar-Vorhaben auch sein mag – für einige Baukonzerne bedeutet es Geld und für deren Anleger Kursgewinne.
Weil der Transport von Beton und Zement teuer ist und Heidelberger mit ihrer US-Tochter Lehigh Hanson mit Werken in Arizona, New Mexiko und Texas in der Grenzregion präsent ist, haben sie einen großen Wettbewerbsvorteil. Der wohl größte Mitstreiter, der mexikanische Zementkonzern Cemex, hat aus naheliegenden Gründen bereits abgesagt.
Rheinmetall
Donald Trump will mehr Geld für die Verteidigung ausgeben – und dürfte mit seinem Vorhaben auf Zustimmung des Senats und Kongresses stoßen, der von den Republikanern beherrscht wird. Hiervon profitieren nicht nur amerikanische Rüstungsriesen wie Northrop Grumman, sondern ganz besonders auch ausländische Wettbewerber. Trump hat nämlich die Europäer ermahnt, mehr für ihre äußere Sicherheit auszugeben, wenn sie weiterhin vom Beistand Amerikas profitieren wollen.
Ins Visier rücken die Deutschen, weil sie nur 1,2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in die Rüstung investieren. Das liegt hinter dem Zwei-Prozent-Versprechen aus Berlin. Andere Nato-Länder wie Großbritannien, Griechenland und natürlich die USA liegen über dieser Marke. Trump wird Bundeskanzlerin Angela Merkel ganz bestimmt daran erinnern, diese „Sicherheitslücke” zu schließen. Das aber ließe die deutschen Rüstungsausgaben um jährlich mehr als 20 Milliarden Euro gegenüber dem jetzigen Aufwand steigen.
Nicht zufällig zählte deshalb Rheinmetall seit der US-Wahl zu den größten Trump-Profiteuren. Das Unternehmen stellt als einer der größten europäischen Rüstungskonzerne unter anderem Kettenfahrzeuge, Minenräumsysteme, Waffen und Munition her. Rheinmetall würde ganz sicher von steigenden Rüstungsausgaben Berlins und auch anderer Regierungen in Europa profitieren.