US-Wahlmänner haben das Wort Die Revolte fällt aus

Am Montag kürt ein Gremium von Wahlmännern und -frauen offiziell den nächsten Präsidenten der USA. Und es sieht ganz danach aus, dass der letzte Akt einer untraditionellen Wahl traditionell verläuft.

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Um Präsident zu werden, benötigt man im Electoral College 270 Stimmen. Trump gewann in genügend Staaten, um auf 306 zu kommen. Quelle: AP

Washington Am Montag wird das spektakuläre Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl offiziell. Dann haben die Frauen und Männer im Electoral College das Wort, wie es das Wahlsystem der Vereinigten Staaten vorsieht. Und es sieht ganz danach aus, dass der letzte Akt einer untraditionellen Wahl traditionell verläuft, der gewählte Präsident Donald Trump die Fahrkarte ins Weiße Haus erhält.

Sind republikanische Vertreter in dem Gremium auch geradezu bestürmt worden, Trump fallen zu lassen, gibt es keine Anzeichen für eine bevorstehende Revolte. Ob sie ihn mögen oder nicht, und manche mögen ihn ganz gewiss nicht: Eine große Zahl der Republikaner, die ausgewählt wurden, am Montag in den Hauptstädten der einzelnen US-Staaten ihre Stimme abzugeben, haben in Gesprächen mit der Nachrichtenagentur AP ihr Festhalten an der Tradition bekundet.

Das heißt, sie fühlen sich aufgrund der Geschichte, ihres Pflichtbewusstseins, ihrer Parteiloyalität oder auch gesetzlich daran gebunden, das Wahlergebnis in ihrem jeweiligen Staat zu bestätigen und Trump zum Präsidenten zu küren. Auch eine wahre Flut von Appellen, sich gegen ihn zu wenden, konnte die Wahlmänner und -frauen nicht umstimmen.

AP hat versucht, alle 538 Vertreter in dem Gremium zu erreichen und hat mehr als 330 von ihnen interviewt. Sie stieß dabei auf verbreiteten demokratischen Unmut über die US-Wahlprozedur, die auch international vielfach als völlig antiquiert angesehen wird. Aber keiner äußerte wirklich die Erwartung, dass Unbehagen über Trump auch unter den Republikanern den Einzug des Immobilienmoguls in Weiße Haus noch stoppen wird.

Dazu müssten nicht nur die republikanischen Wahlleute eine noch nie da gewesene Fahnenflucht begehen. Auch die Demokraten wären gezwungen, sich von Hillary Clinton abzuwenden und in ausreichender Zahl hinter einen Kompromisskandidaten stellen. Im Electoral College werden die Stimmen traditionell entlang den Wahlergebnissen in den einzelnen Staaten verteilt. Der Gewinner bekommt alles, auch bei äußerst knappen Resultaten. Das macht es möglich, dass am Ende nicht der gewinnt, der US-weit die meisten Wähler hinter sich gebracht hat - wie in diesem Fall die Demokratin Clinton, die mit mehr als 2,6 Millionen Stimmen vor Trump führt.

Um Präsident zu werden, benötigt man im Electoral College 270 Stimmen. Trump gewann in genügend Staaten, um auf 306 zu kommen. Das heißt, er müsste am Montag drei Dutzend Stimmen weniger erhalten, um die Mehrheit zu verfehlen. Nur ein einziger republikanischer Wahlmann sagte der AP, dass er nicht für Trump votieren werde.


Zehntausende Apelle bei Wahlgremium eingegangen

Dabei sind bei manchen Vertretern im Wahlgremium Zehntausende Appelle eingegangen, Trump doch noch zu verhindern - was bisweilen zu ungewöhnlichen Bekanntschaften geführt hat. „Mein derzeitiger Stand: 48 324 E-Mails zu meiner Rolle als Wahlmann“, schildert beispielsweise der Kleinunternehmer und republikanische Bezirksvorsitzende Brian Westrate aus Falls Creek in Wisconsin. „Ich habe eine Twitter-Debatte mit einem ehemaligen Pornostar aus Kalifornien, der mich beschworen hat, mein Votum zu ändern. Es ist faszinierend.“

Auch der Wahlmann Hector Maldonado aus Missouri ist mit Aufrufen, Trump im Stich zu lassen, überschwemmt worden. So steht er in Kontakt mit einer alleinerziehenden Mutter, die außer sich ist vor Sorge, was Trump dem Land wohl bescheren wird. „Es wird alles okay sein“, beruhigte er sie nach eigenen Angaben. „Ich weiß, dass Sie Angst haben, aber seien Sie nicht beunruhigt. Ich weiß, dass alles in Ordnung gehen wird.“

Maldonado, ein mexikanischer Immigrant, hat bei der Vorwahl den texanischen Senator Ted Cruz unterstützt, wird jetzt aber mit voller Überzeugung für Trump stimmen. Er verweist darauf, dass er einen Eid auf die Verfassung geleistet habe, als er US-Staatsbürger geworden sei. Das damit geleistete Versprechen werde er einhalten.

Sogar Bret Chiafalo aus Everett im Staat Washington, einer der Anführer der Anti-Trump-Bestrebungen, erwartet keine Rebellion. Aber er ist überzeugt, dass seine Anstrengungen, Trump zu verhindern, im Sinne der Verfassungsväter sind. „Ich glaube, dass Donald Trump eine einzigartige Gefahr für unser Land darstellt“, sagt der 38-Jährige, der bei den Vorwahlen der Demokraten Clintons Konkurrenten Bernie Sanders unterstützt hat.

Im Verlauf der Geschichte hat es nur äußerst selten Wahlmänner gegeben, die für jemand anderen als den Wahlsieger in ihrem US-Staat votiert haben. Es sei wahrscheinlicher, dass es in der Hölle friere als dass er nicht für Trump stimmen werde, der in seinem Staat - Tennessee - gewonnen habe, beschreibt Rechtsanwalt Tom Lawless, ein Marco-Rubio-Anhänger bei der Vorwahl, seine Linie. „Ich habe mein Wort gegeben, dass es das ist, was ich tun werde. Und ich werde es nicht brechen.“

Auch der 78-jährige Jim Skaggs aus Bowling Green in Kentucky nicht - obwohl er große Bedenken gegen Trump hat. „Sein Charakter macht mich besorgt“, sagt der Bauunternehmer. „Er ist nicht aufgeschlossen.“ Skaggs lernte Trumps Vater im Zuge von Geschäften kennen und später auch den Sohn, als dieser in seinen 20ern war. „Und ich war nicht beeindruckt“.

Er hoffe, dass Trump sich als besser herausstelle als er es annehme, sagt Skaggs. Aber wie auch immer - „ich habe vor, für Donald Trump zu stimmen. Ich glaube, dass es meine Pflicht ist.“

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