Gleich ist die Wahl keinesfalls. Denn die Wähler in kleinen Staaten werden bevorzugt. So repräsentiert ein Wahlmann aus Kalifornien rund 677.000 Bürger, ein Entsandter aus Hawaii aber nur rund 340.000 Bürger. Die Bevorzugung der kleinen Staaten ist beabsichtigt. Es soll dadurch das föderale Element der USA betont werden. Im Senat, der zweiten Kammer des Kongresses ist dies noch weit eklatanter: Jeder Staat ist durch zwei Senatoren repräsentiert, Kalifornien mit seinen 37 Millionen Einwohnern ebenso wie Rhode Island mit kaum einer Million Einwohnern.
Die Kritik am Wahlmänner-Verfahren, das allein aus den politischen und praktischen Bedingungen in der Frühphase der US-Geschichte zu erklären ist, wird lauter. Aber die Entscheidung darüber obliegt verfassungsgemäß nicht der Bundesgesetzgebung in Washington, sondern jedem einzelnen Bundesstaat. In elf Staaten mit 165 Wahlmännern wurde die „National Popular Vote Bill“ zwar von den Parlamenten verabschiedet. Sie sieht vor, dass die Wahlmänner verpflichtet wären, den Kandidaten mit der US-weit höchsten Stimmenzahl zu wählen.
Allerdings gibt es eine Klausel in den elf Staaten: Die Verpflichtung tritt erst in Kraft, wenn weitere Bundesstaaten mit weiteren 105 Wahlmännern sie auch übernehmen. Schließlich will kein Bundesstaat sein eigenes Gewicht schwächen.
Das Wahlrecht und Wahlsystem der USA
Alle US-Bürger ab dem 18. Lebensjahr, die ihren Wohnsitz in einem der 50 Bundesstaaten oder in der Hauptstadt Washington haben, sind wahlberechtigt. Das sind etwa 219 Millionen Menschen. Wählen dürfen aber auch im Ausland lebende US-Bürger wie beispielsweise Soldaten oder Diplomaten.
Bewohner von Außengebieten, wie etwa Puerto Rico, dürfen nicht wählen. Auch illegale Einwanderer sowie Personen, denen aufgrund von Straftaten das Wahlrecht aberkannt wurde, sind nicht wahlberechtigt.
Wer wählen will, muss sich in Eigenverantwortung registrieren lassen. Die Termine und Regeln dafür unterscheiden sich von Bundesstaat zu Bundesstaat. Die bestehenden Hürden für eine Registrierung sind ein Grund für die relativ geringe Wahlbeteiligung in den USA.
Die Wahlbeteiligung in den USA ist im internationalen Vergleich schwach. Bei der Abstimmung zwischen Barack Obama und Mitt Romney im Jahr 2012 lag sie bei 54,87 Prozent.
In Deutschland machten bei der Bundestagswahl 2013 rund 71,5 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Recht Gebrauch.
Bei der französischen Präsidentenwahl 2012 gaben 80,35 Prozent des Wahlvolks ihre Stimme ab.
In Belgien, wo Wahlpflicht herrscht, waren es 2014 sogar 89,68 Prozent.
Die Wahlbeteiligung bei der britischen Unterhauswahl 2015 lag dagegen bei 66,1 Prozent.
In Osteuropa ist die Neigung, sich an Wahlen zu beteiligen, noch deutlich niedriger. In Litauen etwa betrug die Quote bei der diesjährigen Parlamentswahl im ersten Wahlgang 50,55 Prozent, im zweiten nur noch 38 Prozent.
In den USA wählen bis auf zwei Ausnahmen alle Bundesstaaten nach dem Mehrheitswahlrecht. In 48 Staaten gilt das „Winner-takes-all“-Prinzip - der Gewinner bekommt alles. Das bedeutet, wer eine einfache Mehrheit in einem Staat gewinnt, vereint alle Wahlmänner des betreffenden Staates auf sich - egal, ob der Vorsprung nun riesig oder nur hauchdünn ist. Es ist vergleichbar mit der Erststimme bei der Bundestagswahl, mit der die Wahlkreiskandidaten gewählt werden. Eine Zweitstimme wie in Deutschland gibt es in den USA nicht.
Das „Winner-takes-all“-Prinzip ist umstritten. Kritiker bemängeln, Stimmen gingen verloren, weil in jenen Staaten, die immer nur für Demokraten oder Republikaner stimmen, Wähler gar nicht erst zur Abstimmung gehen. In Staaten wie Kalifornien oder New York, die traditionell mit großer Mehrheit demokratisch wählen, findet deshalb kaum Wahlkampf statt, genauso wenig wie in traditionell republikanischen Staaten wie Oklahoma oder Kansas.
In den Staaten Maine und Nebraska, die vier beziehungsweise fünf Wahlmänner stellen, gilt das „Winner-takes-all“-Prinzip in abgeänderter Form. Dort werden nur zwei Wahlmänner oder -frauen nach diesem Prinzip verteilt. Die anderen Stimmen werden proportional zum Wahlergebnis vergeben.
„Allgemein“ kann man das Wahlrecht in den USA allerdings durchaus nennen. Zumindest seit einigen Jahrzehnten. Denn es steht grundsätzlich allen Staatsbürgern ab einem gewissen Alter offen, ihre Stimme abzugeben.
Amerikanische Bürger werden nicht aufgrund bestimmter Zugehörigkeit ausgeschlossen. Nicht mehr. Die de facto Wahlrechtshürden für Schwarze in den meisten Südstaaten wurden endgültig mit einem Bundesgesetz 1965 beseitigt. Zuvor war das Wahlrecht dort an bestimmte Auflagen (zum Beispiel eine Wahl-Steuer, Lese-Tests, fester Wohnsitz) gebunden, die die meisten Schwarzen, aber auch arme Weiße, vom Wählen abhielten.
Allerdings geben noch heute deutlich weniger wahlberechtigte Bürger mit Migrationshintergrund ihre Stimme ab als etwa Weiße. Hintergrund ist das Registrierungsverfahren im Vorfeld der Wahl, das viele Bürger scheuen. Da es in den USA kein zentrales Melderegister und keinen Zwang, sich bei Einwohnermeldeämtern anzumelden gibt, gibt es kein zentrales Wählerregister.
Man muss sich registrieren lassen, um wählen zu können, der Staat kommt nicht – wie in Deutschland per Wahlbrief – auf einen zu. Diskriminierende Hürden gibt es allerdings nicht mehr. Aber: Straftäter werden in den USA per se aber – anders als in Deutschland – vom Wahlrecht ausgeschlossen.