Wie Berlin auf Trump reagiert Diplomatie? Who cares?!

Das politische Berlin hatte auf einen Sieg Hillary Clintons gehofft. Kanzlerin und Außenminister blicken nun skeptisch über den Atlantik und stellen Forderungen an Donald Trump. Und jetzt?

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Vatikan betet für Erleuchtung Trumps
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon „Nach einem hart umkämpften und oft spaltenden Wahlkampf lohnt es, daran zu erinnern und sich neu bewusst zu machen, dass die Einigkeit in Vielfalt in den Vereinigten Staaten eine der größten Stärken des Landes ist“, sagte Ban laut Mitteilung am Mittwoch in New York. „Ich rufe alle Amerikaner dazu auf, diesem Geist treu zu bleiben.“ Die Vereinten Nationen erwarteten von den USA, dass sie sich auch weiterhin an internationale Kooperationen halten und unter anderem den Kampf gegen den Klimawandel und die Stärkung der Menschenrechte vorantreiben. Ban bedankte sich auch bei der unterlegenen Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton. „Sie ist ein mächtiges Symbol für Gleichberechtigung von Frauen und ich habe keinen Zweifel, dass sie weiterhin zu unserer Arbeit weltweit beitragen wird.“ Quelle: REUTERS
Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto„Mexiko und die USA sind Freunde, Partner und Verbündete, die weiterhin zusammenarbeiten sollten für die Wettbewerbsfähigkeit und die Entwicklung von Nordamerika“, schrieb Nieto am Mittwoch auf Twitter. „Ich vertraue darauf, dass Mexiko und die USA ihre Beziehungen in Kooperation und gegenseitigem Respekt weiter ausbauen.“ Quelle: REUTERS
Kanadas Premierminister Justin Trudeau Quelle: REUTERS
Chinas Präsident Xi Jinping Quelle: AP
Russlands Präsident Vladimir Putin Quelle: REUTERS
Bundespräsident Joachim Gauck Quelle: dpa
Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU Quelle: REUTERS

Donald Trump? Der sei ein „Hassprediger“. Diese Vokabel hat der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor wenigen Tagen benutzt, als er bei einer Veranstaltung zu seiner Meinung über Trump gefragt wurde. Der SPD-Politiker sorge sich zudem um das „Ungeheuer des Nationalismus“, das sich weltweit ausbreite. Klar, zu dem Zeitpunkt ging es noch um den republikanischen Kandidaten und nicht um den gewählten US-Präsidenten.

Und wäre Hillary Clinton zur Nachfolgerin von Barack Obama gewählt worden, wären Steinmeiers Worte wohl einfach vergessen worden. In einigen Wochen hätte sich kaum einer mehr daran erinnert. Doch das amerikanische Volk hat nicht Clinton gewählt, sondern Trump. Und wenn der im Januar die Amtsgeschäfte von Obama übernimmt, wird Steinmeier mit ihm und seiner Regierung zusammenarbeiten müssen – entweder als Außenminister, womöglich aber auch als Bundespräsident, sollte sich die SPD im Präsidentenpoker durchsetzen.

Und jetzt nach der Wahl? „Nichts wird einfacher, vieles wird schwieriger werden“, sagte Steinmeier in einer ersten Reaktion. Gratuliert hat er Donald Trump nicht. Der Europapolitiker Alexander Graf-Lambsdorff hält dieses Verhalten für falsch, wie er bei einer gemeinsamen Veranstaltung von WirtschaftsWoche und Handelsblatt am Mittwoch in Berlin sagte. „Ich schätze Frank-Walter Steinmeier als Außenminister. Aber als Mitglied der Bundesregierung war es ein Fehler, Das Wort Hassprediger zu verwenden.“

Ebenfalls ungewöhnlich: Steinmeier stellte am Tag nach der Wahl Forderungen an Trump. Seine erste Aufgabe sei es, „die tiefen Gräben, die in der amerikanischen Gesellschaft während dieses Wahlkampfes entstanden sind, zuzuschütten“. Aber noch größer werde die Herausforderung sein, mit den hohen Erwartungen umzugehen, die Trump selbst geweckt habe. „Amerika wieder groß zu machen, auch mit Blick auf die Wirtschaft; neue Jobs zu schaffen in dieser Situation und in dem wirtschaftlichen Umfeld, in dem wir uns befinden – das wird nicht einfach sein“, sagte Steinmeier.

Unbestritten – Trump wird Probleme haben seine Agenda umzusetzen. Wie will er Millionen neuer Jobs schaffen, zugleich die Steuern senken und sich vom internationalen Handel abkoppeln? Ob links oder rechts – viele Ökonomen halten Trumps Versprechen für unrealistisch. Doch für gewöhnlich teilt eine solche Analyse nicht der deutsche Außenminister einem künftigen US-Präsidenten mit.

