US-Wahlkampf Trump zerstört die Republikanische Partei

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Ganz schön abgeschlagen

Es sind solche Töne, die Wirtschaftsliberalen unter den Republikanern Angst machen und die Partei ins Chaos stürzen. Eine ganze Riege konservativer Wirtschaftsexperten, angeführt vom Exweltbankpräsidenten Bob Zoellick, hat sich offen gegen ihn gestellt – und betont, Freihandel sei gerade Voraussetzung für US-Wohlstand.

Trumps Reaktion? Er schart Menschen um sich, die Globalisierung vor allem für eine globale Zumutung halten. Leute wie Rudolph Giuliani, einst Bürgermeister der Weltstadt New York, aber jetzt bemüht, die Welt von Amerika fernzuhalten. Bei einem Auftritt in Pennsylvania rief Giuliani gerade dem Publikum zu, er und Trump wollten auf keinen Fall eine Wirtschaftsordnung, die wie der europäische Binnenmarkt funktioniere. Ihre Maxime laute stattdessen: geschlossene Grenzen.

Schockierende Töne für eine republikanische Partei, die an ihre Spitze oft Vertreter der Wirtschaftselite wählte. Schon erinnert US-Beobachter die existenzielle Lage der Republikaner an das Jahr 1854. Damals spaltete sich ein progressiver Flügel von den konservativen Vorgängern ab, weil diese weiter Sklaven halten wollten. Nun, schreibt etwa der einflussreiche „New York Times“-Kolumnist Tom Friedman, sei eine ähnliche Allianz der rückwärts gewandten Kräfte zu beobachten, eine Melange aus Waffennarren, Tea-Party-Fanatikern, Leugnern des Klimawandels und latenten Rassisten. Friedman macht sich ernsthaft Sorgen, wie Amerika ohne vernünftige Republikaner funktionieren soll: Es brauche doch eine Partei, die marktorientiert denke und nicht immer alles dem Staat überlasse.

Die Wirtschaftsberater von Donald Trump

Aber könnten sich die Republikaner nach Trump überhaupt neu erfinden und wieder so eine solche Partei werden? Schon nach der krachenden Niederlage ihres glücklosen Bewerbers Mitt Romney 2012 gelobten sie, künftig etwa hispanische Wähler nicht länger auszugrenzen, die immer mehr Wähler stellen. Doch Kandidat Trump hetzt auch 2016 munter gegen Latinos. Die aktuelle Parteiführung hat sich noch immer nicht glaubhaft von ihm distanziert.

Dabei liegt Trump in Umfragen mittlerweile beinahe hoffnungslos zurück. Demokratin Clinton hat sogar angefangen, Wahlkampfgelder umzuschichten: Statt nur sich selbst zu bewerben, fördert sie nun gezielt auch demokratische Kandidaten für das Repräsentantenhaus und den Senat. Denn am 8. November wählen die Amerikaner nicht nur ihren Präsidenten, sondern auch eine Vielzahl von Vertretern für den Kongress.

Ein strategisch kluger Zug: Abgeordnetenhaus und Senat sind mächtige Institutionen im demokratischen System der USA. Sie müssen sämtlichen Gesetzen zustimmen. Der Senat bestimmt zudem über die Besetzung des obersten Verfassungsgerichts mit, das über Grundsatzfragen wie Abtreibung oder die Todesstrafe entscheidet. Dessen Richter werden auf Lebenszeit berufen. Derzeit halten sich Konservative und Liberale dort die Waage. Doch nach dem Tod eines Richters muss ein Nachfolger benannt werden. Wer ihn bestimmt, prägt indirekt Amerikas Gesellschaft auf Jahrzehnte.

Hillary Clinton

Acht Sitze Vorsprung haben die Konservativen noch im Senat. Und genau acht Rennen sind derzeit laut den Umfragen so eng, dass eine Prognose über den Ausgang nicht möglich ist. Sieben dieser acht umkämpften Sitze werden von Republikanern gehalten. Verteidigen die Republikaner ihre Mehrheit, könnten sie einer Präsidentin Clinton das Leben schwer machen und Gesetzesinitiativen torpedieren. Aber verlieren die Konservativen nicht nur das Präsidentschaftsrennen, sondern auch ihre Senatsmehrheit, könnten sie Clinton kaum noch bremsen.

Deshalb fürchten führende Republikaner längst nicht mehr eine Niederlage im Kampf um das Weiße Haus, sondern den Verlust ihrer wichtigen Blockademacht. Marco Rubio zum Beispiel, ein Vorwahl-Herausforderer von Trump und Exsenator in Florida. „Wir brauchen alle Mann an Bord“, ruft er bei einem Wahlkampfauftritt in Florida. Es klingt wie ein verzweifelter Aufruf, irgendwie noch zu retten, was zu retten ist. Und wer länger zuhört, merkt: Aus seiner Sicht geht das nur, wenn man den eigenen Kandidaten Trump auf den letzten Metern opfert.

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