USA-Experte Josef Braml "Es ist völlig egal, wer US-Präsident wird"

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Weltordnung nach amerikanischen Interessen

Gaddafi-Poster Quelle: REUTERS

Aber die Gesellschaft ist doch kriegsmüde. Der Ruf, die Truppen heimzuholen, wird immer lauter.

Das stimmt, ist aber kein Widerspruch. Um die innenpolitischen und finanziellen Kosten von Auslandseinsätzen zu verringern, wird die Weltmacht den „militärischen Fußabdruck“ verkleinern und geostrategisch wichtige Gebiete etwa durch eine Drohnen-Flotte und mitsamt den dafür weltweit nötigen Basen kontrollieren. Diese unbemannten Luftfahrzeuge dienen der Aufklärung und Überwachung. Mit Raketen bestückt können diese Luftfahrzeuge bei Bedarf auch in Kampfeinsätzen Verwendung finden. Nach der Amtsübernahme Obamas wurden diese Einsätze – insbesondere auch über dem Staatsgebiet Pakistans – forciert. Nicht zuletzt ist Pakistans Führung für viele US-Politiker und Berater längst kein Freund mehr, sondern Feind. Es gibt Pläne, das Militärregime einzudämmen. Darüber hinaus wurden die Überwachungs- und Kampfeinsätze im weltweiten „Kampf“ gegen den Terrorismus auf andere Gebiete ausgeweitet, etwa auf den Jemen und Somalia.

Ist nicht die Furcht vor Terroranschlägen in den USA geringer geworden, seitdem Osama bin Laden und viele seiner Mitstreiter, nicht zuletzt auch mithilfe von Drohnen, getötet werden konnten?

Ganz sicher kann man sich nie sein. Die ursprünglich als Vorhut im weltweiten Kampf gegen den Terror eingesetzten unbemannten Aufklärungs- und Kampfflugzeuge können selbstredend auch gegen eine andere am Horizont aufziehende Gefahr in Stellung gebracht werden: gegen China, die aufstrebende Wirtschaftsmacht in Asien, die für ihr weiteres Wachstum immense Energieressourcen benötigen wird. Indem sie diese zunehmend militärisch sichert, gerät sie in Konflikt mit den so genannten vitalen Interessen der USA.

Obamas Konkurrenten
Die Kandidaten der Republikaner
Herman Cain Quelle: dapd
Michele Bachman Quelle: REUTERS
Jon Huntsman Quelle: dapd
Newt Gingrich Quelle: REUTERS
Rick Perry Quelle: dapd
Rick Santorum Quelle: dpa

Ein Abschied der USA als Weltpolizei ist also kein Thema?

Das ist momentan nicht mehrheitsfähig. Es gibt zwar die Forderung, etwa von Repräsentanten der libertären, staatsfeindlichen Tea-Party-Bewegung, aber auch von demokratischen, gewerkschaftsnahen Kräften, dass sich Amerika in sein Schneckenhaus zurückziehen soll und seine Ordnungsfunktion aufgeben soll. Sie sagen: Was kümmert uns die Welt, wir haben doch genug eigene Probleme in unserem Land zu lösen. Aber: Vertreter des Mainstream, das sind die außenpolitischen Meinungsführer der Republikaner wie Senator John McCain und federführende Demokraten wie Vize-Präsident Joe Biden und Außenministerin Hillary Clinton, wollen die Weltordnung weiter nach amerikanischen Interessen und Werten gestalten – allerdings nicht auf eigene Faust, so wie die Neokonservativen in den Bush-Jahren das versuchten, sondern, indem multilaterale Organisationen und Partner stärker mit eingebunden werden, die so genannte Last globaler Verantwortung zu tragen.

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