"Gebt ihm eine Chance"
Siemens-Chef Joe Kaeser über Trump Quelle: AP
Oliver Bäte, Vorstandsvorsitzender der Allianz Quelle: REUTERS
Olaf Berlien, Vorstandsvorsitzender von Osram Quelle: dpa
Werner Baumann, Vorstandsvorsitzender von Bayer Quelle: dpa
Peter Terium, Vorstandsvorsitzender von Innogy"Ich bin ein großer Freund von Wettbewerb und fairem Wettkampf – aber diesen US-Wahlkampf empfand ich persönlich als sehr hart und stellenweise auch als unerträglich. Jetzt herrscht Klarheit. Wir Europäer brauchen ein starkes Amerika an unserer Seite, denn die globalen Probleme lösen wir nicht allein", sagt Terium über den Wahlkampf. Doch er hofft weiter auf eine Energiewende in den USA: "Was die Energiewelt betrifft, glaube ich nicht, dass der Ausgang der US-Wahl große Auswirkungen etwa auf die Entwicklung hin zu erneuerbaren Energien hat. Das UN-Abkommen von Paris verpflichtet ja jede US-Regierung zum Klimaschutz. Und eine Revolution geht nie vom König aus. Die zahlreichen Initiativen für erneuerbare Energien oder auch Elektromobilität, die es in den USA auf regionaler und lokaler Ebene gibt, lassen sich nicht einfach so von Washington aus stoppen. Und im Silicon Valley ist es der Business Community ohnehin weitgehend egal, wer an der Ostküste im Weißen Haus regiert." Quelle: dpa
Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA) Quelle: dpa
Dieter Zetsche, Vorstandschef Daimler Quelle: REUTERS

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich im Wahlkampf – anders als Steinmeier – nicht auf die Seite von Hillary Clinton geschlagen. Sie hatte Trump auch nicht kritisiert, obwohl der sie indirekt beleidigt hatte, als er seine Konkurrentin Clinton die „Angela Merkel Amerikas“ nannte. Der künftige US-Präsident hält Merkels Flüchtlingspolitik für falsch und warnte davor, Clinton könnte als Präsidentin zu viele Migranten ins Land lassen.

Am Tag nach der Wahl gratulierte Merkel Trump nun öffentlich. Und sie teilte im schriftlich mit, Deutschland und Amerika seien durch gemeinsame Werte verbunden, nämlich „Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde jedes einzelnen Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung. Auf der Basis dieser Werte möchte ich Ihnen eine enge Zusammenarbeit persönlich wie auch der Regierungen unserer Länder anbieten“.

Die wichtigsten Stationen im Leben des Donald Trump
1946Geboren am 14. Juni als viertes von fünf Kindern von Mary und Frederick C. Trump (links): Donald Trump ist der Sohn deutscher Einwanderer und erfolgreicher Immobilienunternehmer. Quelle: AP
1959-1964Schüler der New York Military Academy. Quelle: AP
1964-1966Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fordham University in New York.1966-1968 Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Wharton Business School in Philadelphia (im Bild). Quelle: Wharton School
1968Eintritt ins Familienunternehmen "Elizabeth Trump & Son", Bauträger und Immobilien.1971 Übernahme des Unternehmens vom Vater. Quelle: AP
ab 1974Investitionen in Hotels, Casinos und Luxus-Apartment-Gebäude; Rechte an Miss-Wahlen, mehrere Biografien, eigene Möbel- und Modemarken. Quelle: AP
1977Hochzeit mit dem Model Ivana Marie Zelnickova und Geburt von Sohn Donald Jr. (im Bild). Quelle: AP
1981Geburt von Tochter Ivanka. Quelle: AP

Merkels Worte sind eine Ermahnung an Trump, die Rechte von Minderheiten und Frauen zu achten. Latinos hatte der künftige Präsident im Wahlkampf pauschal als „Vergewaltiger“ diffamiert. Und die Veröffentlichung von Tonaufnahmen, in denen er darüber sprach, gegenüber Frauen übergriffig zu werden, erschütterte ebenfalls viele.

Die deutsche Bundesregierung – das ist am Tag nach der Wahl klar geworden – blickt skeptisch nach Amerika. Sie stellt Bedingungen an den künftigen Präsidenten Trump. Der wiederum hatte im Wahlkampf ohne Umschweifen erklärt, wie wenig er von Merkels Politik hält. Insofern stimmt Steinmeiers Feststellung: Vieles wird schwieriger werden. Doch je öfter er das öffentlich betont, desto schwieriger wird eine Zusammenarbeit mit der künftigen US-Administration. Für alle Seiten gilt daher: Die Zeit des Wahlkampfs ist vorbei – zurück zur Diplomatie.

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