Von einem klaren Sieg Hillary Clintons war nach der ersten TV-Debatte die Rede. Von der schlechtesten Woche seit Langem für Donald Trump. Eine CNN-Umfrage, die zwar nicht repräsentativ war, dafür aber schnell verfügbar, wurde rund um den Globus zitiert, wonach 62 Prozent von 512 befragten Zuschauer Clinton als Siegerin sahen.
Clinton, die zuvor so müde und abgekämpft wirkte, strahlte zum ersten Mal seit Wochen wieder. Doch dann das: In den Wahlumfragen nach der Debatte konnte Clinton nur moderat, in den wichtigen swing states fast gar nicht zulegen.
In den meisten Umfragen führt die Demokratin landesweit derzeit mit drei bis fünf Prozentpunkten Vorsprung, nicht so aber in den umkämpften und wahlentscheidenden swing states. Laut einer Untersuchung des renommierten Umfrageinstituts Quinnipiac konnte Clinton ihren Vorsprung zwar in Florida ausbauen.
In North Carolina und Pennsylvania hatte die erste TV-Debatte aber keinen nennenswerten Einfluss auf das Wahlverhalten der Bürger, das Rennen bleibt offen. In Ohio konnte sich Trump gar verbessern und liegt nun fünf Prozentpunkte vor Clinton.
So sehr Hillary Clinton für viele Beobachter bei der ersten TV-Debatte einen guten Eindruck gemacht hat, so wenig konnte sie Botschaften platzieren, die die verunsicherten und verärgerten Arbeiter in Pennsylvania und Ohio ansprechen und motivieren, Clinton zu wählen. Gleiches gilt für die Mehrheit der Bürger des einst konservativen, inzwischen sehr heterogenen North Carolina.
Die Wirtschaftsberater von Donald Trump
Der Hedgefondsmanager wettete 2007 gegen den überhitzten Immobilienmarkt und machte dadurch Milliarden Dollar Gewinn für sich und seine Investoren. Jüngst waren seine Einschätzungen zu Aktienentwicklungen und Konjunktur jedoch weniger akkurat. In den vergangenen fünf Jahren büßten seine Investments massiv an Wert ein.
Quelle: Reuters
Der Investmentmanager ist Chef der von ihm 1992 mitbegründeten Beteiligungsgesellschaft Cerberus Capital Management. Unter seiner Führung war das Unternehmen auch größter Anteilseigner von Chrysler, bis der Autobauer 2009 mit staatlicher Hilfe saniert wurde.
David Malpass war Vize-Staatssekretär im Finanzministerium unter Präsident Ronald Reagan und Vize-Staatssekretär im Außenministerium unter Präsident George Bush senior sowie Chefvolkswirt der Investmentbank Bear Stearns. Derzeit leitet er die Investmentberatungsfirma Encima Global. Er ist ein scharfer Kritiker der Geldpolitik der US-Notenbank, fordert mehr Investitionen in die Infrastruktur und Steuersenkungen.
Peter Navarro ist der einzige Vertreter auf Trumps Beraterliste, der in Wirtschaftswissenschaften promovierte. Derzeit lehrt er als Wirtschaftsprofessor an der University of California in Irvine. Drei seiner neun Bücher befassen sich kritisch mit Chinas Rolle in der Welt. Er fordert einen Importzoll in Höhe von 45 Prozent auf chinesische Waren. Die USA sollten seiner Meinung nach eine strengere Haltung zu Diebstahl geistigen Eigentums und in Handelsfragen einnehmen.
Howard Lorber ist Chef der Vector Group, die Zigaretten herstellt und im Immobiliengeschäft aktiv ist. Laut Trumps Wahlkampfstab ist Lorber einer der besten Freunde Trumps.
Der Investmentmanager konzentriert sich auf Finanzierungsvorhaben in der Unterhaltungsbranche. Der Ex-Goldman-Sachs-Partner ist Chef der Beteiligungsgesellschaft Dune Capital Management. Er hat in der Vergangenheit häufig Geld an die Demokraten gespendet, einschließlich deren Kandidatin Hillary Clinton. Mit Trump ist er nach eigenen Angaben seit mehr als 15 Jahren privat und beruflich verbunden.
Dan Dimicco ist Ex-Chef der Nucor Corp, einem der größten US-Stahlproduzenten. Er ist ein scharfer China-Kritiker und tritt ein für neue Handelsregeln zugunsten der US-Industrie.
Stephen Moore ist einer der führenden konservativen US-Wirtschaftsexperten, der für das "Wall Street Journal" arbeitete und derzeit der Denkfabrik Heritage Foundation angehört. Er gründete die Anti-Steuern-Lobbygruppe Club of Growth.
Der Immobilienfinancier und Hotelentwickler ist ein langjähriger Freund Trumps. Er ist Gründer und Chef der Beteiligungsgesellschaft Colony Capital.
„Sieben von zehn Wählern sagen, dass sie nicht zufrieden sind mit der Richtung, in die sich die USA bewegen”, sagt Peter Brown, stellvertretender Leiter bei Quinnipiac. Clinton ist in den Augen vieler US-Amerikaner Teil des Problems, nicht die Lösung: Sie ist – so das Vorurteil – elitär, karrieregeil und wenig vertrauenswürdig.
Unmittelbar vor der TV-Debatte veröffentliche Wikileaks brisante Details aus Reden, die Clinton vor Wall-Street-Größen hielt – und die all die Vorurteile bestätigten. In den Auszügen schmeichelt sie der Finanzindustrie, träumt von einer Freihandelszone, die die gesamte westliche Hemisphäre einschließt – und betont, ihre öffentliche Meinung sei nicht ihre wirkliche Einstellung.
