VW, Audi, BMW, Daimler Was Trump für die deutschen Autobauer bedeutet

Der Wahlsieg von Donald Trump bringt die deutschen Autobauer unter Druck. Besonders das VW-Geschäft dürfte leiden. Doch auch für BMW, Daimler und Audi dürften in den USA harte Zeiten anbrechen.

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Ein VW-Händler in Boston. Quelle: dpa

Matthias Müller, Vorstandschef des Volkswagen-Konzerns, bemühte sich am Mittwoch gar nicht erst, möglichst unverbindlich – so wie viele andere Industriekapitäne – auf den Wahl-Schocker in den USA zu reagieren. Unverblümt erklärte Müller, dass er durch die Entscheidung für Donald Trump industriepolitische Attacken fürchtet. Genauer: Dass Trump über die Neuausrichtung von US-Behörden auf die Dieselgate-Verhandlungen Einfluss nimmt.

„Wir sind in einer spezifischen Situation“, sagte Müller. „Ich hoffe, dass sich das Wahlergebnis nicht noch nachteilig auf VW auswirkt. Wir verhandeln seit Monaten mit den US-Behörden (Anm.: über den Dieselskandal) und wollen das alsbald zu einem gedeihliche Ende bringen. Wir warten nun gespannt, wie die Behörden Anfang des Jahres neu besetzt werden.“

Der Wahlsieg Trumps bringt Volkswagen von gleich zwei Seiten unter Druck. Die Strafzahlungen wegen des Dieselskandals könnten unter der Ägide Trumps höher ausfallen, wenn er die laufenden Verhandlungen zwischen US-Behörden und VW als eine Spielwiese für seine protektionistische Wirtschaftspolitik entdecken sollte. Die weit größere Gefahr lauert aber beim Import. Trump will die US-Wirtschaft gegen Einfuhren aus dem Niedriglohnland Mexiko abschotten, was VW empfindlich treffen könnte.

Welchen Kurs die Verhandlungen über die Strafzahlungen nach der Wahl nehmen werden, ist ungewiss. Fest steht nur, dass die Lage für VW unkalkulierbarer wird und dass der Konzern leicht ins Räderwerk der Politik geraten kann. Schon vor der Wahl ließ VW-Vorstandschef Matthias Müller durchblicken, wie groß die Rolle der Politik in den Verhandlungen seiner Ansicht nach ist. Über eine mögliche Einigung mit den US-Behörden sagte er beim Automobilsalon in Paris: „Ich glaube nicht, dass sie (die Behörden) es vor dem Wahltag machen, weil sie sicher nicht wollen, dass es im Wahlkampf eine Rolle spielt.“

Sollte Trump, der sich im Wahlkampf mehrfach kritisch über Deutschland äußerte, an der deutschesten aller Marken ein Exempel statuieren wollen, könnte es schmerzhaft werden für VW. Experten rechnen bislang mit einem Bußgeld wegen Dieselgate in Höhe von einer bis drei Milliarden Euro. Doch die Spielräume der Behörden sind enorm. Trumps Einfluss könnte VW leicht die eine oder andere Milliarde zusätzlich kosten.

Die 26 Produktionsstandorte von Daimler

Noch mehr treffen könnte der neue US-Präsident Deutschlands Autoindustrie, wenn er Importe aus Europa oder aus Mexiko erschweren oder verteuern würde. Trump will die Produktion in USA gezielt vor ausländischer Konkurrenz schützen und Abwanderung von Jobs aus den USA erschweren. Dabei hat er die Autoindustrie besonders im Blick. So legte er sich im Wahlkampf etwa mit dem US-Autobauer Ford an, weil er tausende Jobs nach Mexiko verlagert habe.

