„Viele Amerikaner sind trotz der momentanen Erholung nicht zufrieden mit Obamas Wirtschaftspolitik“, sagt Russo. Nur noch 50 Prozent der US-Bürger glauben an den amerikanischen Traum vom Aufstieg. „Das ist sehr gefährlich für unser Land. Denn dieser Traum, dass man es schaffen kann, der hat dieses Land bisher zusammengehalten.“ Wenn die Hälfte der Amerikaner nicht mehr daran glaubt, dann bedeutet das nichts Gutes. „Der Ton ist schärfer geworden in Amerika“, sagt Russo.
Die Arbeitslosigkeit stagniert
Kein Wunder: Die Arbeitslosigkeit stagniert bei 8,3 Prozent. Mehr als 40 Prozent aller Arbeitslosen in den USA sind länger als ein halbes Jahr ohne Job. So hoch war diese Zahl zuletzt in der Rezession 1981/82. „Wir sind immer noch mindestens vier Jahre von einem normal funktionierenden Arbeitsmarkt entfernt“, sagt Harvard-Ökonom Lawrence Katz. Weitaus mehr Stellen müssten geschaffen werden, um die Lage auf dem Arbeitsmarkt nachhaltig zu verbessern. Die US-Wirtschaft bietet rund sechs Millionen Jobs weniger an als vor vier Jahren, kurz vor dem Ausbruch der Finanzkrise. „Anfang dieses Jahres hatten weniger Amerikaner einen Job als im Januar 2001“, sagt der Ökonom Paul Krugman. Das sei in elf Jahren ein Nullwachstum.
Obamas Optimismus könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Dinge in Amerika so schnell nicht wieder besser liefen, befürchtet auch Columbia-Professor Thomas Byrne Edsall. „Amerika steht eine Periode des Sparens bevor, wie sie das Land zuvor noch nie erlebt hat. Die Zukunft Amerikas wird brutal. Es wird ein gnadenloser Kampf um Ressourcen ausbrechen“, prophezeit Edsall.
Explodierende Gesundheitskosten
Um das wachsende Defizit abzubauen, sollen die Steuersenkungen aus der Ära des früheren Präsidenten George W. Bush Anfang des kommenden Jahres auslaufen und weitere Ausgaben im Staatshaushalt gestrichen werden. Doch die Amerikaner stecken hier in einem Dilemma: Ein umfassendes Sparprogramm dürfte die Konjunktur spürbar bremsen. Findet jedoch nach den Wahlen keine Konsolidierung statt, droht eine weitere Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA und eine fortgesetzte Talfahrt des Dollar.
Völlig offen ist zudem, wie das Land seine explodierenden Gesundheitskosten in den Griff bekommen will. Die Hälfte der Amerikaner ist gegen „Obamacare“, die Gesundheitsreform, die alle Amerikaner verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen. Das Ganze sei zu teuer und würde die Steuerzahler zu sehr belasten, so die Befürchtung der Bürger.