USA Mitt Romney setzt auf seine Glaubensbrüder

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Mormonischer Hochadel

Die peinlichen Fehltritte von Mitt Romney
Bei der dritten und letzten TV-Debatte zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem Herausforderer Mitt Romney ging es um außenpolitische Themen - ein Feld, auf dem Obama nur schwer zu attackieren ist. Romney versuchte es trotzdem, und kritisierte, dass die Marine gegenwärtig weniger Schiffe habe als 1916. Obama konterte: "Ich denke, Gouverneur Romney hat vielleicht nicht genug Zeit damit verbracht nachzuschauen, wie unser Militär funktioniert", so der US-Präsident. Spottend klärte der Präsident den früheren Gouverneur über den militärischen Fortschritt auf. "Wir haben diese Dinger, Flugzeugträger genannt, da können Flugzeuge drauf landen", sagte er. Und im Übrigen verfüge die US-Armee mittlerweile auch über weniger Pferde und Bajonette. Bei Twitter überzogen die User den Republikaner mit Spott. "Romneys militärischer Plan von 1917 passt zu seinen Energie-Plänen von 1917", schrieb Demokrat Es Markey aus Massachusetts. "Wir haben noch sein Bajonett, falls die Regierung es zurückhaben will", twitterte Rich Gallup, dessen Ur-Großvater im Ersten Weltkrieg für die USA gekämpft habe. Es ist nicht das erste Mal, dass Romney in ein Fettnäpfchen traf. Zuletzt sorgte er für Empörung... Quelle: dapd
Republican presidential nominee and former Massachusetts Governor Mitt Romney Quelle: REUTERS
Mitt Romney Quelle: dapd
Mitt Romney Quelle: dapd
Romney und Miliband Quelle: dapd
Romney Quelle: REUTERS
'Car Guy' Mitt Romney Quelle: REUTERS

Lässt sich daraus aber auch schließen, in welche Richtung ein Mormone im Weißen Haus die von wirtschaftlichen Strukturproblemen geplagte amerikanische Nation steuern würde, falls Barack Obama die Wiederwahl nicht schafft? Was angesichts der Wirtschaftsbilanz des amtierenden Präsidenten fast schon wahrscheinlich wirkt: Die Arbeitslosenquote liegt unverändert hoch bei 8,2 Prozent, der überschuldete Staatshaushalt ist nicht saniert, mit dem Abbau des Defizits ist nicht einmal begonnen worden. Die weiteren Aussichten sind schlecht wegen der schwachen Weltwirtschaft und der Krise in Europa. US-Notenbank-Chef Ben Bernanke flutet den Markt mit Geld, und die Konjunktur springt trotzdem nicht an. Entsprechend schlecht ist die Stimmung: Mehr als die Hälfte der Amerikaner glauben, ihr Land sei auf dem falschen Weg.

Das schwache US-Wirtschaftswachstum lässt die Arbeitslosigkeit steigen und belastet den Staatshaushalt Quelle: IWF

„Romney ist überzeugt davon, dass die Werte der Mormonen mit ihrem Fokus auf Glaube, Familie und harte Arbeit Amerika wieder auf Vordermann bringen können“, sagt Douglas Anderson, Dekan an der Business School der Utah State University und Freund von Romney. „Amerika ist für ihn das gelobte Land, ganz so, wie es Joseph Smith lehrte, der Begründer der Kirche. Dieses Land erfolgreich zu führen, so glaubt er, sei eine Pflicht und Verantwortung vor Gott.“

Missionarsarbeit in Frankreich

Romney stammt sozusagen aus mormonischem Hochadel. Ein Ururgroßvater war führender Mitstreiter des Propheten Smith, der Großvater ein Pionier der mormonischen Auslandsmission in Mexiko, und sein Vater George brachte es nicht nur als Automanager weit nach oben, sondern auch als Gouverneur des Bundesstaates Michigan. Mitt Romney selber war als Student von der frommen Uni in Utah ans hoch angesehene Harvard gewechselt, blieb aber dem Glauben treu, für den er schon vor dem Studium zweieinhalb Jahre ausgerechnet in Südfrankreich missioniert hatte, also einem Landstrich, wo eine den Alkoholgenuss verdammende Religion nicht die allerbesten Chancen hat.

Solcher Frust mag eine gute Schule fürs Leben sein. „Die Mission ist der härteste Verkaufsjob, den es gibt, und macht dich zu einer besseren Führungskraft“, sagt Clayton Christensen, Management-Guru, Professor an der Harvard Business School und ebenfalls Mormone. Mormonen sollen eben immer vor allem das Beste aus ihrem Leben machen, um auf diese Weise gottesgleich zu werden. Auf diesem Weg, könnte man sagen, hat es Mitt Romney als Präsidentschaftskandidat jetzt weiter gebracht als alle seine Glaubensgenossen.

Zumindest für andersgläubige Amerikaner ist Romney viel wichtiger als die zwölf Mormonen-Apostel und der Kirchenpräsident Thomas Monson, deren Fotografien die Wände des Gemeindehauses am Bonneview Drive zieren. Diese Herren haben das Sagen in der streng patriarchalisch organisierten Kirche. Frauen gibt es keine an der Spitze, und das Tagesgeschäft in den Gemeinden erledigen unbezahlte Laien wie Familienvater Kirkpatrick, der von Beruf Pilot ist, Gemeindebischof Strong, der sein Geld als Autohändler verdient, oder Politiker wie Romney, der neben seinem Job als Gouverneur von Massachusetts in Boston zehn Jahre lang sogar „stake president“ war – eine Art Chef mehrerer Bischöfe in einer Region. Da hat er Taufen organisiert, Gottesdienste gehalten, Familien bei Alltagsproblemen geholfen, Gemeindefinanzen verwaltet.

Beruf und kirchliches Amt

So wie jetzt Autohändler Blake Strong in Bonneville. „Meine wichtigste Aufgabe ist es, die Familien zusammenzuhalten“, sagt der 51-Jährige. Strong, dessen Familie schon in der dritten Generation Autos der Marken Volkswagen und Audi in Salt Lake City verkauft, kümmert sich ehrenamtlich um rund 150 Familien in der Gemeinde. Sonntags ist er der einzige Autohändler der Stadt, dessen Geschäft nicht geöffnet ist. „Würde ich amerikanische Modelle verkaufen, wäre das vielleicht nicht so einfach, aber die Deutschen haben ja selbst sonntags ihre Geschäfte geschlossen“, sagt er lachend. Mit 19 Jahren war er 1980 als Missionar in Düsseldorf auf Station gewesen.

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