Mexiko hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der beliebtesten Standorte für Autokonzerne entwickelt. In den zurückliegenden zehn Jahren steckten Autobauer aus aller Welt rund 20 Milliarden Euro in den Aufbau von Produktionskapazitäten in Mexiko, darunter auch VW, Audi, BMW und Daimler. Audi hat gerade sein neues mexikanisches Werk eröffnet, ein neues BMW-Werk soll 2019 folgen. Daimler baut zusammen mit Nissan in Mexiko; die Eröffnung der Fabrik ist für 2017 geplant. Es ist die vor allem die Nähe zu den USA, die für die Autobauer zählt, aber auch die niedrigen Löhne und einfache Exportmöglichkeiten.

Deutsche Autobauer schaffen auch Arbeitsplätze in den USA

Trump ist die boomende Autoproduktion im Nachbarland ein Dorn im Auge. Sollte er Schutzzölle für Importe aus Mexiko einführen, würde das alle drei deutschen Autobauer treffen – Volkswagen aber ganz besonders.

Die Wolfsburger bauen in Mexiko ihr wichtigstes Modell für den US-Markt, den Mittelklassewagen Jetta, außerdem den Golf und den Beetle. Der VW Passat und ein neuer Geländewagen namens Atlas kommen aus dem amerikanischen VW-Werk in Chattanooga, Tennessee.

Schon vor dem Dieselgate und Trump gelang es VW kaum, mit den Modellen aus Mexiko in den USA Geld zu verdienen. Sollte sich die Einfuhr der Autos in die USA verteuern, würde es für die durch den Abgasskandal ramponierte Marke noch schwerer, in den USA in die schwarzen Zahlen zu kommen und ihr Dasein als Nischenmarke zu beenden. Im Extremfall könnte es zu einem kompletten Rückzug der Marke aus den USA kommen. 

Die Wirtschaftsberater von Donald Trump

Der Konzerntochter Audi droht dieses Szenario eher nicht. Sie hat sich in den vergangenen Jahren in den USA gut entwickelt und könnte aufgrund höherer Gewinnmargen wohl auch zusätzliche Importzölle verkraften, ähnlich wie die Marken Mercedes und BMW. Doch anders als bei den beiden deutschen Konkurrenten, die ihre Produktionskapazitäten größtenteils in den USA haben, hat Audi sich ganz bewusst gegen den amerikanischen VW-Standort Chattanooga und für ein neues Werk in Mexiko entschieden. Rund eine Milliarde Euro investiert die Edelmarke des VW-Konzerns in das neue Werk, wo 4200 Menschen Arbeit finden sollen.

Bevor Trump sich für das Präsidentenamt warm lief, schien die Entscheidung von Audi für den Standort Mexiko clever. Die Ingolstädter schienen damit in der Lage, die Produktionskosten von BMW und Daimler in den USA deutlich zu unterbieten und deshalb besonders aggressiv in den USA angreifen zu können. In einem Land, in dem der Präsident gegen Produktion in Mexiko hetzt und Autoimporte verteuert, könnte das Werk schnell zum Problem werden – zu einem Kostenproblem und zu einem Imageproblem.

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Posted by WirtschaftsWoche on Friday, November 11, 2016


Sollte sich Trump den deutschen Autobauern in den Weg stellen um die amerikanischen Hersteller zu stärken, würden die Auswirklungen auf Deutschland nicht lange auf sich warten lassen. Mit Exporten in einem Volumen von rund 20 Milliarden Euro pro Jahr sind die USA der wichtigste Exportmarkt. Die deutschen Autobauer haben 2015 ihren Absatz auf dem US-Markt um zwei Prozent auf rund 1,4 Millionen Neuwagen gesteigert. Das war ein neuer Höchstwert.

Was Trump aber gefallen müsste: Die deutschen Hersteller exportieren nicht nur in die USA, sie fertigen auch dort und zwar im großen Stil: 35.000 Mitarbeiter beschäftigten sie 2015 in ihren US-Werken, das waren rund 2500 mehr als vor einem Jahr. Jeder sechste Arbeitsplatz bei Autobauern in den USA gehört damit zu einem deutschen Hersteller. Für noch mehr Beschäftigung sorgen die deutschen Zulieferer. Sie hatten 2015 rund 77.000 Mitarbeiter auf der anderen Seite des Atlantiks und damit 5000 mehr als vor einem Jahr.

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