Die Marke Donald Trump
Als Baulöwe, Casinobetreiber, Golfclubbesitzer und Ausrichter von Schönheitswettbewerben hat der New Yorker ein Vermögen von zehn Milliarden Dollar angehäuft – nach eigenen Angaben.
Trumps Satz „You’re fired“, mit dem er in der Show „The Apprentice“ ehrgeizige Jungunternehmer feuerte, wurde zum geflügelten Wort.
Trump spendete auch an Demokraten wie die Clintons, tritt nun aber für die Republikaner an.
Es ist ein Schlag ins Gesicht der Wähler; es wäre das beherrschende Thema gewesen – wenn nicht Donald Trump noch viel größere Skandale produzieren würde. Die „Washington Post“ hatte am Freitag ein Video von 2005 veröffentlicht, in dem sich Trump abfällig über Frauen äußert. „Wenn du ein Star bist, dann lassen sie dich ran“, so Trump. „Pack sie an der Muschi“, führte der damals 59-Jährige weiter aus. „Du kannst alles machen.“
Die zweite TV-Debatte der Präsidentschaftskandidaten bot beiden Kandidaten die Chance, ihren Ruf – zumindest in Teilen – zu retten. Doch beide verpatzten die Chance. Trump und Clinton unterschritten das geringe Niveau der ersten Debatte, überboten sich in Vorwürfen und Beleidigungen. Der negative Höhepunkt: Trump kündigte an, sofern er Präsident werde, werde er einen Sonder-Staatsanwalt auf Clinton ansetzen. „Du landest im Knast, wenn ich gewählt werde“, drohte er.
Vertrauen der Wähler verloren
Zu dem Video mit seinen sexistischen Äußerungen sagte Trump: „Ich schäme mich.“ Er achte Frauen. „Niemand respektiert Frauen mehr als ich“, so Trump. Seine Äußerungen bezeichnete er als „Umkleidekabinen-Gespräche“. Glaubwürdig war das alles nicht und so ließ Clinton verständlicherweise Trump nicht so einfach davonkommen und erklärte, das Gesagte sei bezeichnend für Trumps Persönlichkeit.
„Jedem, der (das Video) gehört hat, ist klar, dass das genau ausmacht, wer er ist“, sagte Clinton. Trump habe Frauen beleidigt. Er habe zudem Migranten, Afroamerikaner, Latinos, Behinderte, Muslime und andere verbal ins Visier genommen.
Wer sind die Frauen von Trumps Pressekonferenz?
Sie bezichtigt Bill Clinton, sie 1978 als 35-Jährige vergewaltigt zu haben. Clinton war damals Generalstaatsanwalt von Arkansas. Er bestritt die Vorwürfe über seinen Anwalt, eine Anklage gegen ihn gab es nicht.
Sie warf Clinton sexuelle Belästigung vor. Sie erhielt im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung, die kein Schuldeingeständnis einschließt, 850 000 Dollar. Der Skandal wurde TROOPERGATE genannt, weil junge State Trooper angaben, sie hätten Frauen (darunter Jones) an Clinton vermittelt.
Sie erklärte, der Präsident habe sie im privaten Studierzimmer des Oval Office unsittlich berührt.
Sie wurde 1975 in Arkansas vergewaltigt. Hillary Clinton war Anwältin des Angreifers.
Trump aber hatte noch ein (fragwürdiges) Ass im Ärmel. Bei ihm selbst gehe es nur um Worte, bei den Clintons aber um Taten, sagte Trump und verwies auf drei Frauen, die er mit zur Debatte gebracht hatte und die Bill Clinton der sexuellen Übergriffe beschuldigen.
Hillary Clinton habe, so Trump, diese Frauen ausgelacht. Die Präsidentschaftskandidatin wiederum verwies auf First Lady Michelle Obama und lehnte einen weiteren Schlagabtausch unter der Gürtellinie ab. „Wir lassen uns nicht auf das Niveau ein.“
Debate Watch in den USA
Auf ihre eigenen Schwächen angesprochen wich Clinton aus. Zu der Aussage, ihre veröffentlichte Meinung unterscheide sich von ihren wahren Gedanken, erklärte sie, dies sei ein Zitat Abraham Lincolns. Trump kommentierte: Abe hat nie gelogen. Das ist der große Unterschied zwischen Abraham Lincoln und dir.“
Die TV-Debatte wird weder Trump noch Clinton reichen, um das längst verlorene Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen. Clintons Vorteil: Sie hat prominente Fürsprecher. Anders als die republikanische Partei, die sich teilweise von Trump distanziert hat, stehen die Demokraten geschlossen hinter Clinton.
Die Ikonen der Linken, Elizabeth Warren und Bernie Sanders, werben um die Stimmen der Basis und der Millennials. US-Präsident Barack Obama und seine Frau Michelle kämpfen unabhängig voneinander primär in North Carolina und Pennsylvania für eine Fortsetzung der demokratischen Politik im Weißen Haus.
Auch wenn es kaum einer ausspricht: Das beste Argument pro Clinton ist, dass sie vielleicht wenig beliebt und glaubwürdig ist – ihr Kontrahent Donald Trump aber schlicht eine Katastrophe und ein Armutszeugnis für die USA wäre.
Trump und Clinton legen in TV-Duell die Handschuhe ab