Hillary Clinton wolle er als Präsident in den Knast stecken, hatte er in einer der drei TV-Debatten getönt. Doch wenige Tage nach dem Wahlsieg ist davon nicht mehr die Rede. Man überlege, ob man eine unabhängige Jury einsetzen wolle. Aber realistisch ist das nicht.
Eine „große und schöne Mauer“ entlang der US-mexikanischen Grenze hatte er seinen Wählern versprochen. Die Kosten würden zwischen fünf bis neun Milliarden Euro liegen. Doch inzwischen gibt er zu, dass er vielleicht doch eher einen Zaun bauen würde. Nur in „einigen Gegenden“ wäre eine Mauer „angemessen“.
Eigentlich wollte Trump auch die Korruption aus dem politischen System in Washington pressen, hatte er versprochen. Doch nun werkeln auffällig viele Washington-Insider in seinem Übergangsteam mit oder sind sogar als Kabinettsmitglieder im Gespräch. Senatoren und Gouverneure gleichermaßen.
Mitunter wundert man sich, dass nicht die Trump-Wähler auf die Straße gehen. Denn vieles, was der Republikaner vor der Wahl gesagt hat, scheint nach der Wahl nicht mehr zu gelten. In Europa werden Wahlversprechen im Zuge von Koalitionsgesprächen degradiert. Aber Trump macht den Koalitionsvertrag mit sich selbst.
Wird Trumps Ära also doch nicht so schlimm wie liberale Kritiker befürchten? Welche Politik gilt nun nach dem 20. Januar, wenn Donald Trump offiziell die Amtsgeschäfte übernimmt?
Am besten bringt dies Rudi Giuliani auf den Punkt, einer von Trumps engsten Begleitern während des Wahlkampfs. Der frühere Bürgermeister von New York hat auf vielen Veranstaltungen für Trump den Einpeitscher gespielt. Vor wenigen Tagen saß er vor Geschäftsleuten in New York und erklärte dem Publikum auf einer Veranstaltung des „Wall Street Journal“, wie Trump tickt und welche Grundüberzeugung ihn leitet.
"Trump ist ein Verhandler“, sagte Giuliani. „Er will Deals machen, wie im Geschäftsleben.“ Dann zog der Republikaner-Freund eine interessante Parallele: „Wenn Sie ein Haus für zwei Millionen Dollar verkaufen wollen, dann rufen Sie nicht zwei Millionen Dollar auf, sondern 2,5 oder 2,6 Millionen Dollar. Sie verhandeln, um den wahren Wert zu erzielen. So denkt Trump.“
Giuliani zeichnet das Bild eines unberechenbaren US-Präsidenten. Staatschefs anderer Länder werden sich also auf einen Gegenüber einstellen müssen, der Maximalforderungen in den Raum wirft, aber bereit ist, davon abzurücken. Giuliani: „Wir werden nicht aus der NATO austreten“, sagte der Republikaner. Aber man könne ja so tun, „um einige Länder dazu zu bringen, wenigstens ein bisschen mehr zu zahlen."
Vor diesem Hintergrund lässt sich das Wahlkampfgetöse von Trump einordnen. Es wird einige radikale Forderungen geben, die Trump fallen lassen würde, wenn sie seinem wichtigstem Ziel entgegenstehen: Jobs zu schaffen. Denn daran wird er von seinen Wählern in ländlichen Gegenden vor allem gemessen werden. Trump könnte in vielen Punkten pragmatischer auftreten.
Doch am Ende hängt viel davon ab, wen Trump nun endgültig ins Kabinett beruft. Trump will den Ministerien mehr Macht geben. Nicht jede Entscheidung soll über seinen Schreibtisch im Weißen Hauses laufen, wie das bislang unter Barack Obama der Fall gewesen ist. Damit ist die Auswahl der Minister umso richtungsweisender.
Die Auswahl seiner ersten Kabinettsmitglieder lässt Liberale wiederum erstarren. Es könnte sein, dass Trump moderate Kräfte in sein Kabinett holt. Am Wochenende spricht er überraschend auch mit Mitt Romney über ein mögliches Ministeramt. Doch es deutet sich eher ein rechtslastiger Überhang an. Damit droht dem Land gesellschaftspolitisch eine gefährliche Schieflage.